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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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überrascht die Augenbrauen. »Das wird ja immer schöner.«
    »Eben. Wir vertrauen auch auf Ihre gesunde Neugier.«
    »Und Sie meinen, eine Untersuchung durch einen Londoner Theaterkritiker sei unauffälliger, als wenn sich namhafte Wissenschaftler in seinem Haus einfänden?« In Toms Frage schwang eine leise Ironie mit, doch das schien Sidgwick nicht zu kümmern.
    »Exakt«, warf dieser zufrieden ein. »Jetzt denken Sie in den richtigen Bahnen.«
    »Wo wohnt denn der fragliche Herr?«
    »In Surrey. Der Reiseaufwand würde sich also in Grenzen halten.«
    Tom überlegte, dann sah er seine Gastgeber bewundernd an. »Ich muss schon sagen, Hut ab. Sie haben genau erkannt, wie Sie mich packen können. Ohne jede Skrupel.«
    Eleanor lächelte. »Neugier ist eine gefährliche Eigenschaft, nicht wahr?«
    Tom wurde wieder ernst. »Aber was soll ich tun? Ich kann das Kind nicht fesseln oder in einen Schrank sperren oder mit Nadeln stechen oder was immer Sie mit Ihren Probanden zu tun pflegen.«
    »Das müssen Sie auch gar nicht.« Sidgwick stand auf und trat vor den Kamin. Dann drehte er sich schwungvoll um und deutete auf Tom. »Sie schauen sich das Kind einfach an. Sprechen mit der Gouvernante.«
    »Gouvernante? Welche Rolle spielt sie in dieser Geschichte?«
    »Das weiß ich nicht«, erwiderte Sidgwick. »Der Vater wünscht, dass die Sache diskret gehandhabt wird und möglichst wenige Personen von Ihrem Auftrag erfahren. Daher werden Sie zunächst nur mit ihm selbst, seiner Tochter und der Gouvernante zu tun haben. Man wird Sie unter einem Vorwand ins Haus bitten, damit das Personal nichts erfährt. Das können wir alles in Ruhe besprechen.«
    Tom seufzte. Worauf hatte er sich eingelassen?

21
    November 1890, Chalk Hill
    In den ersten Tagen nach dem Besuch bei Tilly Burke hatte die Welt um Charlotte scheinbar den Atem angehalten. Nora verbrachte die Nächte in Emilys Nähe, und alles blieb ruhig. Charlotte spazierte jeden Abend vor dem Schlafengehen noch eine Runde durch den Flur, ohne etwas Außergewöhnliches zu bemerken. Es war, als hätte sich ein Mantel der Normalität über das Haus gelegt, der die Erinnerungen an die Zwischenfälle wie eine kraftvolle Droge auslöschen wollte. Emily wirkte ausgeschlafen und lernte gut, Wilkins pfiff in Garten und Remise vor sich hin, und Nora war einfach glücklich, weil sie wieder in der Nähe ihres Schützlings schlafen durfte. Beinahe hätte Charlotte glauben können, dass alles nur in ihrer Einbildung existiert hatte – wäre da nicht die Unterredung mit Tilly Burke gewesen und die Flasche mit dem rätselhaften Inhalt, die sie nach wie vor in ihrem Zimmer aufbewahrte.
    Sir Andrew war an diesem Tag in London, und Charlotte nutzte die Gelegenheit, um allein nach Dorking zu fahren. Sie bat Nora, sich am Nachmittag um Emily zu kümmern, und bot Mrs. Evans an, ihr etwas aus dem Ort mitzubringen. Die Haushälterin bedankte sich, schaute sie aber argwöhnisch an, als würde sie gern nach dem Grund des Ausflugs fragen, dies aber aus Gründen der Höflichkeit unterlassen.
    »Wenn Sie an der Apotheke vorbeikommen, könnten Sie mir Baldriantropfen mitbringen.«
    Das traf sich gut.
    Als Charlotte schon in Hut und Mantel in der Halle stand, kam Emily die Treppe heruntergeeilt.
    »Darf ich nicht doch mitkommen, Fräulein Pauly? Bitte.«
    Es fiel ihr nicht leicht, dem flehenden Blick des Mädchens zu widerstehen, doch sie schüttelte den Kopf. »Demnächst machen wir wieder einen Ausflug. Diesmal habe ich einige Besorgungen zu machen. Nora wird mit dir an dem Stickbild arbeiten, das du deinem Vater zu Weihnachten schenken willst.«
    Emily verzog das Gesicht und sah nun aus wie ein ganz normales achtjähriges Mädchen. In diesem Augenblick wirkten die Vermutungen und Pläne ihres Vaters absurder denn je. Und dennoch – Charlotte hatte oft genug erfahren, wie schnell Emilys Stimmung umschlagen konnte. Dies war nur eine vorübergehende Phase der Ruhe, ein ruhiger Flussabschnitt, der jederzeit durch Stromschnellen und Wirbel aufgerührt werden konnte. Ein seltsamer Vergleich, dachte Charlotte flüchtig. Der Fluss lässt mich nicht los.
    »Weißt du was? Ich bringe dir eine kleine Überraschung mit.«
    Emily strahlte. »Was denn?«
    »Wenn ich es dir sage, ist es keine Überraschung mehr«, entgegnete Charlotte diplomatisch, da sie noch gar nicht wusste, was sie besorgen sollte. »Und jetzt lauf zu Nora – ich möchte nachher ein Ergebnis sehen.«
    Emily machte kehrt und eilte die Treppe

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