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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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kann.«
    »Du wirst auf deine alten Tage ja noch richtig emotional.«
    »Das ist eines der Privilegien des Alters, Dunn.« Decker legte auf und rief dann sofort Martinez an. »Bist du noch am Tatort?«
    »Wir fahren gerade auf die 215«, erwiderte Bert. »Du wolltest doch, dass wir Marge und Oliver unter die Arme greifen, oder?«
    »Ich möchte, dass ihr Darrell Holts Vater aufsucht. Überprüft, ob sein Flugzeug schon gelandet ist, und befragt ihn so schnell wie möglich. Vielleicht hat er ja eine Idee, wo Darrell sein könnte.«
    »Ich dachte, Wanda würde sich schon darum kümmern.«
    »Ich will, dass die Mordkommission sich dahinter klemmt. Wir brauchen eine Handhabe gegen Darrell Holt - und zwar schnell.«
    Martinez erkannte die Dringlichkeit in der Stimme seines Vorgesetzten. »Okay, wir kümmern uns um die Sache. Ich meld mich, sobald wir was haben.«
    »Mach das.« Decker legte auf. So heiß es im Freien auch war, zumindest ging hier eine frische Brise. Er zog sein Jackett aus und beschloss, draußen zu warten, bis die Messe zu Ende war. Unter ein paar Platanen fand er ein schattiges Plätzchen und holte sein Notizbuch hervor.
    Rasch hielt er ein paar Dinge fest:
    Moke s Darrell. Gleiches Alter, gleiche Hochschule - Berkeley. Moke auf der Gehaltsliste. Welche Aufgaben konnte Moke für die Baldwins erledigt haben? Ermittlungen gegen Moke wegen Computerhacking... Darreil ein Hacker? In welchen Computer konnte Darrell sich für die Baldwins hineingehackt haben?
    In den Rechner des Prüfungszentrums, um Kopien der Zulassungstests anzufertigen, bevor die Tests durchgeführt wurden. Dafür bezahlte Dee Holt/Moke. Dann drohte sie, damit aufzuhören, und Holt brachte sie alle um? Und was ist mit den HVR? Tarpin und Darrell Mitglieder der HVR. Diente das Hackergeld zur Finanzierung der HVR? Zur persönlichen Bereicherung? Tarpin hauste in einer winzigen Hütte, aber was ist mit Darrell?
    Die Türen zum Altarraum öffneten sich, doch es kam niemand heraus. Ernste Musik drang durch das Kirchenportal - ein langsamer, getragener Grabgesang. Wenige Minuten später erschien der Sarg in der Türöffnung, getragen von sechs jungen Männern - Ernestos Klassenkameraden, vielleicht auch seine Cousins. Große Jungen, die hemmungslos geweint hatten, mit roten Augen, schniefenden Nasen und zitternden Lippen.
    Ich ziehe dahin, der Gnade Gottes befohlen.
    Direkt hinter dem Sarg erschien Jill, von Carter gestützt. Karl ging hinter seinen Eltern; er erinnerte an einen Bären, der gerade erst aus dem Winterschlaf erwacht war. Seine Augen wanderten unruhig hin und her, schienen sich auf nichts konzentrieren zu können. Als Karls Blick über Deckers Gesicht streifte, stutzte er und sah ihn noch einmal an. Dann formte er mit den Lippen lautlos die Worte: Ich muss mit Ihnen reden!
    Decker richtete sich auf, sah ihn mit großen Augen an und drehte fragend die Handflächen nach oben: Wann? Er ging einen Schritt nach vorn, aber Karl schüttelte kaum merklich den Kopf und formte mit den Lippen: Zu Hause... in einer Stunde.
    Eine Stunde reichte nicht aus, um vom Friedhof zur Praxis der Baldwins zu kommen und rechtzeitig wieder bei den Goldings einzutreffen. Da war es besser, vor Ort zu bleiben. Decker ging zu seinem Wagen und folgte der Prozession, die in Richtung Friedhof strebte.
    Die Begräbnisstätte lag etwa fünfzehn Minuten entfernt, in den Hügeln des Valley, mit Blick über den smogtrüben Talkessel von L. A. Es dauerte eine ganze Weile, bis alle Trauergäste ihren Wagen geparkt und sich um das ausgehobene Grab versammelt hatten. Es war früher Abend, und die Sonne stand schon tief am Horizont. Jill musste mit ihrem Gleichgewicht kämpfen, und einmal geriet auch Carter ins Schwanken. Als der Sarg langsam in das Grab hinabgesenkt wurde, schwoll das Schluchzen zu einem Wehklagen an - laut und bewegend. Der Schmerz war kaum zu ertragen, selbst für einen erfahrenen Polizisten. Freunde und Verwandte nahmen abwechselnd den Spaten und bedeckten den Sarg vollständig mit Erde. Dies war kein christlicher Brauch, sondern eine jüdische Sitte - man wandte sich erst vom Grab ab, wenn der Sarg völlig mit Erde bedeckt war. Da es sich um eine unitarische Religionsgemeinschaft handelte, vermutete Decker, dass sie sich aus jeder Religion bestimmte Teile herausgepickt hatte.
    Da standen sie nun - Jungen und Mädchen, Männer und Frauen, die in der untergehenden Sonne ihren Klassenkameraden, ihren Freund, ihren Neffen und Cousin begruben. Schließlich

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