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Der verborgene Charme der Schildkröte

Titel: Der verborgene Charme der Schildkröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stuart
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mehr gegessen hatte, holte er sich in der Küche nur ein Glas Wasser und ging dann hoch ins Schlafzimmer. Zu erschöpft für ein Bad, legte er sich in Uniform auf seine Bettseite und schloss die Augen. Seine Träume wurden aber gestört von den Bildern der letzten furchtbaren Stunden, in denen er versucht hatte, die Tiere wieder sicher in ihr Gehege zu bringen.
    Zunächst war er den Brüllaffen hinterhergejagt, denn ihre dämonischen Schreie, die sämtliche Beefeater-Frauen in ihren Betten hatten erstarren lassen, waren unerträglich gewesen. Den ersten stellte er mit Hilfe eines Wachtpostens, an dem das Vieh hochklettern wollte, weil es von der Bärenfellmütze so angetan war. Die anderen drei rannten in das Haus von Rev. Septimus Drew, der eine Taschenlampe geholt und dann abzuschließen vergessen hatte. Der Beefeater war froh, dass der Kaplan die Verwüstungen nicht sehen konnte. Die Teekanne für eine Person war zerbrochen, vier Esszimmerstühle waren umgestürzt, und die ordentlichen Papierstapel in seinem Arbeitszimmer waren zu einem Blättersturm aufgewirbelt, bei dem, bis die Sicht wieder aufklarte, jede Verfolgung unmöglich war. Nach einem Ablenkungsmanöver, das eine frisch aus der Reinigung abgeholte Soutane in Mitleidenschaft zog, rasten die Affen wieder zur Haustür hinaus, wurden dann aber vor dem Rack & Ruin von ein paar Beefeatern gestellt, die sich der Jagd angeschlossen hatten. Mit Hilfe von mit Käse und Essiggurken belegten Brötchen, die man in der Schenke ergattert hatte, lockte man sie schließlich in den Devereux Tower zurück.
    Nun eilte Balthazar Jones einem Kollegen zu Hilfe, der sich mit den Jesus-Echsen in eine Art Pattsituation manövriert hatte. Als er sich näherte, witterten die Tiere Gefahr, erhoben sich unvermittelt auf die Hinterbeine und rannten wie der Blitz an den beiden Männern vorbei, die Vorderpfoten zu beiden Seiten des Körpers ausgestreckt, um bei ihrem uneleganten Sprint nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Die Männer verfolgten sie bis zu den Waterloo Barracks, wo sie schließlich von zwei Beefeatern, die ihnen auf der Jagd nach dem Lovebird-Weibchen entgegenkamen, eingefangen werden konnten. Der Vogel erwischte indes sein Männchen, setzte ihm übel zu und ließ eine Wolke von grünen und pfirsichfarbenen Federn aufwirbeln. Am White Tower stellte man Leitern auf, um den Sugarglider von seinem Fensterbrett herunterzuholen, während Balthazar Jones sich auf die Suche nach dem Zorilla machte, der, dem Gestank nach zu urteilen, irgendwo in der Nähe sein musste. Er fand ihn schlafend vor dem Tower-Café, wo sich seine Ausdünstungen mit dem Gestank des weggeworfenen Essens im Abfalleimer vermischten. Nun erblickte er die Weißkopf-Büschelaffen, die sich auf einem Kanonenrohr versammelt und den Alarmzustand ausgerufen hatten, da eine Gruppe von Beefeatern mit ausgestreckten Armen und schweren Bierfahnen bedrohlich näher rückte. Lange nachdem die Beefeater mit hochroten Köpfen geflohen waren, stellten sich die Affen immer noch aufs Prächtigste zur Schau.
    Was die Vögel anbelangte, handelte es sich um ein Geduldsspiel. Unter erheblichen Mühen konnte Balthazar Jones den Yeoman Gaoler dazu überreden, sein Bratfett zu opfern. Der Mann ging nach Hause und kratzte es auf Brotscheiben, die Balthazar Jones dann auf dem Boden unter den Bäumen verteilte. Der Erste, der aufgab, war einer der Tukane, den der Beefeater schnell mit einem Fischernetz einfing. Und nach einer letzten triumphalen Umrundung des White Towers erlag schließlich auch das Lovebird-Weibchen der fettigen Versuchung.
    Nur der Fledermauspapagei weigerte sich, seine Stellung in einer Platane zu räumen. Vom Mond beschienen, hing er kopfüber an seinem Ast und schwang unbekümmert wie ein Trapezkünstler hin und her. Während die anderen Beefeater erschöpft zu Bett gingen, versuchte Balthazar Jones ihn mit einer Reihe saftiger Leckerbissen zu Boden zu locken. Als das alles nicht fruchtete, griff er schließlich in die Tasche und opferte den Feigenkeks, den er während eines Besuchs bei der Etruskerspitzmaus aus einer Schachtel in der Küche des Yeoman Gaoler stibitzt hatte. Aber nicht einmal Gebäck mit sonnengereiften türkischen Feigen konnte das Tierchen dazu bewegen, den verbotenen Ast aufzugeben.
    Schließlich gab er das Projekt der kulinarischen Verlockung auf und stellte eine Leiter an den Baumstamm. Mit einem Auge schaute der Vogel zu, wie er mit der Trittsicherheit eines rumgetränkten Matrosen die

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