Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
Nach ein paar Schlucken fühlte sich mein Bauch so voll an, als hätte ich eine ganze Sonnwendgans allein gegessen.
»Du hast Recht«, sagte ich. »Ich kann noch nicht aufbrechen.«
»Die Stadt wird heute nicht fallen und morgen auch nicht«, erwiderte sie. »Sie planen noch nicht einmal, eine Armee an die Tore zu bringen.«
»Bin ich hier sicher? Bist du sicher, wenn ich hier bin?«
»Ja, ja. Ich bin keine Närrin.«
»Nein. Du hast mir deinen Namen nicht genannt und auch nicht nach meinem gefragt.«
Sie erwiderte ein wenig amüsiert: »Dein Name ist überflüssig. Es kann keine zwei Frauen mit deinem Gesicht an der Steinküste geben. Mein Name ist unwichtig.«
Ich grübelte eine Weile darüber nach, bis ich einschlief.
Wach, aber noch schwach, bat ich Corinthia Anastasia, mir ein Stück Holz von der Größe eines schönen Schinkens zu suchen. »Und ein Schnitzmesser auch, bitte«, sagte ich.
»Ich darf keine großen Messer haben.«
»Für mich.«
Sie verschwand eine Weile. Schließlich kam sie zurück mit einem Stück Weichholz und einem ordentlich großen Messer.
Ich begann zu schnitzen. Ich langweilte mich und konnte noch immer nicht ganz klar denken, und ich wollte etwas mit meinen Händen tun. Etwas Spezielles.
Zwei Tage lang arbeitete ich während der meisten hellen Tagesstunden, dann hatte ich eine grobe Nachbildung von Ausdauers Glocke geschaffen. Ich befestigte zwei Klöppel seitlich am Hohlkörper. Der Klang glich nicht einmal annähernd der Glocke, die Papas Ochse getragen hatte, aber selbst dieses Echo meiner Kindheit fand den Weg in meine Seele und tilgte ein wenig des Hungers.
Am Tag danach vermochte ich aufzustehen und einen Spaziergang durch die Obstgärten zu machen. Corinthia Anastasia stapfte scheinbar unbekümmert hinter mir her und aß einen grünen Apfel.
»Ich muss nach Copper Downs gehen«, sagte ich ihr wieder.
»Nach Süden.«
»Ich weiß.« Dieses Kind war so irritierend. »Ich meinte, dass ich fortgehen werde.«
»Du bist nie eine Gefangene in Mamas Haus gewesen.«
»Ich erkläre es dir anders.« Ich widerstand dem Wunsch, sie an ihren lockigen Haaren zu packen und zu schütteln. »Bitte, sage deiner Mutter, dass ich mit ihr über mein baldiges Fortgehen reden möchte.«
»Klar.« Sie grinste und warf ihren halb verspeisten Apfel fort. »Brauchst mich ja nur zu fragen.«
Ich war ein wenig schwach, als ich in die Hütte zurückkehrte. Trotzdem setzte ich mich auf einen der drei Stühle an dem kleinen grob gezimmerten Tisch. Ich hatte viel zu viel Zeit im Bett verbracht, vor allem im Hinblick auf die Dinge, die sich draußen zusammenbrauten.
Corinthia Anastasias Mutter kam schließlich zurück. An diesem Tag trug sie ein vielfach geflicktes Kleid aus einst dunkelgrünem Samt. Sie hatte ein Bündel bei sich, als sie die Hütte betrat, und legte es vor mich auf den Tisch.
»Die Sachen wirst du bald brauchen.«
Ich öffnete das zusammengefaltete Tuch, das mit einem einfachen, sich wiederholenden Baummuster bedruckt war. Drinnen befand sich meine instand gesetzte Kleidung. »Oh.« Ich blickte sie an. »Danke.«
»Ich hatte Hilfe«, erklärte sie kurz. »Einige Leute in diesen Bergen sind sehr daran interessiert, dich so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen.«
Das bedeutete, dass auch andere Möglichkeiten erwogen wurden. Ich fragte mich, wer darüber debattiert hatte, aber da ich keine Antwort erwartete, ersparte ich mir auch die Frage. Stattdessen sah ich mir die Kleidungsstücke an.
Sie waren nicht nur einfach instand gesetzt, sondern sehr gut instand gesetzt. Selbst meine Stiefel waren überholt worden. Neue Sohlen und Absätze ersetzten, was Feuer und Kampf und zu viel Zeit im Wasser verschlissen hatten. Ich strich mit den Fingern über die fest vernähten Risse in meiner Hose und blickte dann auf Corinthia Anastasias Mutter. »Ich bin allen sehr dankbar, die sich diese Mühe gemacht haben.«
»Hier bleiben alle namenlos.«
Außer dem Kind, dachte ich. »Ich verstehe. Darf ich noch bis zum Morgen bleiben?«
Jetzt trat wieder die Herzlichkeit in ihre Stimme. »Natürlich, mein Mädchen. Wir werden heute Abend gut essen. Ein kleines Fest zu deinem Abschied.«
»Ich würde es gerne für euch zubereiten, wenn es dir recht ist«, bat ich ein wenig schüchtern.
Sie lachte. »Eine Frau aus den Höfen des Faktors hat gelernt, für Könige und Prinzen zu kochen. Und ich habe dir hier Maissuppe und gekochtes Moorhuhn vorgesetzt. Ich würde mich sehr geehrt
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