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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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Angestellte der Wall Street bis hin zu so ehrenwerten Persönlichkeiten wie William Tweed. Jeder, der durch die Tür tritt, wird in der heiteren Runde willkommen geheißen. Unabhängig von sei nem Stande kann sich ein jeder zu denen gesellen, die sich hier zum Trinken, Tanzen und Singen versammelt haben.
    Am vorigen Abend, kurz nach einundzwanzig Uhr, kam allerdings ein Gentleman durch die Tür dieses Etablissements, der etwas anderes als ein Bier und gute Unterhaltung suchte. Es war Charles Samuels, der, erschöpft, lädiert und übelst verprügelt, kaum fähig, aus eigener Kraft zu laufen, in dem Saloon auf dringende Hilfe hoffte.
    Mr. Samuels, der Sohn des bekannten Financiers Alistair Samuels, behauptete, er und sein Begleiter seien in einer Gasse nahe der Kreuzung Houston Street und Bowery von einer Bande Straßenjungen angegriffen worden. Nachdem er alle Wertgegenstände und sämtliches Geld übergeben hatte (eine goldene Uhr samt Kette, über einhundertfünfzig Dollar sowie einen massiven Goldring, der von Mr. Samuels’ Mutter stammte), wurde Mr. Samuels an Leib und Leben bedroht. Schließlich verlangte diese Horde Wilder, dass er sich seiner Kleider entledigte.
    Ein vereinzelter Vorfall
    Sofort wurde Alarm ausgelöst, man rief die Officers Fuller und Knox vom Palast der Illusionen herbei, den Tatort zu untersuchen, doch die Angreifer wurden nicht gefunden.
    Laut Mr. Samuels waren die Jungen von zartem Alter, aber derer so viele (ein Dutzend oder gar mehr), dass sie ihm durch ihre Bisse, Tritte und Schläge beträchtliche Verletzungen zufügen konnten. Die Jungen waren Mr. Samuels nicht bekannt, es wird aber vermutet, dass sie in der Gegend häufig ihr Unwesen treiben.
    Officer Fuller nennt dies ein ungewöhnliches Verbrechen, denn derlei Überfälle erfolgten zumeist während der Sommermonate, und nicht im Dezember. Er glaubt daher, dass es sich um einen vereinzelten Vorfall handelt. Bei dieser Gelegenheit merkte er jedoch an, dieses Verbrechen stehe für ein weit größeres Problem, das unsere Stadt heimsucht – die wachsende Zahl der Kinder, die sich auf den Straßen herumtreiben. Mr. Samuels gab zu Protokoll: »Diese Gossenjungen sind keine Kinder. Das sind verlotterte, wilde Tiere, und genauso sollte man mit ihnen umgehen. Ich werde keine Ruhe geben, bis diese Bande für ihre barbarische Tat bestraft wird.«
    Könnte dieser bemerkenswerte Vorfall, so fragt sich der Evening Star , endlich dazu führen, dass die Regierenden unserer Stadt etwas gegen Gothams wachsendes Waisenproblem unternehmen?

Little girl, little girl, don’t lie to me –
    Tell me where did you sleep last night?
    In the pines, in the pines, where the sun never shines,
    And you shiver when the cold wind blows.
    Mein Mädchen, mein Mädchen, lüge nicht –
    Sag mir, wo war dein Lager heut Nacht?
    Im Tann, im Tann, wo die Sonne nie lacht,
    Und ein kalter Wind erschaudern macht.
    XXIX
    E s gab große Verwirrung und Unruhe, als Cadet Alice ins Haus trug. Sie war in Tränen aufgelöst und völlig verstört. »Ich habe um Hilfe gerufen«, sagte sie immer und immer wieder. »Doch er hat gedroht, dass er mir die Kehle durchschneidet.«
    Miss Everett eilte herbei, Dr. Sadie folgte ihr dichtauf. Sie hatte im Salon gewartet, um später nach Mae zu sehen. Es war eine bittere Überraschung, dass sie sich nun um eine geschundene, wimmernde Alice kümmern musste.
    Â»Was ist geschehen?«, fragte Dr. Sadie und versuchte, sich ein Bild von der Lage zu machen, obwohl Cadet Alice noch immer in den Armen trug.
    Â»Ein Mann hat sie überfallen«, sagte ich.
    Miss Everett schaute zu mir, die Augen blitzten, dann wies sie Cadet an, Alice nach oben in unser Zimmer zu bringen. »Der Doktor wird sich dort um sie kümmern.«
    Während wir die Treppe hinaufgingen, kamen Gelächter und leise Stimmen aus Missouris und Emilys Zimmer. Die Mädchen und ihr Herrenbesuch vergnügten sich in seliger Ahnungslosigkeit dessen, was vor ihrer Tür geschah.
    Cadet legte Alice aufs Bett und wandte sich zum Gehen. Tränen standen ihm in den Augen. Es brach mir das Herz, dass sich seine wahren Gefühle erst hervorwagten, als er Alice verließ. Wie konnte so etwas bloß geschehen? Ausgerechnet der schönen, liebreizenden Alice .
    Miss Everett fing Cadet an der Schwelle ab. »Warte auf mich im Salon, ich will mit dir

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