Der Vater des Attentäters (German Edition)
fuhren zu Ugly’s Saloon, einer Kneipe in der Nähe der Universität. Einer der Mexikaner hatte sich ein Mädchen vom College angelacht, Mabel. Sie war dick und hatte krauses Haar, aber auch ein schönes Lachen, und Jorge behauptete, sie könne super blasen. Die vier Mexikaner und Danny saßen in einer Ecke, begafften die Mädchen und riefen ihnen spanische Ausdrücke zu. Die Mexikaner erklärten Danny, sollte er je nach Mexiko kommen und Streit mit einem Mexikaner wollen, müsse er nur ¡Chinga tu madre! sagen. Sie erklärten ihm, der beste Platz für ein Messer seien die Stiefel. Die dicke Mabel kam mit drei Freundinnen zu ihnen. Eine von ihnen sah aus wie Olivia aus den alten Popeye-Cartoons. Sie bestellten Krüge mit wässrigem Bier, Jorge wählte in der Jukebox Salsa-Songs aus, und es wurde laut. Irgendwann saß Danny neben dieser Olivia, und sie versuchte mit ihm zu reden, aber er verstand kein Wort von dem, was sie sagte.
Er ging Poolbillard spielen und geriet mit einem Angeber vom Outdoor-Programm des staatlichen Colleges aneinander. Der Kerl überragte Danny um gut drei Handbreit und traf ihn beim Umdrehen immer wieder «versehentlich» mit der Queue. Das erste Mal entschuldigte er sich. Das zweite Mal schlug er Danny das Bier aus der Hand, und schon standen die Mexikaner um ihn herum. Jorge baute sich direkt vor dem Kerl auf und beschimpfte ihn mit Ausdrücken, die sie Danny beigebracht hatten: maripso, maricón, mariquita . Der Angeber hatte Kumpel, Bürstenschnitttrottel aus der Rugbymannschaft. Er fragte Danny, ob er seine Zaunkletterer auch mit aufs Klo nehme. Danny lächelte versteinert, sein Herz raste wie noch nie zuvor. Er sah, wie Jorge nach dem Messer in seinem Stiefel griff. Die Türsteher, grobschlächtige, auf dem Land aufgewachsene Burschen aus Swisher und North Liberty, drängten sich durch die Leute und würden gleich bei ihnen sein.
«¡Concha de tu madre!», sagte Danny und schlug dem Angeber mit dem Handballen gegen den Hals.
Später, nach dem Handgemenge, das darauf folgte, und dem Eingreifen der Türsteher mit ihren groben Fäusten und ihrer Nulltoleranzstrategie, saßen sie auf dem Bordstein und tranken Bier aus Flaschen in braunen Papiertüten. Danny spuckte Blut in die Gosse. Jorge patschte ihm auf die Schulter. Er war jetzt einer von ihnen, eine Art Ehren-Mexikaner. Danny sagte, er sei wahrscheinlich der einzige weiße Kerl in Amerika, der die soziale Leiter runterstieg, statt rauf. Die Mexikaner hielten das für irrsinnig witzig.
An diesem Abend rief Daniel von einem Münzfernsprecher aus Samantha Houston an, das Mädchen, das er in Chicago kennengelernt hatte. Warum rief er diese junge Frau an, die er kaum kannte? Vielleicht führten die fremde Umgebung und die weite Entfernung von allen, die er kannte, dazu, dass er sich einsam fühlte. Vielleicht waren es auch der Alkohol und die Gewalt, die ihn erregt hatten. Jedenfalls war es bereits nach Mitternacht, die Mexikaner hatten ihn in eine schmuddelige Kneipe in der Nähe der Interstate mitgenommen, wo sie billigen Tequila tranken und lautstark die Fußballspieler im Fernsehen anfeuerten.
Danny stand hinten bei den Toiletten, hielt sich ein Ohr zu und schrie in den Hörer. «Ich bin in Iowa.»
«Warum schreist du so?»
«Wenn du mich vor sechs Monaten nach Iowa gefragt hättest, hätte ich es nicht mal auf der Karte gefunden.»
«Wer ist da noch mal dran?»
«Ich bin’s, Danny. Oder wie man mich hier nennt: Cabrón .»
«Du weißt, dass das Arschloch heißt, oder?»
«Ehrlich? Die Hurensöhne.»
Er stützte sich mit einer Hand an der Wand ab.
«Hör zu», sagte sie. «Ich kann jetzt nicht reden. Mein Freund ist nur kurz Zigaretten holen.»
«Dein Freund …», sagte er. Sie hatte ihm nichts von einem Freund erzählt.
«Ich meine, es war nett mit dir, versteh mich nicht falsch, aber du wohnst ja nicht mal hier. Und mein Freund studiert Jura. Ein Mädchen muss schließlich auch an die Zukunft denken …»
«Klar doch», sagte er. «Das ist genau meine Meinung.»
Der Tequila ließ den Raum um ihn herum kreisen. Er sagte: «Vielleicht besuche ich dich mal, wenn ich wieder in Chicago bin.»
«Tu mir den Gefallen», sagte sie, «und besuch mich nicht.»
Er ging zurück an die Theke. Seine Kumpel trampelten mit den Füßen und schrien. Die mexikanische Mannschaft auf dem Bildschirm reckte die Arme in die Luft und rannte übers Feld. Danny setzte sich auf einen Barhocker und schnorrte eine Zigarette von einem
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