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Der Vampyr

Titel: Der Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unweit des Ufers eine Felsgruppe, an der sich das Wasser brach, bis es in größer und langsamer werdenden Spiralen ans Ufer schwappte. Andrej erreichte die Stelle mit letzter Kraft, schleppte sich auf den sanft ansteigenden Streifen aus nassem Sand und kleinen, scharfkantigen Steinen und zerrte mit einer Hand den Mann hinter sich her, den er gerettet hatte. Er bemerkte erst jetzt, das es Abu Dun war. Er war ohne Bewusstsein, atmete aber, und Andrej verwandte sein letztes bisschen Kraft darauf, ihn an Land zu bringen und auf die Seite zu drehen.
    Dann fiel er auf den Rücken und war für die nächsten Minuten zu nichts anderem mehr fähig, als in den Himmel zu starren und in tiefen, gierigen Zügen ein- und auszuatmen. Eine Reihe qualvoller, würgender Geräusche riss ihn in die Wirklichkeit zurück. Mühsam stemmte er sich hoch, drehte den Kopf und sah, das Abu Dun sich ebenfalls halb aufgerichtet hatte und sich keuchend ins Wasser ü-
    bergab. Der Anblick ließ auch in ihm Übelkeit aufsteigen. Hastig drehte er den Kopf in die andere Richtung und sah auf den Fluss hinaus. Der Nebel hatte sich weiter aufgelöst, wenn auch nicht vollkommen. Der graue Dunst, der über dem Wasser hing, reichte gerade aus, die Konturen der Dinge zu verwischen und die Szenerie noch gespenstischer erscheinen zu lassen. Der Sklavensegler hatte sich in einen schwimmenden Scheiterhaufen verwandelt. Er brannte lichterloh vom Bug bis zum Heck. Takelage und Segel hatten sich in der infernalischen Hitze des Griechischen Feuers längst aufgelöst und gerade, als Andrejs Blick ihn streifte, brach der Mast brennend in zwei Teile und stürzte ins Wasser. Selbst der Fluss brannte. Sowohl die >Möwe< als auch der schwarze Drachensegler waren wieder auf respektvollen Abstand gegangen, um nicht von dem Inferno erfasst zu werden, das sie selbst entfesselt hatten. Sie kamen Andrej vor wie zwei Raubtiere, die ihre Beute geschlagen hatten und nun geduldig abwarteten, bis sie ausgeblutet und ihr Todeskampf vorüber war. An Bord des Piratenschiffes konnte niemand überlebt haben. Andrej erinnerte sich an die Hitze, die selbst zehn Meter entfernt im Wasser schier unerträglich gewesen war. Niemand konnte diese Hölle länger als einige Augenblicke ü-
    berstehen. Andrej betete, das es so war. Sein Blick suchte die
    >Möwe<. Sie befand sich noch immer auf der anderen Seite des brennenden Piratenschiffes und das gleißende Licht ließ sie zu einem bloßen Schemen werden, sodass er die drei Gestalten, die hoch aufgerichtet in ihrem Bug standen, nicht erkennen konnte.
    Vermutlich waren sie schon gar nicht mehr da, sondern vor der Hitze geflohen, die selbst in zwanzig oder dreißig Metern Entfernung noch enorm sein mußte. Er stellte sich Vater Domenicus’ Gesicht so deutlich vor, als stünde dieser Teufel im Inquisitor-Gewand auf Armeslänge vor ihm. Verbrennt die Hexen! Und sie waren tot.
    Seine Familie, beinahe jeder, den er gekannt hatte, jeder, der seines Blutes gewesen war, war ausgelöscht. Nun gab es nur noch ihn und Frederic. Verbrennt die Hexen!
    »Du wirst mir jetzt sagen, was du geplant hattest, Pirat«, sagte er, leise, kalt und mit einer Stimme, die so schneidend war wie Stahl.
    Abu Dun hatte aufgehört sich zu übergeben, und starrte wie er aus glasigen Augen auf den Fluss hinaus. Sein Gesicht war mit großen Brandblasen übersät.
    »Wir hatten nichts …«
    »Sag es mir, Abu Dun!«, unterbrach ihn Andrej.
    »Oder bei Gott, ich schwöre dir, das ich dir das Herz herausreiße und dich dabei zusehen lasse!« Er sprach nicht sehr laut und in seiner Stimme war fast kein Gefühl, aber vielleicht war es gerade das, was Abu Dun erkennen ließ, wie bitter ernst diese Worte gemeint waren. Der Pirat schwieg noch eine Weile, dann riss er seinen Blick mit erkennbarer Mühe von dem lodernden Scheiterhaufen los, der im Fluss schwamm.
    »Wir hatten nichts geplant«, murmelte er.
    »Domenicus’ Schergen haben mich hierher bestellt. Wir wollten uns treffen, eine knappe Tagesreise weiter flussaufwärts.«
    »Wozu?«.
    »Sie haben gesagt, sie hätten einen Käufer für die Sklaven«, antwortete Abu Dun.

    »Einen Mann, der einen guten Preis für kräftige Arbeiter und fleißi-ge Weibsstücke zahle.«
    »Und warum hat er sie dann nicht selbst zu ihm ` gebracht?« Andrej beantwortete sich seine Frage: Ein Inquisitor, der mit Sklaven handelte? Ausgeschlossen!
    »Er hat das geplant«, murmelte Abu Dun.
    »Dieser … dieser verlogene Hund! Er wollte uns alle töten!

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