Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden
Verwirrung zu überspielen, dann warf sie den Rest weg. Sie hatte von einer geplanten Gartenparty gehört, jedoch angenommen, es handle sich
um eine von Adelines gesellschaftlichen Veranstaltungen, nichts, womit Rose etwas zu tun hatte.
Nathaniel hob sein Buch. »Daher die Wahl meiner Lektüre. Mrs Hodgson Burnett wird unter den Gästen sein.« Seine Augen weiteten sich. »Ich nehme an, du kannst es kaum erwarten, sie kennenzulernen. Es wird doch bestimmt interessant für dich sein, dich mit einer Schriftstellerkollegin zu unterhalten.«
Eliza fuhr nervös mit den Fingern über die Seite ihres Notizhefts, auf der sie ihr Märchen angefangen hatte, und sagte, ohne Nathaniel dabei anzusehen: »Ja … das wäre sicherlich interessant.«
Zögernd erwiderte er: »Du kommst doch zu dem Fest, oder? Ich bin mir ganz sicher, gehört zu haben, wie Rose davon gesprochen hat. Die Party wird am Sonntagmorgen um zehn auf dem ovalen Rasen stattfinden.«
Eliza zeichnete mit fahrigen Strichen eine Efeuranke an den Rand ihrer Heftseite. Rose wusste, dass sie sich nicht für Partys interessierte, wahrscheinlich war das die Erklärung. Rücksichtsvoll, wie sie war, wollte sie Eliza das Theater um Tante Adelines Gesellschaft ersparen.
»Rose spricht oft von dir, Cousine Eliza«, sagte Nathaniel sanft. »Es kommt mir schon fast so vor, als würde ich dich gut kennen.« Er machte eine Handbewegung. »Sie hat mir von deinem Garten erzählt, deswegen bin ich heute hergekommen. Ich wollte mit eigenen Augen sehen, ob er wirklich so wunderschön ist, wie sie ihn mir beschrieben hat.«
Ihre Blicke begegneten sich kurz. »Und?«
»Er übertrifft meine Erwartungen bei Weitem. Wie gesagt, der Garten ist schuld daran, dass ich mit dem Lesen nicht vorankomme. Die Art, wie das Licht hier einfällt, ist so wunderbar, dass ich es am liebsten gleich auf dem Papier festhalten würde. Ich habe schon die ganze Titelseite vollgekritzelt.« Er lächelte. »Aber bitte Mrs Hodgson Burnett nichts verraten.«
»Ich habe den Garten für Rose und mich angelegt.« Elizas Stimme klang merkwürdig in ihren Ohren, so sehr hatte sie sich daran gewöhnt, hier allein zu sein. Und sie schämte sich für die Gefühle, die sie so offen zeigte, und konnte sie doch nicht verbergen. »Es sollte ein geheimer Ort für uns beide sein, ein Ort, wo uns niemand findet. Wo Rose sich im Freien aufhalten kann, auch wenn sie sich krank fühlt.«
»Rose kann sich wirklich glücklich schätzen, eine Cousine zu haben, die sich so um sie sorgt. Ich werde dir ewig dankbar dafür sein, dass du sie so gut für mich gepflegt hast. In gewisser Weise sind wir beide ein Team, du und ich, meinst du nicht?«
Nein, dachte Eliza, das sind wir nicht. Rose und ich sind ein Paar, ein Team. Du bist nur dazugestoßen. Vorübergehend.
Nathaniel stand auf, klopfte sich etwas Staub von der Hose und drückte das Buch an die Brust. »Jetzt muss ich mich verabschieden. Roses Mutter ist sehr streng, was ihre Regeln betrifft, und ich fürchte, sie würde es mir sehr übel nehmen, wenn ich mich zum Abendessen verspätete.«
Eliza begleitete ihn zum Tor und schaute ihm nach. Dann setzte sie sich auf die Kante der Gartenbank, darauf bedacht, nicht die Stelle zu berühren, die er mit seinem Körper angewärmt hatte. Es gab keinerlei Grund, Nathaniel nicht zu mögen, und genau deshalb konnte sie ihn nicht leiden. Das Gespräch mit ihm lag ihr wie Blei auf der Brust. Die Unbefangenheit, mit der er über die Gartenparty gesprochen hatte und über Rose und deren Gefühle für Eliza, an denen er offenbar nicht den geringsten Zweifel hegte. Die Dankbarkeit, die er ihr gegenüber ausgesprochen hatte, schürte, auch wenn sie von Herzen kam, in Eliza den Verdacht, dass er sie als Anhängsel betrachtete. Und dass er in ihren Garten eingedrungen war, so leicht den Weg durch das Labyrinth gefunden hatte - Eliza schüttelte den Gedanken ab. Sie würde sich wieder ihrem Märchen zuwenden. Die Prinzessin war gerade drauf und dran, ihrer treuen Dienerin in die Höhle des Kobolds
zu folgen. Wenn Eliza sich wieder in ihre Geschichte vertiefte, würde sie die beunruhigende Begegnung mit Nathaniel schon bald vergessen haben.
Aber sosehr sie sich auch bemühte, ihre Begeisterung war verflogen und mit ihr die Inspiration. Die Handlung, die sie anfangs mit freudiger Ungeduld erfüllt hatte, erwies sich plötzlich als dürftig und durchsichtig. Eliza strich alles aus, was sie geschrieben hatte. Es taugte nichts. Egal, wie sie
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