Der verbotene Kuss (German Edition)
aussah. Er hatte absolut Recht: Sein Anblick schnürte ihr die Kehle zu, so dass sie glaubte, nicht genügend Sauerstoff zu bekommen. Sie nahm sich zusammen, es war gar nicht ihre Art, solche seltsamen Gedanken zu haben. Daran war aber bestimmt das Bier schuld. »Bis nach Hause reicht es noch. Sie können mir übrigens das Rad irgendwann mal nächste Woche zurückbringen. Ich brauche es jetzt nicht.«
»Okay.« Marc nickte.
»Dann fahr ich jetzt.«
»Auf Wiedersehen.«
»Bis Montag.« Lara radelte los. Sie musste sich große Mühe geben, sich nicht nach ihm umzudrehen. Plötzlich fiel ihr die richtige Antwort auf seine Frage ein, warum sie Sebastian geküsst habe. Sie hätte sagen müssen, dass Marc sie doch schließlich auch geküsst hatte, ohne dass es etwas bedeutete. Sie ärgerte sich darüber, dass es jetzt zu spät dafür war. Aber eines konnte sie noch ändern: Sie musste sich endlich irgendetwas einfallen lassen, um Marc endgültig aus ihren Träumen verbannen zu können.
Als sie hinter einer Biegung des schmalen Waldwegs verschwand, erinnerte sich Marc daran, dass er am Montag bei der Tagung in Barcelona sein würde. Aber sein Herz hüpfte dennoch. Lara war doch nicht mit Sebastian zusammen. Sie war frei. Und sie verachtete ihn nicht, das hatte er in ihren Augen gesehen. Nur bei dem Gedanken, dass er sie jetzt über eine Woche nicht sehen würde, fühlte er sich auf einmal ganz schlecht.
***
Als Lara in der Wohnung ankam, empfing sie dort ein lautes Stimmengewirr. Überrascht ging sie in die Küche und stellte fest, dass dort neben ihrer Mutter drei weitere ältere Damen saßen, eine davon ebenfalls im Rollstuhl. Sie unterhielten sich laut und zum Teil auch mit Gebärdensprache an dem Tisch, auf dem noch Essensreste standen. Erst als sie ihre Tasche abstellte und ein lautes »Guten Abend« in die Runde warf, sahen die Frauen auf.
Laras Mutter strahlte. »Guten Abend, Lara.« Sie zeigte auf ihre Tochter und stellte sie den Frauen vor. In ihrer Stimme schwang Stolz mit. Dann wandte sie sich an die gerade Angekommene und deutete mit der Hand auf eine der Gäste. »Darf ich dir vorstellen? Das ist Karla Seiterer.« Sie zeigte nun zu einer gedrungenen Frau mit lockigen Haaren und kleinen, blitzenden Augen, die direkt neben ihr saß. »Und das hier ist Carola Wegmann.« Die Frau im Rollstuhl war sehr zierlich, hatte aber eine energische Ausstrahlung und ein fröhliches Lachen. »Und Sabine Lemke.« Die war eine große Frau und wirkte ungeheuer drahtig und kraftvoll. »Sie haben auf meine Anzeige reagiert und wollen mit mir in dem Haus wohnen. Ist das nicht toll?«
Irene Richards strahlte wirklich über das ganze Gesicht. »Frau Seiterer ist gehörlos und Frau Lemke und Frau Wegmann sind beide gehbehindert. Wir würden wunderbar zusammen passen.«
Lara bemerkte jetzt die Krücken an der Seite der großen Frau. Sie waren alle im Alter ihrer Mutter und machten einen sehr lebendigen und fröhlichen Eindruck. Und mitten drin Irene, die sie noch nie so glücklich gesehen hatte.
Lara nickte lächelnd in die Runde. »Freut mich sehr, Sie kennenzulernen.« Dann sah sie wieder zu ihrer Mutter. »Habt ihr denn noch etwas Essen übrig gelassen?«
Ihre Mutter wirkte erschrocken und sah sie erstaunt an. »Ich dachte, du hast schon gegessen. Es ist leider nichts mehr da.« Sie sah ihre Tochter geknickt an, doch Lara lächelte. »Macht nichts. Da mach ich mir eben nur schnell ein Brot.«
Sie ging zum Kühlschrank, um sich die Zutaten zu holen. Ihr Mittagessen war wegen des medizinischen Zwischenfalls und Marcs Anwesenheit nur sehr kärglich ausgefallen, und der Sandkuchen zusammen mit dem Bier hatte nur ihre Zähne geschliffen, aber nicht ihren Magen befriedigt. Doch jetzt verspürte sie einen Bärenhunger. Hinter ihrem Rücken konnte sie ihre Mutter ausgelassen reden hören. Die anderen Frauen lachten über eine lustige Bemerkung. Eine übersetzte sie lautlos der Gehörlosen.
»Und Lara«, ihre Mutter wandte sich an sie. »Weißt du was? Wir werden zusammen genügend Geld auftreiben, um das Haus zu kaufen. Wir haben eben schon ein paar Konzepte entworfen. Du musst dir also keine Sorgen mehr machen.«
»Gut.« Lara bückte sich wieder zum Kühlschrank. Sie freute sich über die Begeisterung ihrer Mutter. Wahrscheinlich würde wirklich alles gut werden.
»Und noch etwas«, jetzt klang sie bittend. »Könntest du mir bitte später ein paar Sachen aus dem Keller zusammensuchen, die ich demnächst brauchen werde? Die alte
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