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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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konnte?«
    »Keine Ahnung.« Maryam zögerte. »Berkeley ist auch eine Eliteuniversität.«
    »Aber es ist nicht Harvard...«
    »Also, in manchen Fachbereichen ist Berkeley sogar besser als Harvard.«
    »Aber der Name Berkeley besitzt nicht das gleiche... Prestige, oder?«
    »Nur wenn man sehr engstirnig ist.«
    »Oder ein zorniger, feindseliger Jugendlicher.«
    »Glauben Sie etwa, dass Holt die Baldwins umbrachte, weil er vor acht jähren nicht nach Harvard konnte?«
    Die quälende Frage: Falls Holt sich rächen wollte, warum wartete er so lange damit? »Kommt Ihnen der Name Ricky Moke bekannt vor?«
    Maryam dachte einen Moment nach und schüttelte dann den Kopf. »Nein, nicht dass ich wüsste.«
    »Können Sie bitte mal nachsehen, ob die Baldwins eine Patientenakte über ihn führten?«
    »Bei diesem Durchsuchungsbefehl habe ich vermutlich keine andere Wahl, oder?«
    »Nein, das haben Sie nicht. Aber ich versuche, höflich zu sein.« Maryam blickte zu Boden. »Zumindest sind Sie ehrlich. Wie alt ist er?«
    »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich in Holts Alter.«
    »Ein ehemaliger Patient?«
    »Vermutlich.«
    Maryam öffnete die entsprechende Schublade und blätterte die Akten durch. »Ich kann nichts finden. Aber ich überprüfe es noch einmal.« Wenige Minuten später sagte sie: »Tut mir Leid. Nichts. Könnte er einer der derzeitigen Patienten sein?«
    »Sehen wir mal nach.«
    Die beiden verließen den kleinen Raum und gingen wieder hinüber in das luxuriös ausgestattete, riesige Büro der Baldwins, dessen großer Doppelschreibtisch die gesamte Raummitte einnahm. Die Dekoration war sorgfältig ausgewählt: Der rosafarbene Bezug der Sofas passte perfekt zum rosafarbenen Polster der Sessel, und beide Tische zierten farblich abgestimmte Accessoires. Sogar das Landschaftsgemälde an der Wand fügte sich harmonisch in das Gesamtbild.
    Oliver saß an Mervins Schreibtisch und blickte auf, als die beiden Frauen hereinkamen. Er hob fast unmerklich eine Augenbraue.
    Marge ging direkt darauf ein. »Hast du was Interessantes gefunden?«
    »Was Hochinteressantes. Rate mal, wer auf Dee Baldwins Gehaltsliste steht?«
    »Darrell Holt«, erwiderte Marge. »Darreil Holt?«, fragte Oliver erstaunt.
    Diese Reaktion brachte Marge aus dem Konzept. »Etwa nicht Darreil?«
    Oliver schüttelte den Kopf. »Ricky Moke.« Maryam war verwirrt. »Wer zum Teufel ist Ricky Moke?« Plötzlich schlug Marge sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Ricky Moke ist Darreil Holt - und niemand anders.«

28
    Dem Architekten hatte beim Bau der Kirche offenbar ein Gebäude mit viel Licht und Luft vorgeschwebt - die hohe Gewölbedecke war mit zahlreichen Fenstern und einer riesigen Lichtkuppel aus Buntglas versehen. Aber trotz des hohen, lichtdurchfluteten Raums und der auf höchster Stufe laufenden Klimaanlage ließ die Menge dicht gedrängter Menschen den Altarraum unerträglich stickig werden. Und natürlich trugen auch der Anzug und die Krawatte ihren Teil dazu bei. Innerhalb weniger Minuten war Decker schweißgebadet.
    Er stand im hinteren Bereich der Kirche, eingekeilt zwischen anderen Trauergästen, die ebenfalls stehen mussten, da alle Sitzplätze für die Familie und Freunde der Goldings reserviert waren. Der mit einem kunstvoll bestickten Tuch bedeckte Sarg war vor dem Altar aufgebahrt und von Kränzen mit weißen Blüten umgeben: Lilien, Nelken, Gardenien und Rosen. Davor stand auf einer kleinen Tribüne ein in rote und weiße Satinroben gekleideter Chor und sang Kirchenlieder, die Decker nicht kannte. Aber dies war schließlich eine Unitarierkirche, und die Liturgie unterschied sich von Deckers baptistischem Hintergrund. Der wunderschöne Gesang verhallte in der Kuppel des Gotteshauses - sehnsüchtig und inbrünstig. Wenn es einen Himmel gab, dann war Ernesto mit Sicherheit dort.
    Das Schluchzen war unüberhörbar und füllte den Raum. Die Familie saß in der ersten Reihe, ein in Schwarz gekleidetes Trio. Decker hatte nur einen kurzen Blick auf sie werfen können, als sie den Mittelgang entlanggingen, und auch das war ihm nur gelungen, weil er die anderen Trauergäste überragte. Er konnte Jill erkennen - klein und zerbrechlich -, die stark humpelte, als hätte sie Hüftschmerzen. Carter schleppte sich gramgebeugt neben seiner Frau den Gang hinunter. Karl, der Bruder, war in zwei Tagen um Jahre gealtert. Die Familie hielt einander fest an den Händen, klammerte sich ans Leben, eng aneinander geschmiegt wie in einem Rettungsboot.
    Der Pfarrer

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