Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
Pier, und die Frauen trieben uns mit Pfeilen auf den Sehnen ohne Stopp weiter. Ich sprang mit meiner Lehrerin in die Fluten und fragte mich, ob wir lebend wieder auftauchen würden und wie viele Ungeheuer mit toten Augen in der Tiefe bereits auf uns lauerten.
Wiederkehr
Unbeabsichtigt schluckte ich einen Mund voll Hafenwasser. Es war widerlich. Es schmeckte nicht nur salzig, sondern abgestanden nach Kieljauche und was sonst noch aus dem Untergrund Kalimpuras ins Hafenbecken floss. Spuckend tauchte ich auf und strampelte heftig, um nicht wieder unterzugehen.
Die Tanzmistress hatte zu kämpfen, obwohl die Strömung schwach war und fast kein Wellengang herrschte. Ich packte sie und versuchte sie über Wasser zu halten. »Atme!«, rief ich in Petraeanisch. »Und hör auf, so wild um dich zu schlagen!«
Sie beruhigte sich ein wenig. Ich zog sie mit mir, als ich mich auf den Rücken drehte, um zur Pier zurückzuschwimmen. Oben konnte ich sehen, wie Mutter Vajpai die Stirn runzelte. Sie war von gespannten Bögen flankiert.
Ich muss wir etwas anderes einfallen lassen, dachte ich. Ein Schiff lag am letzten Anlegeplatz der Pier. Es war ein niedriger, breiter Küstenkauffahrer, im Grunde nicht mehr als ein übergroßes Beiboot. Ein halbes Dutzend Selistani faulenzte an der Heckreling. Sie sahen uns entgegen, während eine Pfeife die Runde machte.
Die Kräfte der Tanzmistress schwanden. Ich zog sie mit mir und klammerte mich an das Steuerruder.
»Hier«, sagte ich zu ihr, »halte dich an dieser Kette fest.«
»Ihr da unten«, rief einer der Männer in Seliu mit einem starken bhopurtischen Akzent. »Fasst nichts an. Macht nichts kaputt.«
Alle lachten über diesen herrlichen Witz. Ein Pfeil schoss auf sie zu und zischte dahinter ins Wasser. Die Männer und ich blickten zur Pier und sahen Mutter Vajpai dort den Kopf schütteln. Mutter Gita winkte mir zu.
Dann wollten also die Klingen wirklich nicht, dass ich heute starb. Das war in der Tat ein wenig beruhigend. Trotz der Nachmittagshitze zitterte ich. Das Wasser war nicht kalt, aber ich fror innerlich. Der Zustand der Tanzmistress verschlimmerte sich. Sie zitterte und hustete. Ich hatte sie noch nie so verängstigt gesehen.
»Mann, hol uns an Bord«, sagte ich, wobei ich, so gut ich es vermochte, den bhopurtischen Akzent imitierte. Die Steinküste in meiner Aussprache zu verbergen war schwerer gewesen.
Der Anführer warf einen Blick auf die Reihe der Bogenschützen, dann sah er wieder mich an. Sein Lachen war verschwunden. »Du bist eine Gefahr, Kleiner.«
Ich musste aus dem Wasser. »Ich bin viel mehr als eine Gefahr. Ich bin eine Gelegenheit.«
»Für was?«
»Hol uns an Bord, wenn du es wissen willst.«
Sein Blick wanderte wieder zu Mutter Vajpai. Ich sah sie nicken. Zögernd und murrend ließen uns die Männer zwei Taue herab. Wir kletterten beide in unseren klatschnassen Bettlergewändern hoch. Die Männer halfen mir über die Reling, aber sie vermieden es, der Tanzmistress zu nahe zu kommen.
Dankbar lag ich einen Moment auf dem sonnengewärmten Deck. Ich atmete keuchend, und mein Herz schlug bis zum Hals, aber die Gefahr zu ertrinken war gebannt. Die Tanzmistress hustete heftig und erbrach sich schließlich in weitem Bogen auf das Deck, dass die Seeleute fluchend zurücksprangen.
»Sag schnell, was du mir sagen willst«, meinte der Anführer. »Ich mag die gespannten Bögen da drüben nicht. Und ich mag es noch weniger, dass ihr mir das Schiff versaut.«
Ich öffnete den Mund, hielt aber inne. Die Wahrheit würde einen Mann wie ihn nicht beeindrucken. Wahrscheinlich verehrte er seine Urgroßmutter oder irgendeinen kleinen Krokodilgott. Mir fiel auch keine Lüge ein, die ich ihm in meinem nassen, heruntergekommenen Zustand überzeugend aufbinden konnte.
Ich stand auf.
»Ich will nicht behaupten, dass ich keinen Ärger habe«, stellte ich fest. »Aber ich kann dir auch Ärger vom Leib halten.«
Er lachte. »Was könnte das für Ärger sein, Kleiner?«
»Ein Schiff wie das deine läuft viele Häfen entlang der Küste an. Schlaue Leute glauben manchmal, dass sie nicht bezahlen müssten, stimmt’s?«
Langsam begann es ihm zu dämmern. »Das kommt vor.«
»Ich nehme es mit jedem deiner Männer auf, auch mit zweien auf einmal. Wenn ich sie besiege, dann nimm mich als Aufpasser für deine Ladung, der dir die Schurken vom Leib hält.« Ich stupste die Tanzmistress mit dem Fuß. »Meine Freundin hier ist allergisch gegen Wasser, aber auf dem trockenen Deck
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