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Der verborgene Charme der Schildkröte

Titel: Der verborgene Charme der Schildkröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stuart
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verabschieden. Nicht der Chief Yeoman Warder war es gewesen, der ihn gebeten hatte, die Festung zu verlassen, denn der hatte sich geweigert, die Worte des Fledermauspapageis als Beweis für ein Fehlverhalten anzuerkennen. Obendrein hatte er allen mit der Kündigung gedroht, die den mittlerweile in die Tower-Geschichte eingegangenen Schrei in Hörweite der Touristen wiederholen würden. Tatsächlich war es die Frau des Rabenmeisters gewesen, die die Tage im Tower für gezählt erklärt hatte, denn im Schrei des Tieres hatte sie sofort die Zeichen der Untreue erkannt. Von den Affären ihres Gatten hatte sie seit Jahren geahnt, aber sie hatte sich nicht darum geschert, weil sie, je häufiger er seine unappetitlichen Zärtlichkeiten mit anderen teilte, desto verlässlicher davon verschont blieb. Die öffentliche Preisgabe seiner Techtelmechtel durch einen Papagei war aber doch zu viel der Demütigung. Sie wartete, bis ihre Tochter die Küche verlassen hatte, drehte sich dann von der Spüle um und erklärte ihm, dass er sich zwischen ihr und dem Tower entscheiden müsse. Der Rabenmeister wählte sofort seine Frau, weil er wusste, dass er ohne sie ein Nichts war. Sie überließ ihrem Ehemann die Packerei, nutzte die Gelegenheit, um einen Einkauf zu tätigen, und fand in einem Antiquariat genau die Waffe, nach der sie gesucht hatte. Als die Verkäuferin die Erstausgabe von Vice Versa or A Lesson to Fathers von F. Anstey aus dem Jahr 1882 einpackte, hoffte sie, dass ihr Gatte das Buch genauso lustig finden würde wie der viktorianische Romanautor Anthony Trollope, der während der Lektüre im Familienkreis derart gelacht hatte, dass er einen Schlaganfall erlitten hatte und einen Monat später gestorben war.
    Als Balthazar Jones früher am Morgen ins Büro des Chief Yeoman Warders im Byward Tower gerufen worden war, hatte er vermutet, dass er sich mal wieder für seine erbärmliche Bilanz im Stellen von Taschendieben würde rechtfertigen müssen. Stattdessen hatte ihm der Chief Yeoman Warder die Position des Rabenmeisters angeboten, was er sofort abgelehnt hatte, ohne allerdings seine Meinung über die widerwärtige Natur der Tiere laut kundzutun. Er hatte sich vielmehr an seine Hutkrempe geklammert und die Gelegenheit genutzt, den Chief Yeoman Warder um etwas anderes zu bitten – ob er nämlich trotzdem in die bessere Behausung des Rabenmeisters umziehen könne, weil er genug hatte von der elenden Feuchtigkeit im Salt Tower, den leidvollen Klopfgeräuschen und dem Geruch muffiger Sandalen katholischer Priester. Zunächst hatte der Chief Yeoman Warder gar nichts gesagt und sich darauf beschränkt, mit seinen Leicheneinbalsamiererfingern auf dem Tisch herumzutrommeln. Dann war ihm ein Seufzer entfahren. »Wenn es denn sein muss.«
    Balthazar Jones warf den schwarzen Müllsack in den Abfalleimer vor dem Tower-Café. Als er sich wieder umdrehte, sah er Rev. Septimus Drew auf dem Weg ins Rack & Ruin vorbeieilen, die Schöße seiner angenagten Soutane im Wind gebauscht. Sofort lief er los, holte ihn ein und fragte, ob es wahr sei, dass er den Tower verlasse. Der Kaplan lud ihn in die Schenke ein, wo sie am Tresen Platz nahmen und auf die Wirtin warteten, die soeben der Tower-Ärztin die Drei-Penny-Münze abknöpfte. Mit Bedauern hörte der Beefeater, dass der Geistliche zum Monatsende gehen würde.
    »Aber was wird dann aus unseren Bowlingpartien?«, fragte Balthazar Jones.
    Rev. Septimus Drew leerte sein Glas und stellte es auf den Bierdeckel zurück. »Jeder muss irgendwann weiterziehen«, sagte er, blickte auf die Uhr und entschuldigte sich, dass er nicht länger bleiben könne, weil er mit Ruby Dore eine kleine ausgestopfte Eule namens Athena besichtigen gehe. Dann legte er seinem alten Freund die Hand auf den Arm und fragte, ob er nach ihrem Gespräch in der Voliere irgendetwas getan habe, um Hebe Jones zur Rückkehr zu bewegen. Balthazar Jones nickte.
    »Erfolgreich?«, erkundigte sich der Kaplan.
    Der Beefeater senkte den Blick auf den Tresen.
    »Wenigstens hast du es versucht«, sagte der Geistliche in die Stille hinein.
    Der Beefeater trank sein Pint alleine aus, wischte sich mit dem Handrücken über den Bart und ging zum Salt Tower zurück. Als er die Wendeltreppe hochstieg, hörte er das Telefon klingeln und raste ins Wohnzimmer. Es war allerdings nur der Mann vom Palast, und so ließ er sich aufs Sofa fallen.
    »Ich dachte, es interessiert Sie vielleicht, dass wir die Felsenpinguine wiederhaben«, sagte der

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