Der Väter Fluch
sie auch nur deshalb so unkooperativ, weil sie der Polizei einfach nicht trauen.«
»Vorbestraft?«
»Woher soll ich das wissen? Das sind schließlich Jugendliche. Aber Wanda kennt jeden, der im Jugendknast ein- und ausgeht. Sie weiß bestimmt, ob die beiden irgendwie einschlägig bekannt sind.«
»Ich werde mich um sie kümmern, sobald ich da bin. Wie heißen die beiden?«
»Brandon Chesapeake und Riley Barns. Man kann nicht behaupten, dass ihnen die Sache hier besonderen Spaß macht. Das Verbrechen scheint plötzlich seinen Reiz für sie verloren zu haben. Außerdem riecht es nicht besonders gut.«
»Hast du dich schon ausgiebig mit Tarpin unterhalten?«
»Hatte ich gerade vor... Es sei denn, du möchtest das übernehmen. Wir müssen uns schließlich auch noch um die Eltern kümmern. Ich kann mich nicht über einen Mangel an Arbeit beklagen.«
»Gut, dann warte auf mich«, sagte Decker. »Ich werde mit Tarpin sprechen. Du hast allerdings noch eine andere Aufgabe zu erledigen - Dee Baldwin. Sie ist offenbar weder zu Hause noch im Büro. Ich möchte, dass du mit ein paar Freunden von ihr sprichst und herausfindest, ob die Baldwins irgendwo ein Ferienhaus oder eine Hütte in den Bergen haben - einen Ort, an dem sie sich möglicherweise versteckt haben könnte.«
»Du meinst, sie hält sich versteckt?«
»Wer weiß? Ernesto und Mervin sahen schließlich ziemlich vertraut miteinander aus. Vielleicht hat sie aber auch nur Angst. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass der Mörder es eigentlich nur auf Ernesto abgesehen hatte. Der Junge muss bei der Synagogensache einen Komplizen gehabt haben. Was bedeutet, dass er sich womöglich mit ein paar ganz miesen Typen eingelassen hat. Ich denke da vor allem an Ruby Ranger. Die müsstest du dann als Nächstes ausfindig machen.«
»Ich kann mir ja noch mal Alice Ranger vorknöpfen, aber ich fürchte, sie wird nicht allzu hilfsbereit sein.«
»Mach ruhig ein bisschen Druck. Die Sache ist wichtig.« Decker schwieg einen Moment. »Haben wir eigentlich inzwischen ein aktuelles Foto von Ricky Moke vorliegen?«
»Nein. Wir fanden das damals nicht so wichtig, weil Ernesto ja gestanden hatte. Soll ich mir Darreil Holt noch mal schnappen, damit er zusammen mit unserem Spezialisten eine Phantomzeichnung erstellt?«
»Erst müssen wir herausfinden, wo Dee Baldwin steckt, danach kannst du dich mit Holt beschäftigen.«
»Ist wohl kein Problem, falls man sich auf sein Auge verlassen kann... falls man sich überhaupt auf ihn verlassen kann. Könnte schließlich sein, dass er lügt.« Eine Pause. »Ist sogar ziemlich wahrscheinlich. Solche Typen lügen doch aus purer Gewohnheit.«
Er setzte sich mit Tarpin ein wenig abseits an den Rand des Steilhangs, nebeneinander, denn Decker wusste, dass die meisten Männer ungezwungener reden, wenn sie sich nicht Auge in Auge gegenübersitzen. Das Gesicht des Corporals glänzte vor Schweiß; auf seiner großen Nase hatten sich Tropfen gebildet. Er trug ein tarnfarbenes Käppi auf dem kahlen Schädel, und die Ärmel seines Hemdes waren bis zu den Ellbogen aufgerollt. Sein Gesicht zeigte immer noch denselben versteinerten Ausdruck, der es so schwierig machte, ihn zu durchschauen, und Decker nahm an, dass genau das auch Tarpins Absicht war.
Notizbuch und Bleistift schon in der Hand, hielt Decker noch einmal kurz inne, um die Aussicht zu bewundern. Endlos breiteten sich die Berge vor ihm aus, die verschneiten Gipfel, umhüllt von der bräunlichen Dunstglocke des Sommersmogs. Es war so heiß wie in einem Backofen, und obwohl sie im Schatten eines Bergahorns saßen, spürte Decker, wie ihm unter der Kleidung der Schweiß über den Körper lief. Den Blick in die Ferne gerichtet, fragte Tarpin nach Neuigkeiten über Dee Baldwin.
»Sie ist weder zu Hause noch in ihrem Büro.«
»Das ist nicht gut.«
»Allerdings. Haben Sie eine Idee, wo sie sonst noch sein könnte? Hatten die Baldwins vielleicht irgendwo einen Zweitwohnsitz? Hier in der Gegend haben wir schon alles überprüft, aber er könnte ja auch in einem anderen Bundesstaat liegen.«
»Am Wochenende sind sie manchmal ans Meer gefahren.«
Decker machte sich eine Notiz. »Aha. Und wohin?«
»Malibu Beach.«
Decker wartete, ob noch etwas folgte. »Genauer wissen Sie es nicht? Der Strand von Malibu ist ziemlich lang.«
»Nee, ich kenn die Ecke nicht so gut. Ich glaube, sie haben da was gemietet.«
Das grenzte die Suche auf höchstens hunderttausend Menschen ein. »Ein Haus? Eine
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