Der Vampyr
zählt.«
»Dann habe ich einen Vorschlag für dich«, sagte Andrej böse.
»Lass uns zusammen in deinen Folterkeller gehen, und wir finden heraus, ob du Recht hast.«
»Du glaubst, ich würde den Schmerz fürchten?« Tepesch lachte.
»Du Dummkopf! Wie könnte ich zu einem Meister der Pein werden, ohne sie zu kennen und zu lieben?« Er zog einen schmalen, doppelseitig geschliffenen Dolch aus dem Gürtel, schlug den linken Ärmel seines weißen Hemdes hoch und begann, einen doppelt fin-gerbreiten Streifen Haut von seiner Schulter bis zum Ellbogenge-lenk abzuschälen. Seine Mundwinkel zuckten vor Qual, aber über seine Lippen kam nicht der mindeste Schmerzenslaut.
»Du bist ja wahnsinnig«, flüsterte Andrej.
»Vielleicht«, sagte Tepesch. Hellrotes Blut lief an seinem Arm hinab und tropfte am Handgelenk hinunter zu Boden. Er lachte. Langsam steckte er das Messer ein und kam näher.
»Aber was ist schon Wahnsinn? Was ist ein Menschenleben wert, Deläny? Ist dein Leben mehr wert als meines, oder meines weniger als das deines Freundes?« Er schüttelte heftig den Kopf.
»Hattest du ein größeres Recht zu leben als der Mann, vor dem ich dich gerettet habe?« Andrejs Hände begannen zu zittern. Er konnte sich kaum mehr zurückhalten, sich auf Tepesch zu stürzen, die Hände um seinen Hals zu legen und zuzudrücken. Nein. Mehr.
Plötzlich erwachte eine düstere, furchtbare Gier ihn ihm. Er wollte
……. ihn packen. Ihn an sich reißen und die Zähne in seinen Hals schlagen. Seine Haut und sein Fleisch zerreißen und sein süßes Blut trinken, das verruchte Leben aus seinem Leib saugen, um … Es kostete ihn unvorstellbare Mühe, einfach stehen zu bleiben. Dracul stand jetzt fast unmittelbar vor ihm. Der Geruch seines Blutes, süß, klebrig, düster und zugleich unvorstellbar verlockend, schien überall zu sein, trieb ihn fast in den Wahnsinn. Er hob die Hände, unfähig, die Bewegung zu unterdrücken. Tepeschs Gesicht verschwamm vor seinen Augen. Speichel sammelte sich unter seiner Zunge und lief in dünnen, klebrigen Fäden aus seinen Mundwinkeln und an seinem Kinn hinab. Er vernahm einen tiefen, dumpfen Laut, ein Geräusch wie das drohende Knurren eines Wolfes, und er begriff mit ungläu-bigem Entsetzen, das dieser Laut aus seiner eigenen Kehle kam.
Tepeschs Augen leuchteten auf und Andrej packte ihn, riss ihn mit brutaler Kraft an sich, seine Zähne näherten sich seiner Kehle Und dann stieß er Tepesch mit solcher Gewalt von sich, das er quer durch den Raum geschleudert wurde und so wuchtig gegen die Wand neben der Tür prallte, das er mit einem Schmerzensschrei zu Boden ging. Auch Andrej taumelte rücklings gegen die Wand und sank zitternd in die Knie. In ihm tobte ein Kampf. Die Gier war noch immer da, schlimmer als je zuvor, ein tobendes Ungeheuer, das seinen Willen zu einem wimmernden Nichts degradierte und für nichts anderes Platz ließ als den Wunsch - den Befehl! - sich auf Tepesch zu stürzen und ihn zu zerreißen. Eine Gier, die ihn ent-setzte und erschreckte und ihn vor Ekel aufschreien ließ. Er nahm seine Umgebung wie durch einen blutigen Nebel wahr. Von weit her sah er, wie die Tür aufgestoßen wurde und Männer hereinge-stürmt kamen, angelockt durch seinen eigenen und Tepeschs Schrei. Dracul rief etwas, was er nicht verstand, und die Männer blieben stehen, dann senkte sich der rote Nebel auch über diese Bilder und er trieb durch eine brodelnde Unendlichkeit, die aus nichts anderem als schierer Qual und unbefriedigter Gier zu bestehen schien. Schließlich obsiegten Erschöpfung und Schwäche. Er sank zurück und das brodelnde Feuer in seinem Inneren erlosch, weil es sich selbst verzehrt hatte. Die Anstrengung, den Kopf zu drehen und die Lider zu heben, überstieg den winzigen Rest von Kraft, der noch in ihm war. Tepesch lag neben ihm auf den Knien.
Die große Wunde auf seinem Arm blutete noch immer; es konnte nicht viel Zeit vergangen sein. Sie waren wieder allein. Andrej sah aus den Augenwinkeln, das die Tür offen stand, aber die Wachen waren fort.
»Warum wehrst du dich?«, fragte Tepesch.
»Warum weigerst du dich, anzunehmen, was du bist?«
»Du … Narr«, murmelte Andrej.
»Willst du … sterben? Geh … solange du es … noch kannst.«
»Du brauchst keine Furcht zu haben«, sagte Tepesch.
»Dem Jungen wird nichts geschehen, und dir auch nicht. Ich habe meinen Männern befohlen, euch gehen zu lassen, sollte ich sterben.« Andrej antwortete nicht. Er konnte es nicht. Schwäche
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