Der verbannte Highlander
ebenso wenig war es ein Geheimnis, dass die dickköpfige Annie ihr Herz schon vor langer Zeit an Niall Lamont verschenkt hatte. Patrick mochte Niall, aber der zweitgeborene Sohn des Lamont of Ascog war ein ehrgeiziger Mann, der sich einen Namen als Krieger machen wollte. Wenn er einmal heiratete, dann um die Verbindungen seines Clans weiter zu stärken. Er würde keine geächtete MacGregor als Ehefrau wählen. Die arme Annie war zu Enttäuschung und einem gebrochenen Herzen verurteilt, aber das Mädel wollte einfach nicht auf die Vernunft hören.
»Da es schließlich Annie war, die dich zusammengeflickt hat, wollte sie einfach nicht, dass all ihre harte Arbeit völlig umsonst war«, erklärte Robbie.
»Meine dickköpfige Schwester sollte sich lieber um ihre eigenen verdammten Angelegenheiten kümmern.«
Robbie schnaubte verächtlich. »Das liegt in der Familie«, fügte er vor sich hinmurmelnd hinzu.
Mit hochgezogener Augenbraue sah Patrick ihn an. »Was war das?«
»Ach, nichts.« Er sah sich um und senkte die Stimme. »Wenigstens scheint dein Plan zu funktionieren.«
»Bis jetzt.«
»Ohne Probleme?«
»Bis auf eines«, gab er zu. Er hätte sich denken können, dass sie Tullibardine und seine Lady kannte. Zum Glück hatte sich Patrick noch gut genug daran erinnert, wie alt das Kind ungefähr war. Er hatte den Laird ein einziges Mal getroffen, und das war schon eine ganze Weile her. »Es war nichts, womit ich nicht umgehen konnte.«
Wie beabsichtigt hatte er durch die erfundene Geschichte von seiner verstorbenen Frau und Kind ihr Mitgefühl erregt und sie davon abgehalten, weitere Fragen zu stellen. Doch das Täuschungsmanöver gefiel ihm nicht, auch wenn es notwendig gewesen war.
Robbie nickte und sah sich um. »Wo ist sie hingegangen?«
Er ließ den Blick zwischen den Bäumen schweifen und runzelte die Stirn, als er keine Spur von Lizzie entdeckte. »Ich weiß es nicht. Macht die Pferde fertig, ich hole das Mädchen.«
Er wandte sich in die Richtung, in die er sie hatte fortgehen sehen. Sie war nicht länger als zehn Minuten fort, aber selbst wenn man die übermäßig lange Zeit berücksichtigte, die Frauen brauchten, um ihre Notdurft zu verrichten, dann sollte sie inzwischen zurück sein. Obwohl er nicht gerade versessen
darauf war, ihre Privatsphäre zu stören, konnte eine Unterhaltung unter vier Augen in der Abgeschiedenheit des Waldes seiner Sache möglicherweise dienlich sein.
Er tat ein paar Schritte in die Richtung, in die sie verschwunden war und rief ihren Namen. Das Geräusch, das ihm antwortete, jagte ihm einen eisigen Schauer durch die Adern. Sofort zog er den Dolch aus der Scheide und stürzte sich in die Dunkelheit.
Kapitel 3
L izzie kniete am Ufer des Loch und tauchte die Hände ins eisige Wasser, um sich die letzten Spuren des Kampfes von den Fingern zu waschen. Wenn sich die Erinnerungen doch nur ebenso leicht fortwaschen ließen! Sie trauerte um die Männer, die heute gestorben waren, und bedauerte das Leid, das ihre Familien würden ertragen müssen, wenn sie ihnen die Nachricht überbrachte. Sie würde sich niemals davor scheuen, ihren Pflichten nachzukommen, aber manche davon waren schwerer als andere. Mit einem Seufzen dachte sie an die Gespräche, die vor ihr lagen. Viel schwerer.
Zuerst hielt sie das Rascheln, das sie hinter sich hörte, für Blätter, die vom Wind hin- und hergeweht wurden. Doch dann spürte sie ganz deutlich, dass sie beobachtet wurde. Die Härchen in ihrem Nacken sträubten sich wie winzige Wachposten, die sie auf eine drohende Gefahr aufmerksam machten, doch sie zwang sich, ruhig zu bleiben.
Vermutlich war da nichts.
Sie trocknete sich die Hände an den Röcken ab, kam langsam auf die Füße und drehte sich um. Ihr ganzer Körper erstarrte vor Angst. Es war nicht ›nichts‹. In den Schatten der Bäume keine zwanzig Fuß von ihr entfernt stand ein einsamer Wolf. Seine goldgelben Augen fixierten sie mit kalter Berechnung – ähnlich wie der Blick des MacGregor-Kriegers es vor kurzem getan hatte. Es war der Blick eines Jägers. Es war ein Blick, der keine Gnade versprach.
Er war nahe genug, dass sie die Feuchtigkeit auf seiner schwarzen Nase glänzen und die grauen Streifen in seinem schwarzen Fell sehen konnte. Er hatte die Lefzen zurückgezogen, was ihm den Ausdruck eines bösen Grinsens verlieh
und lange, scharfe Zähne enthüllte. War es möglich, Hunger in einem Blick zu lesen? Denn der Wolf sah sie an, als wäre er am Verhungern und sie ein
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