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Der Utofant

Der Utofant

Titel: Der Utofant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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Schneckentempo über das Gesicht.
    Nach einer Stunde etwa sagte mir Tamama, ich müsse einen Antrag machen.
Und was noch? fragte ich.
Nichts, sagte sie, nur einen Antrag machen, mehr nicht.

    6

    Der erste Antrag, den wir stellen mußten, war der auf die Befreiung von der Arbeit, damit wir einen Antrag machen konnten.
    Tamama meldete uns für den nächsten Tag beim Dorfältesten an.
    Wir würden also am nächsten Tage nicht zur Arbeit gehen, sondern den Antrag
machen, den Antrag auf Befreiung von der Arbeit, damit wir einen Antrag machen
konnten.
Ich fragte, was der Dorfälteste noch geäußert habe.
Nichts, sagte sie, wir sollen morgen kommen.
Ich fragte, hat er sich gefreut?
Er freut sich immer, war ihre Antwort.
    Der Dorfälteste führte uns in einen kahlen Raum, in dem nur eine Sitzbank stand. Auf diese setzten wir uns. Tamama legte ihre Hand auf meine Herzgegend. Ob es Zeremonie war, ob sie mein Herz beruhigen wollte, ob sie es tat, weil sie mich gern hatte, konnte ich nicht feststellen.
    Der Dorfälteste war hinausgegangen und blieb fast eine Stunde fort. Dann rollte er so einen Donnerwagen, wie ihn der Arzt harte, herein, entfaltete ein ungeheures Blatt, nahm einen klobigen Stift zur Hand und fragte mich nach meinem Namen. Es dauerte sehr lange, bis er ihn aufgeschrieben hatte. Jeden Buchstaben malte er einzeln; nachdem er meine beiden Namen aufgeschrieben hatte, schien er erschöpft. Er legte eine lange Pause ein und sah uns dabei an. Sein Blick war durchaus wohlwollend. Dann schritt er zu den Geburtsdaten, wobei er den Geburtsort keineswegs ausließ.
    Nach dieser Arbeit ging er hinaus und holte ein Getränk, das wir langsam, mit würdigen Bewegungen, Schluck für Schluck austranken. Es brachte uns in eine heitere, gelassene Stimmung.
    Ich wollte nun den Antrag in die Hand nehmen, aber Tamama bremste mich. Wir mußten uns vom Dorfältesten verabschieden. Obwohl er nur drei Häuser von unserem entfernt wohnte, brauchten wir eine gute Erdenstunde, bis wir auf unser Bettgestell gelangten.
    Am nächsten Tag begaben wir uns wieder zum Ältesten, diesmal wurde der Antrag fertig. Tamama erklärte mir, er würde uns am anderen Morgen überreicht werden. Sie mußte dazu einen Brei bereiten und das Getränk, das uns erheitern sollte, mischen. Ich dachte, das ganze Dorf würde sich einfinden, doch nur der Älteste erschien.
    Ich staunte, wie er es fertigbrachte, den Vorgang des Überreichens auf mindestens zwei Stunden auszudehnen, er rollte die beiden meterlangen Bögen langsam auf, gab sie uns, und wir mußten sie gemessen wieder einrollen.
    Ich konnte es nicht verhindern zu denken, das könnte man auch unter den Bedin
    gungen erhöhter Schwerkraft ein bißchen zügiger abwickeln. Ich dachte, nun wären wir verheiratet. Aber Tamama sagte, nein, noch nicht. Mit dieser Rolle müssen wir zum Hauptort, um dort den Antrag auf ein gemeinsames Leben zu erhalten. Jetzt sind wir aber schon von der Arbeit freigestellt. Wann brechen wir zum Hauptort auf? Sie sagte, morgen, und mir war es recht.
    Wir nahmen einen unserer Karren, legten die Anträge darauf und fuhren von Haus
zu Haus, um uns von allen Dorfgenossen zu verabschieden. Wir brauchten aller
dings nur einen Tag dafür.
Ich fragte Tamama, ist dieser Hauptort sehr weit weg?
Nein, sagte sie, wir brauchen einen Tag nur für den Weg.
    Wir brachen also auf, doch mittlerweile war die Dunkelheit herabgesunken. Wir mußten uns vorm Dorf ein Lager machen. Tamama, die viele Decken auf den Karren geladen hatte, bereitete ein Lager. Als die Nacht hereinbrach, schien es mir, als würde ich von einer schweren Eisschicht bedeckt, und nur Tamamas warme Hand, die sie auf meine Herzgegend geschoben hatte, verhinderte, daß ich erfror.
    Wir brauchten aber wirklich nur einen einzigen Tag, bis wir zum Hauptort kamen, und das Gebäude, in dem wir unseren Antrag stellen mußten, war weiß und ebenerdig und trug so viele breitgedrückte Kuppeln, daß ich es aufgab, sie zu zählen. Wir wurden freundlich aufgenommen, ein Bettgestell wurde uns zugewiesen, desgleichen eine Breischüssel. Wir waren, wie mir schien, die einzigen, die einen solchen Antrag stellten. So glaubte ich, es müßte schnell gehen.
    Am nächsten Tage wurde unser Antrag von einem ruhigen Beamten umständlich, aber äußerst wohlwollend, geprüft. Er machte ein Kreuz auf diesen Antrag, und das bedeutete, erklärte mir Tamama, wir würden einen Antrag auf Heirat überreicht bekommen.
    Am nächsten Tag erhielten wir ihn auch, wir

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