Der Vampyr
brach die Hölle los. Noch während Andrej blitzschnell herumfuhr und das Schwert wieder aus dem Gürtel riss, zischten weitere Bolzen und Pfeile heran. Gleichzeitig stürmte eine Anzahl dunkel gekleideter Gestalten aus dem Unterholz, die die vollkommen überraschten Türken mit Speeren, Schwertern und Äxten angriffen. Fast die Hälfte der muselmanischen Krieger fiel unter dem ersten Angriff, bevor es dem Rest gelang, seine Waffen zu ergreifen und eine Verteidigung zu organisieren. Andrej stand volle zwei Sekunden lang reglos mit dem Schwert in der Hand da, ohne das irgendjemand auch nur Notiz von ihm zu nehmen schien, dann aber attackierten ihn gleich zwei der feindlichen Krieger. Andrej wehrte den Angriff des ersten mit einer re-flexartigen Bewegung ab, die den Mann zurücktaumeln ließ, ohne ihn zu verletzen, dem zweiten versetzte er eine tiefe Stichwunde in den Unterarm, die ihn seine Waffe fallen ließ. Dann war plötzlich alles voller kämpfender Männer, Schreie, blitzender Waffen, und es blieb ihm keine Zeit mehr, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Er wehrte ab, parierte, wich aus, konterte und griff seinerseits an, alles in einer einzigen, rasend schnellen Bewegung und ohne genau zu wissen, gegen wen er kämpfte oder warum eigentlich. Abu Dun war dicht neben ihm und er kämpfte mindestens so hart wie er, wenn nicht härter, denn er wurde nicht nur von den überraschend aufgetauchten Gegnern attackiert, sondern auch von den Türken, die ihn offensichtlich für einen Verräter hielten. Es stand nicht gut um ihn. Er schlug sich wacker, aber er hatte es gleich mit drei Gegnern zu tun; eine Übermacht, gegen die er auf Dauer nicht bestehen würde. Er blutete bereits aus einer tiefen Schnittwunde im Oberarm. Andrej hackte und schlug sich rücksichtslos zu ihm durch und erreichte ihn im buchstäblich allerletzten Moment. Irgendwie war es Abu Dun gelungen, zwei seiner Gegner mit einem einzigen Hieb des gewaltigen Krummschwertes zurückzutreiben, aber er konnte sich dabei gegen den dritten nicht mehr verteidigen.
Der nutzte diese Schwäche, um einen tödlichen Stich nach Abu Duns Herzen zu führen. Andrej schmetterte die Klinge so knapp beiseite, das sie in der Abwärtsbewegung Abu Duns Gewand zerfetzte. Dann schleuderte er den Mann mit einem Tritt zurück und stellte sich hinter den Piraten. Sie kämpften Rücken an Rücken.
Aber es war aussichtslos. Andrej begriff mit entsetzlicher Klarheit, das sie verlieren würden. Ganz gleich, welche Seite siegte, Abu Dun und er gehörten zu ihren Feinden. Er war noch nicht einmal sicher, wer den Sieg davontragen würde. Die Angreifer waren zahlenmäßig hoffnungslos überlegen. Der überraschende Angriff hatte den Türken schreckliche Verluste zugefügt - aber im Gegensatz zu den zer-lumpten und schlecht ausgebildeten Bauern und Milizionären waren sie geübte Krieger, die ihr Handwerk verstanden und es leicht mit jeweils zwei oder auch drei Gegnern aufnahmen. Wer immer diesen Überfall geplant hatte, war dabei nicht sehr geschickt vorgegangen.
Dann geschah etwas, das alles änderte. Andrej sah, wie einer der türkischen Krieger mit zerschmettertem Schädel zurücktaumelte und zusammenbrach. Hinter ihm trat eine riesenhafte Gestalt in einer blutfarbenen Rüstung aus dem Wald, die über und über mit Stacheln und eisernen Dornen gespickt war. In der Rechten hielt sie einen Morgenstern mit drei Kugeln; vielleicht nicht die wirkungs-vollste, aber mit Sicherheit die furchteinflößendste Waffe, die Andrej kannte. Er starrte das Visier der blutroten Rüstung an. Es war der Drachenritter. Der Mann, der Abu Duns Schiff versenkt und seine gesamte Familie ausgelöscht hatte.
»Du!«, schnappte Andrej. Und dann schrie er, noch einmal und mit kreischender, fast überkippender Stimme:
»Du !!! Nichts anderes mehr zählte. Die Schlacht und die Krieger ringsum wurden bedeutungslos. Es gab nur noch den Drachenritter, den Mörder seiner Familie den er sterben sehen wollte. “Du !”
brüllte Andrej noch einmal.
»Du gehörst mir! Stell dich!« Der Kopf des Drachenritters ruckte mit einer schlangengleichen Bewegung herum. Ein türkischer Krieger attackierte ihn. Der Ritter schlug ihn mit ,ernenn dornenbesetz-ten Handschuh zu Boden, hob ,einen schrecklichen Morgenstern und machte eine spöttische, winkende Bewegung, mit der er die Herausforderung annahm. Andrej stürmte los. Niemand versuchte ihn aufzuhalten. Vielleicht hatten die Männer trotz des tobenden Kampfes bemerkt, was
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