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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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hatte sie gesagt, sie würden bald nach New York reisen. Und Ivory wusste, dass es die Stadt am anderen Ende des Meeres war, die Stadt, in der Papa geboren worden war und über die er ihr schon so viele Geschichten erzählt hatte. Geschichten von Wolkenkratzern und Musik und Automobilen. Eine Stadt, wo alles glänzte und glitzerte.
    Ein paar Hundehaare kitzelten sie in der Nase, und sie musste ein Niesen unterdrücken. Die Kunst, ihr Niesen aufzuhalten, beherrschte sie perfekt, und auch deswegen war sie so gut im Verstecken. Ivory versteckte sich so gern, dass sie es manchmal nur tat, um sich zu vergnügen. Selbst wenn sie allein war, versteckte sie sich, weil sie das Gefühl genoss, dass selbst das Zimmer sie vergessen und seine übliche Leere wieder angenommen hatte, als gehörte sie zum Mobiliar.
    Diesmal allerdings hatte Ivory einen Grund, sich unsichtbar zu machen. Großpapa benahm sich in letzter Zeit außerordentlich merkwürdig. Normalerweise war er immer gern für sich allein, aber neuerdings tauchte er immer dort auf, wo Ivory sich gerade befand, und beanspruchte sie für sich. Und jedes Mal hatte er seine kleine braune Kamera dabei und wollte sie zusammen mit seiner kaputten Puppe fotografieren. Ivory konnte die kaputte Puppe mit den grässlichen Augen nicht leiden. Und deswegen versteckte sie sich jetzt, obwohl Mama ihr gesagt hatte, es wäre eine große Ehre, fotografiert zu werden, und sie solle tun, was Großpapa von ihr verlangte.
    Weil allein der Gedanke an die Puppe sie schaudern ließ, versuchte sie, an etwas anderes zu denken. An etwas, das sie froh stimmte, wie der abenteuerliche Tag, an dem sie mit Papa durch das Labyrinth gegangen war. Ivory hatte draußen im Garten gespielt,
als sie gesehen hatte, wie Papa aus dem Haus gekommen war. Er war mit schnellen Schritten gegangen, und zuerst dachte sie, er würde in die Kutsche steigen, um zu jemandem zu fahren, den er porträtieren sollte. Aber er hatte seine Malsachen gar nicht bei sich, und außerdem war er ganz anders angezogen als sonst, wenn er zu einem wichtigen Treffen fuhr. Ivory hatte beobachtet, wie er den Rasen überquerte, und als er sich dem Tor zum Labyrinth näherte, wusste sie sofort, was er vorhatte. Ihr Papa war nicht besonders geschickt darin, sich zu verstellen.
    Ohne zu zögern, war sie ihm durch das Tor in die dunklen, engen Tunnel des Labyrinths gefolgt. Denn sie wusste, dass die Dame mit dem roten Haar, die Dame, die das Geschenk für sie gebracht hatte, auf der anderen Seite des Labyrinths wohnte.
    Und jetzt, nachdem sie mit Papa dort gewesen war, wusste sie auch, wer die Dame war. Sie hieß die Autorin, und Papa behauptete zwar, sie sei ein ganz normaler Mensch, aber Ivory wusste es besser. Sie hatte schon etwas geahnt, als die Autorin durch das Tor gekommen war, aber nachdem sie ihr in ihrem Garten in die Augen gesehen hatte, war sie sich ganz sicher.
    Die Autorin besaß magische Kräfte. Ivory war sich noch nicht ganz sicher, ob sie eine Hexe oder eine Fee war, aber sie wusste genau, dass sie so jemandem noch nie zuvor begegnet war.

43 Cliff Cottage Cornwall, 2005
    Der Wind hatte zugenommen, und die Wellen schlugen hoch in die Bucht. Das Mondlicht, das durchs Fenster fiel, warf vier silbrige Quadrate auf den Holzfußboden. Es duftete wohlig nach Tomatensuppe. Cassandra, Christian und Ruby saßen am Küchentisch, auf der einen Seite wärmte sie der Herd, auf der anderen
ein Petroleumofen. Auf dem Tisch und überall um sie herum brannten Kerzen, und dennoch blieben dunkle Ecken, die das Kerzenlicht nicht erreichte.
    »Ich verstehe es immer noch nicht«, sagte Ruby. »Wie können Sie aus diesem Zeitschriftenartikel schließen, dass Rose unfruchtbar war?«
    Christian aß einen Löffel Suppe. »Weil sie der Röntgenstrahlung so lange ausgesetzt war. Das können ihre Eierstöcke unmöglich überstanden haben.«
    »Aber hätte sie das nicht gewusst? Sie muss doch irgendwie gemerkt haben, dass etwas nicht stimmte.«
    »Wie denn?«
    »Na ja, hat sie denn weiterhin ihre … Sie wissen schon … ihre Periode bekommen?«
    Christian zuckte die Achseln. »Ich nehme es an. Ihre Fortpflanzungsorgane werden wohl weiterhin funktioniert und jeden Monat ein Ei ausgestoßen haben. Aber die Eier selbst waren geschädigt.«
    »So sehr, dass sie richtig unfruchtbar war?«
    »Also, sollte sie tatsächlich schwanger geworden sein, dann wäre der Fötus so stark missgebildet gewesen, dass sie eine Fehlgeburt gehabt hätte. Oder sie hätte ein

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