Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
ist lächerlich.«
    »Das ist meine Geschichte. Soll ich weitermachen?«
    »Ich bin immer noch hier«, sagte Decker. Der Junge schien nicht zu wissen, wie er anfangen sollte. Decker kam ihm zu Hilfe. »Warum hast du die Synagoge verwüstet?«
    »Das ist eine gute Frage. Ich habe nämlich nichts gegen Juden.« Er sah zur Seite. »Es ist mehr wegen meiner eigenen Probleme. Ich bin schon immer zwanghaft gewesen - und ich werfe hier nicht nur mit Psychovokabeln um mich. Ich hatte meine schrägen Rituale. Aus manchen bin ich im Lauf der Zeit herausgewachsen, aber andere... ich kann einfach nichts dagegen machen. Ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen, aber meine Obsessionen sind ernst zu nehmen, denn sobald ich einen Gedanken im Kopf habe, lässt er mich nicht mehr los. Und das ist das Problem. Ich habe diese Träume... es sind mehr Phantasien, denn ich bin wach, wenn sie kommen. Sie haben etwas mit meinem jüdischen Großvater zu tun - Isaac Golding. Na ja, es hat sich rausgestellt, dass er gar kein Jude war. Ich glaube sogar, dass er ein Nazi gewesen sein muss.«
    Deckers Stimme blieb ausdruckslos. »Isaac ist ein seltsamer Name für einen Nazi.«
    »Ja, aber es ist nicht sein richtiger Name gewesen. Ich habe das alles vor etwa sechs Monaten herausgefunden. Erinnern Sie sich, dass ich Ihnen von dem Leistungskurs Staatsbürgerkunde erzählt habe?«
    »Der Stammbaum. Dr. Ramparts.«
    »Richtig. Genau der. Es ist ein Halbjahresprojekt. Dr. Ramparts möchte, dass wir ihn bis ins Detail und absolut korrekt erstellen. Also beschäftige ich mich schon eine ganze Weile damit -hauptsächlich, indem ich mir von meinen Eltern viel über die Geschichte der Familie erzählen lasse, weil alle meine Großeltern tot sind. Aber ich muss natürlich auch andere Nachforschungen anstellen. Also habe ich damit angefangen, mich durch Koffer mit alten Dokumenten zu wühlen, die mein Vater auf dem Dachboden deponiert hat.«
    »Ein Dachboden?«, fragte Decker.
    »Genau. Ich weiß, das klingt seltsam für ein Haus in L. A. Aber wie ich schon sagte - es ist ein großes Haus.«
    »Ich wollte dich nicht unterbrechen. Erzähl weiter. Du hast dich also durch alte Dokumente gewühlt.«
    »Ganz genau. Ich glaube, nicht mal mein Dad wusste so richtig über den alten Kram Bescheid. Er hat ihn geerbt, nachdem seine Mutter gestorben war.« Ernesto zögerte, nahm dann einen Schluck Wasser. »Ist ja auch egal. Jedenfalls entkam mein Großvater 1937 angeblich den Nazis und ging nach Argentinien. Die Sache war nur, dass die alten Papiere bewiesen, dass er sich in seiner Erinnerung um zehn Jahre vertan hatte. Soweit ich feststellen konnte, ist Opa in Wirklichkeit erst 1946 oder 1947 nach Südamerika gekommen, und zwar unter dem Namen Yitzchak Golding. Yitzchak ist die hebräische Version von Isaac. Ich denke mal, dass ich Ihnen das nicht zu sagen brauche.«
    Decker nickte. Yitzchak war der Name von Rinas verstorbenem Mann - dem Vater seiner beiden Stiefsöhne.
    Ernesto atmete kurz durch und fuhr dann fort: »Also sagte ich mir... okay, Großvater ist erst nach dem Krieg rübergekommen. Er hat sich einfach vertan. Ich kannte ihn nur als alt und ein wenig senil, daher schien mir seine Geistesabwesenheit völlig ins Bild zu passen. Also erzählte ich meinem Dad von dieser kleinen Unstimmigkeit und erwartete eine logische Erklärung. Stattdessen erstarrte Dad total und warf mir dann vor, ich würde nur versuchen, Ärger zu machen... was völlig lächerlich ist. Normalerweise, wenn Dad über eine Sache nicht reden will, setzt er immer dieses gönnerhafte Lächeln auf und sagt so was wie >Ein anderes Mal, Che.< Dad nennt mich immer Che, wenn er versucht, etwas zu beweisen. Aber diesmal wurde er wütend. Er lief rot an; dann ging er raus. Ich war total geschockt; denn das bedeutete, dass ich einen Nerv getroffen hatte.« Schweigen.
    »Und was geschah dann?«, fragte Decker.
    »Nichts. Ich habe es nie mehr erwähnt, und Dad hat von sich aus auch kein Wort mehr darüber verloren.«
    »Und jetzt bist du neugierig, hast keine logische Erklärung und niemanden, mit dem du darüber sprechen kannst.«
    »»Genau! Nach außen hin habe ich die ganze Sache auf sich beruhen lassen, aber innerlich quält sie mich. Ich muss die ganze Zeit daran denken. Denn wenn ich davon ausgehe, dass Großvater 1947 rübergekommen ist, bedeutet das, dass er während des Zweiten Weltkriegs in Europa war. Und als Jude muss er in diesem Krieg irgendwie gelitten haben. Denn einige meiner Freunde

Weitere Kostenlose Bücher