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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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Tasse
Kaffee für 50 Cent bekommen? Aber
ich wollte keinen Kaffee. Ich wollte es bis in die Endrunde, bis in die
staatliche Ausscheidung von Pennsylvania, schaffen. Denk nach, Jessica ... Aber
es kam nichts. Zumindest nicht das Richtige. Würde Kaffee wirklich helfen?
    »Nein!«,
brüllte ich. Ich merkte erst, dass ich das Wort laut ausgesprochen hatte, als
es in dem ohnehin schon stillen Raum plötzlich noch stiller wurde und alle
Köpfe sich in meine Richtung drehten.
    Ich begann
zu schwitzen wie Mr Jaegerman an einem Junitag, an dem er wegen einer
Textaufgabe, in der es um eine hohe Mauer und den Winkel der Sonne ging, in Aufregung
geraten war. Gedemütigt. Ich war gedemütigt worden.
    »Entschuldigung«,
sagte ich, wobei ich mich an niemand Bestimmten wandte. Sie alle starrten mich
immer noch an – meine Mitstreiter, die anderen aus meinem Team, die Zuschauer
–, während ich den mir zugewiesenen Platz in der Cafeteria verließ und, wie ich
hoffte, mit einem Rest Würde auf die Tür zuging.
    Draußen im
Flur lehnte ich mich an die kühle, gekachelte Wand. Was war mit meiner linken
Gehirnhälfte los? Der Teil, der eigentlich analytisches Denken und Objektivität
kontrollieren sollte, fühlte sich taub an. Und er kribbelte. Als würde die
linke Seite von der rechten angenagt, der willkürlichen, intuitiven, nicht
logischen Seite. Ich drückte die Fingerspitzen auf die Schläfen, massierte sie
und versuchte, einen Schmerz zu lindern, von dem ich wusste, dass er nicht
wirklich körperlicher Natur war.
    »Jessica,
geht es dir gut?« Mr Jaegerman stürzte durch die Tür und kam auf mich
zugelaufen, wobei er ein wenig schnaufte und sich mit einem Taschentuch die
Stirn abtupfte. Ich wusste, was er dachte. Sein preisgekröntes Rennpferd
hatte sich gerade auf der letzten Meile das Bein gebrochen. Er hatte vier Jahre
in mich investiert und ich lahmte.
    »Mathe
kommt mir in letzter Zeit so ... schwierig vor«, versuchte ich zu erklären und
sah Mr Jaegerman dabei mit einem ziemlich großen Maß an Verzweiflung an. »Ich
weiß nicht, was los ist. Ich kann mich einfach nicht konzentrieren.«
    »Ist ...
ist zu Hause alles in Ordnung?«, rang sich Mr Jaegerman ab. Die Anstrengung,
eine echte menschliche Beziehung zwischen uns aufzubauen – eine, die nicht allein
auf Zahlen basierte –, trieb ihm den Schweiß auf die Oberlippe, bis er ihm in die
Mundwinkel rann. Er benutzte seine Krawatte, um sich das Kinn abzutupfen.
»Keine ... Probleme mit Jungs?«, fügte er mutig und ein wenig stockend hinzu.
Er schien kurz vor einer Art Krampf zu stehen. Als habe er sich zu weit in
eine tiefe Höhle vorgewagt, nur uni feststellen zu müssen, dass es dort keinen
Sauerstoff gab.
    Wenn ich
tatsächlich angefangen hätte, mir alles von der Seele zu reden, wäre er
vielleicht an Ort und Stelle ohnmächtig geworden. Ich musste ihn retten.
    »Nein, es
geht nicht um einen Jungen«, log ich und ersparte Mr Jaegerman damit einen
Herzinfarkt.
    »Oh, Gott
sei Dank«, rief er und griff sich an die Brust. Sofort wurde ihm klar, was er
gesagt hatte. »Ich meine ... natürlich könntest du es mir erzählen, wenn es
ein Junge wäre ...«
    »Alles in
Ordnung«, beharrte ich. »Es ist nichts in der Art.«
    Aber es war etwas »in der Art«. Genau genommen war es genau das. Nur dass Lucius
eigentlich kein Junge war. Er war ein Mann. Und ich wollte ihn zurückhaben. Zu
spät wollte ich,
dass er zu mir zurückkam. Aber ich wusste, dass es hoffnungslos war. Er wollte
Faith.
    »Ich werde
es beim nächsten Mal besser machen, Mr Jaegerman«, versprach ich. »Gleich
morgen nehme ich mir wieder meine Bücher vor. Und konzentriere mich.«
    »Braves
Mädchen, Jess«, sagte Mr Jaegerman. Er beugte sich vor, um meine Schulter zu
tätscheln, zögerte und zog die Hand dann zurück.
    »Lassen Sie
uns wieder hineingehen«, sagte ich tapfer. »Ich kann zumindest zuhören und
versuchen, die Aufgaben zum Spaß zu lösen.«
    »Jaja«, pflichtete
Mr Jaegerman mir bei, sichtlich erleichtert, dass unser allzu persönlicher
Augenblick vorüber war. »Das ist eine hervorragende Idee.«
    Ich folgte
meinem Lehrer zurück in Richtung Cafeteria. Aber um ehrlich zu sein, klang es
weder nach Spaß noch nach einer hervorragenden Idee, Aufgaben zu lösen. Es
klang nach der elendsten Beschäftigung, die ich mir vorstellen konnte.

Kapitel 36
    Lieber Vasile,
    warst du
dir darüber im Klaren, dass in den Vereinigten Staaten »Entscheidungen« in
solcher Fülle existieren, dass einige

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