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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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etabliert hast.«
    Mr. Dinks Vorschlag lautete folgendermaßen: Ich sollte jeden Nachmittag im Eingang neben seinem Kuriositätenladen stehen und seiner Kundschaft Cartes de visite zur erbaulichen Betrachtung darbieten. Da die Museumsbesucher ausschließlich Herren waren, sollte ich freundlich sein, aber auch nicht zu sehr, und sie in ein Gespräch über ihre bevorzugten Sammelobjekte, die abgebildeten Personen und das Wetter verwickeln. Die Herren würden bei mir die Karten auswählen und dann am Verkaufstresen erwerben. Durch meine Hände würde kein Geld wandern. Meine Aufgabe bestünde allein darin, Interesse zu wecken.
    Das zu hören, verschaffte mir eine große Erleichterung. Womöglich bot sich hier auch die Gelegenheit, den sonntäglichen Pflichten im kleinen Salon zu entkommen. Da ich nicht wagte, die Frage an Miss Everett zu richten, wandte ich mich an Mr. Dink. »Würden meine Dienste auch am Sonntag gebraucht?«
    Â»Gewiss doch«, antwortete er mit einem Lächeln. »Das ist unser geschäftigster Tag.«
    Nach einer Runde Jas und Händeschütteln verließ Mr. Dink das Haus.
    Dann nahm mich Miss Everett beiseite. »Mach dir keine Sorgen, Ada. Auf deinem Posten bei Mr. Dink werden dich mehr Männer zu Gesicht bekommen, als ich in einem Monat in den Salon führen kann.«
    Am nächsten Morgen äußerte Miss Everett beim Frühstück, dass ich zu Mr. Dink gehen solle, um mein Kleid als Cartes-de-visite -Mädchen anzuprobieren.
    Â»Wird Cadet mich begleiten?«, fragte ich in der Hoffnung, ihn dazu zu bewegen, dabei wenigstens einige Worte an mich zu richten.
    Â»Er ist beschäftigt«, erwiderte Miss Everett. »Aber keine Sorge. Dr. Sadie hat eingewilligt, dich zu begleiten. Sie wurde ohnehin gerufen, um nach dem Wohlergehen einer der Schaustellerinnen zu sehen.«
    Alice, die sich bemühte, ohne Neid auf meine neue Position zu reagieren, wünschte mir Glück. »Du musst mir bei deiner Rückkehr alles erzählen!«
    Â»Das werde ich. Versprochen.«
    Ich hatte ihr nicht erzählt, dass ich von den sonntäglichen Pflichten im Salon befreit war. Auch wenn das Band unserer Freundschaft stark war, das würde Alice als große Ungerechtigkeit empfinden, und ich hatte deswegen ein schlechtes Gewissen.
    Das Museum war bei unserer Ankunft noch geschlossen. Dr. Sadie führte mich zu einer kleinen Seitentür an der Rückseite des Theaters, läutete an der Tür dahinter und wartete.
    Kurz darauf öffnete uns Mr. Dink. »Miss Fenwick«, empfing er mich mit einem breiten Lächeln. Dann nahm er Dr. Sadies Hand. »Meine liebe Frau Doktor, es ist so gütig von Ihnen, derart kurzfristig zu kommen.«
    Â»Für Sie tue ich doch alles«, sagte sie und errötete.
    Wie seltsam, dass ihr Gesicht bei Mr. Dinks freundlichen Worten erglühte und ihre Augen strahlten. Ich hatte in Dr. Sadie eine starke und selbstsichere Frau gesehen, immun gegen Schwächen, innere Kämpfe und jeglichen Charme.
    Â»Sie kennen ja den Weg«, sagte Mr. Dink und wies auf eine Treppe, die in den Keller führte.
    Â»Sicher«, erwiderte Dr. Sadie.
    Â»Dann überlasse ich Sie Ihrer Aufgabe.« Damit verbeugte er sich und ging.
    Unter dem Palast der Illusionen befand sich ein ausgedehntes Gewölbe, das kein Ende nahm. Dies, so sagte Dr. Sadie, sei der Aufbewahrungsort für die Kostüme. Lichter entlang der Stufen wiesen uns den Weg hinab, und als ich schließlich in dieser Welt aus Volants, Kleidern und Zauberumhängen ankam, war ich ihr bereits verfallen.
    Bald empfing uns eine kleine weißhaarige junge Frau, deren bleiche Haut im Schein der Gaslampen bläulich schimmerte. Es war die Assistentin von Mr. Dinks Illusionisten.
    Â»Dr. Sadie«, sagte sie lächelnd. »Gut sehen Sie aus.«
    Â»Sie ebenfalls«, erwiderte der Doktor.
    Â»Und dies ist Mr. Dinks Cartes-de-visite -Mädchen?«
    Â»Genau das ist sie.«
    An mich gewandt, sagte Dr. Sadie: »Miss Fenwick, ich darf Ihnen die weise und allwissende Sylvia LeMar vorstellen, die beste Wahrsagerin von ganz New York.«
    Â»Sehr erfreut, Sie kennenzulernen«, sagte ich.
    Â»Ich weiß«, kam die Entgegnung.
    Während sie sich mit Dr. Sadie unterhielt, streckte ich den Arm nach einem der vielen Kleider an den vielen Stangen aus.
    Â»Nichts anfassen«, warnte Miss LeMar, ohne den Blick von Dr. Sadie abzuwenden. »Nein, nein,

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