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Der Vampyr

Titel: Der Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schwarzes Gesicht ließ ihn noch bedrohlicher erscheinen.
    Wenn man sie nebeneinander sah, konnte man höchstens annehmen, das Abu Dun sein Leibwächter war.
    »Und?«, fragte er schließlich.
    »Er will, das du es beweist«, sagte Abu Dun.
    »Beweisen? Wie soll das gehen?« Die Aufforderung beunruhigte Andrej mehr als nur ein bisschen: Bevor Abu Dun antworten konnte, reichte ihm der türkische Kommandant sein Schwert, zog mit der anderen Hand seine eigene Waffe und machte eine auffordernde Kopfbewegung.
    »Was soll das?«, fragte Andrej.
    »Er will, das du mit ihm kämpfst«, sagte Abu Dun.
    »Du musst ihm beweisen, das du wirklich mein Leibwächter bist.«
    »Ich kämpfe nicht zum Spaß«, antwortete Andrej.
    »Das habe ich noch nie getan.«.’’Dann wird es Zeit, das du damit anfängst«, sagte Abu Dun.
    »Denn wenn du es nicht tust, wirst du ernsthaft kämpfen müssen.
    Möglicherweise gegen alle.« Andrej schwieg. Abu Dun hatte natürlich Recht. Es wäre närrisch zu glauben, das ein Mann wie der Kommandant der türkischen Patrouille jedem Fremden, den er zu-fällig traf, sofort vertraute - mitten im Feindesland und noch dazu in Begleitung zweier Feinde. Aber er konnte es sich im Grunde gar nicht leisten, mit diesem Mann zu kämpfen. Andrej zweifelte nicht daran, das er ihn besiegen würde; er war bisher nur auf sehr wenige Männer getroffen, die ihm im Kampf mit dem Schwert ebenbürtig oder gar überlegen gewesen wären. Das Problem war ein ganz anderes: Weder durfte er den Mann schwer verletzen, noch das Risiko eingehen, selbst verwundet zu werden. Er durfte nicht einmal einen Kratzer abbekommen. Wenn die Menschen in dem Dorf, in dem sie vor : einer Woche gewesen waren, schon nicht an Zauberei glaubten: diese heidnischen Krieger taten es bestimmt. Wenn sie sahen, das sich seine Verletzungen in Sekundenschnelle wieder schlossen, dann würden sie alle zu ihren Waffen greifen und ausprobieren, wie weit seine Unverwundbarkeit wirklich reichte.
    »Also gut«, sagte er schweren Herzens. Er trat einen Schritt zurück und hob sein Schwert.
    »Aber ich will ihn nicht verletzen. Der Kampf endet, sobald einer von uns entwaffnet ist.« Abu Dun verstand, was er meinte. Er ü-
    bersetzte Andrejs Worte und der Türke erklärte sich mit einem Nicken einverstanden. Auch er hob sein Krummschwert und machte gleichzeitig eine befehlende Geste mit der freien Hand, woraufhin seine Krieger einen vielleicht fünf Meter durchmessenden Kreis rings um sie herum bildeten. Dann griff er ohne weitere Verzögerung an. Andrej spürte sofort, das er es mit einem ernst zu neh-menden Gegner zu tun hatte. Der Mann war gut. Nicht so gut wie er, aber gut, und vor allem: Er war entschlossen, vor seinen Männern nicht das Gesicht zu verlieren. Andrej parierte seine ersten Angriffe mit vorgetäuschter Mühe, um sich ein Bild von der Kraft und Schnelligkeit seines Gegners zu machen, dann löste er sich von ihm, griff an und legte alle Kraft in einen einzigen Hieb. Der Türke war stärker, als er geglaubt hatte. Es gelang Andrej nicht, ihm das Schwert aus der Hand zu schlagen. Aber er wußte, wie schmerzhaft ein solcher Schlag war. Der Mann taumelte mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück und Andrej setzte ihm blitzartig nach, trat ihm wuchtig vor das linke Knie und brachte ihn damit endgültig aus dem Gleichgewicht. Der türkische Krieger stürzte und Andrej war mit einem einzigen Schritt über ihm. Sein Schwert senkte sich auf die Hand, die das Schwert hielt, verletzte sie aber nicht. Der Krieger erstarrte. Seine Augen weiteten sich in einer Mischung aus Unglauben und Entsetzen.
    »Er sollte die Waffe loslassen«, sagte Andrej.
    »Bevor ich sie ihm aus der Hand nehme. Sag ihm das.« Abu Dun übersetzte getreulich (wenigstens hoffte Andrej das) und der Türke zögerte noch einen Herzschlag lang - und ließ dann zu Andrejs unendlicher Erleichterung das Schwert los. Andrej trat rasch einen Schritt zurück, schob sein Schwert in den Gürtel und streckte dann die Hand aus, um dem gefallenen Krieger auf die Füße zu helfen.
    Der Türke blickte seine ausgestreckte Rechte einen Moment lang an, als wüsste er nichts damit anzufangen, aber dann griff er danach und ließ sich von ihm aufhelfen. Seine Mundwinkel zuckten, als er das verletzte Bein belastete, aber der Ausdruck in seinen Augen hatte sich vollkommen gewandelt. Er sagte etwas zu Andrej und lachte, und aus dem Wald hinter ihnen zischte ein Armbrustbolzen heran und traf ihn mitten in die Stirn. Dann

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