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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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zurückzuverfolgen und herauszufinden, wer außer ihm noch an der Sache beteiligt gewesen war. Ein Fall für Wanda Bontemps: Sie würde sich richtig darin verbeißen - und als Neue in der Abteilung war es eine gute Chance zu zeigen, was in ihr steckte. Und falls sie Tipps und Unterstützung brauchte, gab es niemand Besseren als Webster und Martinez.
    Decker stellte sein Zivilfahrzeug direkt neben dem Schulhof ab. Es handelte sich um einen reinen Innenhof, den man kaum als Spielplatz bezeichnen konnte. Hier gab es nicht viel mehr als einen Parkplatz für sechs Autos und zwei Basketballkörbe. Zweimal täglich wurden die Kleinen für je zwanzig Minuten ins Freie geschickt, um ein wenig Dreirad zu fahren, Ball zu spielen oder herumzulaufen. Decker stieg aus und starrte auf den Asphalt.
    »Wo sind die Schaukeln und Rutschen?«, hatte er seine Frau gefragt.
    » Wo ist das Geld dafür? Wenn du das Geld besorgst, besorgen wir die Schaukeln und Rutschen.«
    Als er wartend mitten in der Gruppe schwatzender Mütter stand, kam er sich wieder einmal völlig fehl am Platz vor. Eine der Frauen lächelte. Decker erwiderte das Lächeln, doch dem Gesichtsausdruck der Frau nach zu urteilen, war sein Versuch wahrscheinlich misslungen. Sie drehte abrupt den Kopf weg und wandte sich wieder den Gesprächen der anderen Mütter zu.
    Rina hielt seine Reserviertheit nicht für gut, aber das hätte sie ihm nie gesagt. Sie wusste, dass er das Herz auf dem rechten Fleck hatte - und dazu zwei zupackende Hände: Die Toiletten der schul hatte er praktisch im Alleingang renoviert. Obwohl man ihm herzlich dafür gedankt hatte, wusste er, was die Gemeindemitglieder eigentlich darüber dachten. Die Gojim... immer gut mit ihren Händen - als ob er nicht clever und handwerklich geschickt zugleich sein konnte.
    Alles in ihrer kleinen jüdisch-orthodoxen Gemeinde gründete sich auf den Glauben und wurde mit Eifer betrieben. Die Grundschule war ursprünglich ein dreißig Jahre altes Ärztehaus gewesen. Als das Gebäude kurz vor dem Abriss stand, hatte es jemand in letzter Minute mit einer Anzahlung für die Gemeinde gesichert. Dem Architekten - dem Bruder eines Gemeindemitglieds - war es gelungen, alle Räume unter einem Dach zu vereinigen. Die Klassenzimmer waren nicht viel größer als Wandschränke, aber zumindest besaß die Schule jetzt eine Heimat. Einer der Ärzte hatte sogar ein Skelett für den Biologiesaal hinterlassen - ihr bis heute modernstes Ausstattungsstück. Es hatte große Diskussionen darüber gegeben, ob man das Knochengestell behalten sollte oder nicht. Obwohl der Körper aus Kunststoff bestand, stammte der Kopf tatsächlich von einem echten menschlichen Wesen. Letzten Endes konnten die Progressiven die Konservativen überstimmen, und Mr. Klappergestell durfte bleiben.
    Hannah kam aus dem Tor gerannt. »Dadddyyy!«
    »Hannah Rosiiiie!«, rief Decker und hob die Siebenjährige hoch. »Wie war's in der Schule?«
    »Toll! Wie viele böse Verbrecher hast du heute gefangen?«
    »Eine Fantastillion.«
    »Klasse!« Hannahs Füße zappelten in der Luft. Sie strampelte so lange, bis er sie wieder auf den Boden stellte. »Wo ist Eema?«
    »Sie muss arbeiten.«
    »Ist sie in der schul}«
    »Äh, ja, richtig.« Er beugte sich herab und sah seine Tochter erstaunt an. »Was weißt du von der schul}«
    »Die Lehrer haben uns erzählt, dass ein böser Mann alles schmutzig gemacht hat.« Ihre Stirn runzelte sich vor Trauer und Angst. »Jemand, der das jüdische Volk nicht mag. Wird er uns wehtun, Daddy? Wie der böse Mann, der im Zentrum auf die Kinder geschossen hat?«
    »Nein, Liebes. Niemandem wird was passieren. Wir haben alles unter Kontrolle.«
    »Hast du den Bösen schon gefangen, Daddy?«
    »Beinah.«
    »Ich hab Angst. Warum ist Eema dahin gegangen?«
    »Um alles wieder schön sauber zu machen.«
    »Aber niemand ist erschossen worden, oder?«
    »Nein, Liebes, niemand ist erschossen worden.« Was für eine Welt! »Komm jetzt, Hannah. Die Zeichentrickfilme warten.«
    Auf dem Heimweg blieb Hannah still. Decker versuchte, sie etwas aufzuheitern, aber das kleine Mädchen reagierte kaum. Kurz bevor sie zu Hause waren, fing sie plötzlich an zu erzählen, obwohl es nichts mit der schul zu tun hatte. Es war eine Schimpfkanonade gegen Moshe, der ihr immer die Stifte wegnahm... sie ihr einfach aus der Hand riss, ohne sie vorher zu fragen!
    »Das ist sehr unhöflich«, pflichtete Decker ihr bei.
    »Er hat nicht ein einziges Mal gefragt«, sagte sie empört.

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