Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
leise. Die deutliche Furcht in ihrer Stimme ließ mir das Blut gefrieren.
»Kein Geist …« Etwas direkt vor mir schrie wie eine von Dämonen gepeinigte Seele.
Ich schwang meine Klinge in weitem Bogen, während etwas Glühendes und Bösartiges in meine Ohren drang. Die Klinge fand keinen Widerstand. Mein Gehör war vollkommen blockiert, was mich zu Tode erschreckte. Ich öffnete meine linke Hand. Im schwachen Moderlicht konnte ich nur mit Mühe einen Aufschrei unterdrücken.
Die Tanzmistress glitt an mir vorbei aus der Reichweite meiner Klinge. Sie hatte den Blick nach links gerichtet, als ob sie aus der Schwärze dort einen Angriff erwartete. Direkt vor mir befand sich ein sehr großer, unvollkommen gestalteter Mann ohne Haut. Ich sah Knochen und glänzendes Fett und seltsam marmorierte Muskelstreifen. Seine Augenhöhlen waren leer, dennoch hatte er sein Gesicht direkt auf mich gerichtet.
Am schlimmsten war, dass ihm meine Klinge nichts anzuhaben vermocht hatte.
Ich stieß erneut zu. Das Messer glitt durch ihn hindurch wie durch Luft. Eine Hand aus Knochen und Muskeln schmetterte gegen meine linke Schläfe.
Während ich auf meiner rechten Ferse aus seiner Reichweite wirbelte, dachte ich, wie unfair es war, dass er mich treffen konnte, aber ich ihn nicht. Dann hörte ich einen kreischenden Schrei der Tanzmistress, meine Ohren waren wieder frei. Der Schmerz trieb mir Tränen in die Augen, und ich sah nur einen undeutlichen springenden Schatten. Dann vernahm ich ein grauenvolles reißendes Geräusch und einen Aufprall.
Ich erkannte, dass sie ihn mit bloßen Händen angegriffen hatte. Waffen vermochten nichts auszurichten.
Meine Hände besaßen keine Krallen, aber ich wusste sie gut zu benutzen. Ich ließ das Messer fallen und stürzte mich Kopf voraus auf ihn. Als ich ihn rammte, hatte ich das Gefühl, in eine offene Wunde zu tauchen. Nur Fett und dickes, triefendes Blut und nichts zum Festhalten.
Meine Augen waren nicht voller Tränen. Ich erkannte, dass Blut von meinen Augenlidern und meiner Nase sickerte. Ich sah nichts, roch nichts, hörte nichts, außer aus einiger Entfernung den unüberhörbaren, wütenden Schmerzensschrei der Tanzmistress.
Ich stieß mit meinem Kopf erneut zu. Diesmal knirschte etwas. Wir waren endlich auf eine der schlimmeren Kreaturen gestoßen, von denen die Tanzmistress vor so langer Zeit gesprochen hatte.
Gib mir Kraft, betete ich und griff erneut an. Blind von Blut und Dunkelheit krallte ich meine Finger in den kalten, schmierigen Körper der Kreatur, bis ich Knochen fand. Ich riss mit aller Kraft und warf mich zurück.
Das Stück in meiner Faust gab nach und schnappte dann zurück. Unser Angreifer stieß einen durchdringenden Schrei aus. Ich hörte die Tanzmistress erstickt meinen Namen rufen, dann herrschte vollkommene Stille.
Ich stand mit gespreizten Beinen, die Hände zum Schlag erhoben.
Nichts.
Ich spuckte Blut und lauschte mit offenem Mund. Ein alter Trick.
Nichts.
Langsam senkte ich meine linke Hand und berührte mein Gesicht. Kein Blut. Mit einem leisen, knackenden Geräusch wurden meine Ohren frei. Auch dort kein Blut. Nur meine Hände waren klebrig von Blut und Fett des monströsen Körpers der Kreatur. Ich lauschte, bis es schmerzte.
Nichts.
Das Wesen war fort und die Tanzmistress mit ihm. Oder tot.
Das Moderlicht war mir im Kampf bis auf einen kaum erkennbaren Rest von der Hand gewischt worden. Ich bückte mich und tastete sorgfältig über die moosigen Steine, bis ich mein Messer fand. Dann drehte ich mich um und bewegte mich mit scharrenden Füßen hin und her, bis ich die Wände zu beiden Seiten fand. Vor mir war der Weg frei.
Hier befand sich nichts mehr.
Meine Enttäuschung verwandelte sich in Wut. Ich öffnete den Mund, um zu schreien, und verlor fast das Bewusstsein. Keuchend lag ich auf den Steinen. Ich kannte dieses Gefühl, das eintrat, wenn man zu viel Blut verloren hatte. Doch ich war nicht verwundet.
Die Kreatur hatte mir das Blut geraubt und damit ihren Hunger gestillt.
Ich würgte bei dieser Erkenntnis. Ich ziehe einen ehrlichen Messerstich solch einer Vergewaltigung vor.
Ich sah Licht vor mir, den bleichen Schimmer von Moderlicht in jemandes Hand. Ich kam taumelnd auf die Beine und verbarg meine Klinge hinter mir, um verräterischen Glanz zu vermeiden. Aus dem gleichen Grund schloss ich auch meine Augen halb.
Wer immer herankam, bewegte sich langsam und atmete laut. Ich wartete mit der Geduld eines Steines. Sie näherten sich
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