Der verbannte Highlander
Können lässt sich nirgendwo so gut beurteilen wie in der Wildnis. Leben oder Tod scheint mir kein schlechter Entscheidungsfaktor zu sein. Ein Wettkampf dient nur dazu, den Stolz zu befriedigen.«
Obwohl an Patricks Verhalten nichts offenkundig Falsches
war, wurde dennoch deutlich, dass er Roberts Rang keinerlei Achtung zollte. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, aufzustehen.
Ob es daran lag, dass Patrick die Herausforderung nicht angenommen hatte oder daran, dass er ebenfalls eine subtile Herausforderung ausgesprochen hatte, jedenfalls ließ Robert jeden Anschein von Gelassenheit fallen. Sein Gesicht rötete sich und das charmante Lächeln wurde zu einem harten, dünnen Strich.
»So spricht ein Mann, der Angst davor hat, sein Können unter Beweis zu stellen.«
Unheilvolle Stille senkte sich herab.
Lizzie hielt die Luft an und wagte nicht zu atmen, bis Patrick antwortete. Highlander waren samt und sonders ein außerordentlich stolzer Menschenschlag, und Patrick, das wusste sie aus Erfahrung, bildete da keine Ausnahme. Unbeabsichtigt hatte sie seinen Stolz schon einmal gereizt, doch das war nichts im Vergleich zu dem Hieb, den Robert ihm gerade versetzt hatte.
Patricks Kinn trat hart hervor, das einzige äußerlich sichtbare Zeichen seiner Wut. Obwohl er oberflächlich ruhig und beherrscht wirkte, merkte Lizzie ihm an, dass er angestrengt eine sehr heftige Gefühlsregung zurückhielt. Mit einem gefährlichen Glitzern in den Augen stand er auf und trat Robert gegenüber. »Es gibt nur sehr wenig, das ich fürchte, Mylaird.«
Kampflustig standen die zwei Krieger sich gegenüber. An Körpergröße war Patrick im Vorteil, obwohl beide Männer groß und muskulös waren. Einen Augenblick lang glaubte sie, dass sie sich prügeln würden. Sie wusste, dass es hier um weit mehr als nur das Geschick mit Pfeil und Bogen ging, hier ging es um sie. Robert versuchte, Patrick auf seinen Platz zu verweisen – ihn dazu zu zwingen, einzugestehen, dass er zu hoch griff.
Um die Situation zu entspannen, trat Lizzie schnell zwischen die beiden Männer.
»Sollen wir zur Burg zurückkehren?«, fragte sie mit einer Stimme, die eine Spur zu munter klang. »Wir waren erfolgreich genug für einen Tag.«
Es war ein Beweis dafür, wie gefährlich die Situation war, dass beide Männer sie ignorierten.
Sie blickte zu Robbie hinüber und flehte ihn stumm an, etwas zu unternehmen, doch sein Gesicht war mindestens genau so unerbittlich wie das von Patrick. Roberts Herausforderung ließ sich nicht ignorieren.
»Wir können keinen Wettkampf austragen ohne einen Preis«, sagte Robert. »Sagen wir, ein Scepter Piece?«
Lizzie biss sich auf die Zunge, um nicht an Patricks Stelle zu widersprechen. Sie wusste, dass er kein wohlhabender Mann war. Ein goldenes Scepter Piece war zwölf schottische Pfund wert, und mehr Gold, als Patrick vermutlich in einem Monat verdiente. Doch es war auch deutlich, dass das Geld nicht der wahre Preis war. Der wahre Preis war sie.
Offensichtlich hatten sie nicht vor, ihr in der Sache ein Mitspracherecht zu gewähren. Als würde sie irgendeinen lächerlichen Wettbewerb über ihr Schicksal entscheiden lassen. Ihre Entrüstung würde allerdings noch warten müssen.
Patrick zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Es ist Eure Herausforderung.«
Robert lächelte. »Sagen wir, drei Schuss, wer dem Ziel am nächsten kommt?«
»Welches Ziel habt Ihr im Sinn?«
Robert wandte sich zu Elizabeth um. »Mylady, dürften wir uns eines Eurer Bänder ausborgen?«
Sie errötete und hob die Hände, um eines der blauen Satinbänder zu lösen, die ihr Haar hielten, doch Robert hielt sie davon ab. »Bitte, wenn du erlaubst?«
Seine Finger streiften ihren Hals, als er vorsichtig ein Band
aus ihrem Haar zog, und verweilten einen kleinen Augenblick zu lange. Hatte Patrick es bemerkt? Unter gesenkten Wimpern sah sie zu ihm hinüber. Die weißen Linien, die sich um seinen Mund eingruben, sagten ihr, dass es so war.
Mit der Schleife in der Hand ging Robert etwa hundert Schritte von der Stelle, an der sie standen, fort und band das blaue Satinband auf Augenhöhe um den nächsten Baum. Auf diese Entfernung war nur ein hauchdünner Farbstrich um den Baum herum zu erkennen. Als er zurückkam, sagte er: »Jeder Pfeil, der auf Blau trifft, zählt als ein Punkt.«
»Und wenn sie alle auf Blau landen?«, fragte Patrick.
Robert lächelte. »Eine kühne Frage, aber ich weiß Euer Selbstvertrauen zu schätzen. Für den
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