Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
Schankmädchen lächelte, als sie mir die Schale brachte. Trotz ihrer fehlenden Zähne und dem wunden Mundwinkel konnte ich die Schönheit sehen, die sie gewesen wäre. »Hier, Halsbrecher, lass es dir schmecken.« Sie zwinkerte kokett.
Wenn ich wirklich der junge Sohn aus einem großen Haus hier in der Stadt wäre, könnte sie einen guten Fang machen. Ein Schäferstündchen mit mir brächte ihr mehr ein als ein paar Monate Schufterei an diesen Tischen.
Ich lächelte sie an, aber sie konnte in meinen Augen sehen, dass sie hier nicht mehr finden würde.
Das Zeug war etwas weniger übel als das, was er mir zuvor ausgeschenkt hatte. Es ließ sich unter dem Rand meines Schleiers, während ich saß und lauschte, ganz gut trinken.
Im Laufe der Zeit wurde mir bewusst, wie viele Sprachen in diesem Hafen zusammenkamen. Seliu lag fast immer irgendjemandem auf der Zunge, denn es war die Sprache der örtlichen Währung.
Aber natürlich war ich hauptsächlich darauf aus, Petraeanisches zu hören. Ich sprach es selbst jetzt noch besser als Seliu, und niemand, der mich sah, würde es für meine Sprache halten und mich damit anreden. Hanchu konnte ich ein wenig verstehen, und vertraute Laute waren mir bald die raschen, kaum verständlichen Konsonanten des Smagadinischen. Es gab ein halbes Dutzend weitere Sprachen, die ich fast jeden Tag hörte, und noch ein Dutzend, das im Lauf einer Woche zusammenkam.
Ich würde sie nie alle kennen.
Seliu und Petraeanisch waren die beiden wichtigsten. Selistan und die Steinküste befanden sich an den beiden Endpunkten des Kinderhandels, zumindest meinen eigenen Erfahrungen nach. Ich hatte mir geschworen, dem irgendwie eines Tages ein Ende zu machen.
Ein Schiff mochte Seeleute aus einem Umkreis von zehntausend Meilen an Bord haben, auf welchen Meeren es auch immer segelte. Wenn man annahm, dass die Weltplatte größer war, als je jemand reisen konnte, folgte daraus, dass es Völker und ihre Sprachen gab, so weit die Vorstellung reichte. Vorausgesetzt natürlich, die Götter hatten sich nicht den Scherz erlaubt, die fernen Enden aller Dinge in einem Kreis zusammenzuführen.
Wir trainierten unsere Aggression in dem Übungsraum mit den Rillen und den guten Abflüssen im Boden oft mit Hunden. Streuner gab es wie Sand am Meer in Kalimpura. Die größeren konnte man fast wie Menschen verwunden. Schweine waren besser für Nahkampfwaffen, wegen der Ähnlichkeiten, die ihre Haut und die Anlage ihrer Organe mit dem Menschen hatten. Im Kampf mit Speer und kurzer Klinge aber wäre ich gern gegen einen jungen Stier angetreten.
»Du bist nicht bei Trost«, sagte Mutter Adhiti eines Tages nach einer mörderischen Trainingsstunde. Wir hatten einander blau und grün geschlagen und sahen aus, als wären unsere Körper mit unzähligen Orchideentätowierungen übersät.
»Nein, versteh doch. Ein Stier würde unsere ganze Kraft erfordern.« Für mich wäre er ein bestimmter Mann, mächtig, unerbittlich, aber ebenso wenig gegen den Tod gefeit wie jedes dumme Tier.
Sie sah mich seltsam an. Die Frau wog mehr als zweimal so viel wie ich. »Mit einem Stier in solch einem kleinen Raum wäre selbst ich in Panik. Du wärst in kurzer Zeit zertrampelt wie Pflaumenmus unter einem Kinderfuß.«
»Dann kämpfen wir eben auf einem Fest. Vor Zuschauern.« Obwohl Monate vergangen waren, hatte ich seit den Ereignissen unter den Mangobäumen keinen ernsten Kampf mit der Klinge mehr gefochten. Es gab für mich keine schwarze Einsatzkluft mehr, bis ich meinen Schwur geleistet hatte, was eine durchaus verständliche Regel war. Außerdem war ich gegenwärtig weder sehr beliebt noch genoss ich besonderes Vertrauen außerhalb meines eigenen Trupps.
Mutter Adhiti wischte sich den Hals ab. »Der Tempel hat mit derartigen Schauspielen nichts im Sinn, wie du wohl weißt, Green. Wie alle scharfen Waffen sind die Lilienklingen am wirkungsvollsten, wenn sie in ihren Scheiden stecken.«
»In der Scheide. Immer in der Scheide.« Ich krümmte meine Finger, die wundervoll weh taten.
»Wenn du dich so sehr nach einem Kampf sehnst, dann zettel einen im Hafen an, in den du so gern gehst.« Jetzt war sie verärgert. »Vergiss diese dumme Idee mit dem Stier. Niemand würde dich gegen einen kämpfen lassen, selbst wenn das hier üblich wäre. Du bist die jüngste und kleinste der Klingen.«
Mit diesen Worten ging sie. Ich war aber natürlich gar keine Klinge.
Ich löste mich von dem Gedanken an einen Kampf mit so einem großen Tier und folgte
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