Der Vampyr
Dummkopf.
»Vielleicht glaubt er ja, das sein Christengott ihn beschützt«, sagte er.
»Also gut, dann entern wir ihn. Ich will diesen Pfaffen lebendig, hört ihr?« Den letzten Satz hatte er geschrien, aber seine Männer machten auch jetzt keine Anstalten, seinem Befehl zu folgen. Denn der Wind frischte auf und eine weitere Böe riss den Nebel endgültig auseinander und gewährte ihnen einen Blick auf ein zweites, viel größeres Schiff, das aus der anderen Richtung auf sie zuhielt. Diesmal war Andrej nicht sicher, ob er das Schiff tatsächlich sah oder in eine schreckliche Vision hinabglitt. Das Schiff sah aus, als hätte die Hölle selbst es ausgespien. Es war schwarz. Es mußte mindestens doppelt so groß sein wie Abu Duns Sklavensegler. Die Reling war mit runden Schilden und gefährlich aussehenden metallenen Dornen gespickt. Auch Segel und Takelage waren schwarz. Das Einzige, was nicht schwarz an ihm war, war ein riesiger feuerroter Drache, der auf dem Hauptsegel prangte.
»Scheijtan!«, keuchte Abu Dun. Scheijtan, das arabische Wort für Teufel.
»Nicht ganz«, murmelte Andrej.
»Aber ich fürchte, du bist nahe dran.« Mühsam riss er seinen Blick von dem schwarzen Segler los und deutete wieder zur >Möwe<.
Vater Domenicus’ Schiff war mittlerweile nahe genug herange-kommen, das er die drei Männer erkennen konnte, die in seinem Bug standen. Domenicus und seine beiden dämonischen Krieger, die Männer in den goldenen Rüstungen. Domenicus stand zwar hoch aufgerichtet zwischen den beiden goldenen Rittern, aber nur, weil diese ihn unter den Armen ergriffen hatten und ihn stützten.
Die Verletzung, die Frederic ihm zugefügt hatte, war offenbar noch lange nicht verheilt.
»Da sind sie!«, schrie Domenicus.
»Tötet sie! Verbrennt die Teufelsbrut! Tötet sie alle! « Er machte eine wedelnde Bewegung mit dem linken Arm, die ihn um ein Haar das Gleichgewicht gekostet hätte, und hinter der Reling des schwarzen Seglers erschien eine einzelne, bizarre Gestalt. Der Mann war riesig. Er mußte weit über zwei Meter messen und Andrej war nicht einmal sicher, das es sich wirklich um einen Mann handelte, denn sein Gesicht war so wenig zu erkennen wie irgendetwas von seinem Körper. Er trug eine dunkelrote Rüstung, die die Farbe geronnenen Blutes hatte und über und über mit fingerlangen Stacheln und Dornen gespickt war. Sein Gesicht verbarg sich hinter einem Visier, das der Form nach einem mythischen Fabelwesen nachempfunden worden war. Vermutlich war es der Drache, den das Schiff auch im Segel führte.
»Verbrennt die Hexen!«, schrie Domenicus mit schriller, fast über-schnappender Stimme. Der rote Ritter hob den Arm. Hinter ihm glomm ein winziger, aber höllisch weißer Funke auf dem Deck des Schiffes auf. Andrej schloss geblendet die Augen und wandte sich ab, aber es nutzte nichts. Aus dem Funken wurde eine Linie aus orangerotem Feuer, die wie ein glühender Finger in die Höhe und dann wieder hinunter und nach dem Piratenschiff griff. Sie bewegte sich träge, fast gemächlich und sie war zu kurz gezielt: Der Halb-kreis aus flüssigem Feuer verfehlte das Schiff und prallte zwei Meter vor dem Bug aufs Wasser. Die Flammen erloschen nicht. Andrej beobachtete fassungslos, das das Wasser das Feuer nicht löschte, sondern das Feuer den Fluss in Brand setzte! Abu Dun sog ungläubig die Luft zwischen den Zähnen ein.
»Was ist das?! «, keuchte er.
»Das ist Zauberei! « Nicht ganz, dachte Andrej entsetzt. Aber es kommt ihr nahe.
»Griechisches Feuer!«, murmelte er.
»Großer Gott, das ist Griechisches Feuer! « Abu Duns Antwort ging in einem gellenden Schrei unter. Der Feuerstrahl war weiter gewandert, berührte den Bug des Schiffes und setzte die Reling in Brand. Die Männer prallten entsetzt zurück, aber einer der Piraten reagierte nicht schnell genug. Nur ein Spritzer der brennenden Flüssigkeit berührte sein Gewand, aber schon dieser winzige Spritzer reichte, ihn wie eine lebende Fackel auflodern zu lassen. Schrei-end torkelte der Mann einige Schritte zurück und brach zusammen, während vor ihm der gesamte Bug des Schiffes in Flammen aufging.
»Bei Allah!«, keuchte Abu Dun.
»Bringt euch in Sicherheit! Ins Wasser! «.Falls seine Männer die Worte über dem Prasseln der Flammen und dem Chor gellender Schreie überhaupt hörten, so blieb ihnen keine Zeit mehr, darauf zu reagieren. Der Finger aus flüssigem Höllenfeuer wanderte weiter und setzte das gesamte Vorderschiff in Brand. Die Hitze war selbst
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