Der verbotene Kuss (German Edition)
Schreibmaschine zum Beispiel und die Stühle.«
»Stühle? Wozu brauchst du denn die Stühle?« Die Wohnung war so schon zu klein, mit noch mehr Stühlen würde sie jeden Tag Slalom oder Hürdenrennen laufen müssen.
»Nein, noch brauchen wir sie nicht, ich möchte nur wissen, wie viele es sind. Und kannst du auch nachsehen, ob die Hängeschränke noch unten sind, und der Küchenschrank?«
»Schon klar, Mutter. Du willst wissen, was du alles in das Haus mitnehmen kannst. Ich sehe dann nach.«
»Danke.« Irene drehte sich wieder zu ihren neugewonnenen Freundinnen, während sich Lara endlich ihrem Brot widmen konnte. Und in Ruhe diesen Gedanken weiterverfolgen, der ihr eben auf der Heimfahrt gekommen war.
Lauf nicht weg, Lara
Lara saß in ihrem Zimmer und beschloss, dass sie jetzt erst einmal eine Lösung für ihr Dilemma finden musste, bevor sie die Bitte ihrer Mutter erfüllen konnte. Sie starrte auf das Handy, das sie aus ihrer Hose genommen hatte.
Was wäre, wenn sie Sebastian tatsächlich nach London folgen würde? Er vergötterte sie, und sie mochte ihn auch sehr gern, mit ihm könnte sie eine Zukunft haben. Sie liebte ihn zwar nicht, aber eventuell würde sich das noch entwickeln. Er war ein guter Mann, hatte Humor und war attraktiv. Wie viele Paare hatten schon mit weniger begonnen? Vielleicht konnte sie in seiner Agentur arbeiten, oder wieder als Krankenschwester anfangen. Ihre Mutter wollte sich ja jetzt allein versorgen, es war also nicht mehr nötig, dass sie wegen ihr hier blieb. Und sie würde endlich Marc vergessen.
Sie wusste, dass sie, solange sie in seiner Nähe blieb, immer dieser Spannung zwischen ihnen ausgesetzt wäre, ständig diesen Zwiespalt spüren würde. Und das konnte sie auf die Dauer nicht aushalten. Alles, was sie jetzt tun müsste, wäre, das Handy in die Hand zu nehmen, Sebastians Nummer zu wählen und ihn zu fragen, ob er sie wirklich sofort mitnehmen wolle.
***
Als Lara etwas später in dem Keller ging, hatte sich draußen der Himmel stark bezogen. Ein frischer Wind wehte durch die Bäume und wirbelte lose Blätter auf, zischte durch das Kellerfenster und klapperte leise an einem wackeligen Blechgestell neben dem Lichtschacht. Durch die schwarzen Gewitterwolken war es so dunkel draußen, dass sich die Straßenlaternen anschalteten und kein Vogel mehr zu hören war.
Lara stieg die Treppe hinunter und öffnete das Vorhängeschloss an der Holztür.
Der Richards Keller war aufgeräumt und sehr sauber. Und dieses Mal brannte sogar das Licht einwandfrei. An der Stelle, wo sonst zwei der Fahrräder standen, gähnte jetzt ein Loch, aber das würde sich ja bald wieder ändern.
Sie sah nach, was ihre Mutter alles in das neue Haus mitnehmen konnte. Ein Küchenschrank befand sich tatsächlich darin. Er sah auch noch sehr gut aus. Zwei Regale standen an der Seite, die ohne Weiteres frei geräumt werden konnten, und in der Ecke waren sechs Stühle übereinander gestapelt. Wenn sie weiter forschte, würde sie bestimmt noch Geschirr und eine Lampe finden, denn sie erinnerte sich daran, die Sachen bei ihrem Umzug hergebracht zu haben. Außerdem befanden sich kistenweise Bücher hier unten; auch in den Hängeschränken, die auf dem Boden standen, lagen dicke Bücherstapel. Langweilen würde sich ihre Mutter auf keinen Fall in dem neuen Haus. Die Frauen schienen wirklich sehr nett zu sein. Jedenfalls waren sie voller Energie und darauf bedacht, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Gerade waren sie nach Hause gefahren, um noch mit trockener Haut davonzukommen. Es war eine gute Entscheidung, fand Lara, denn inzwischen donnerte es bedrohlich nahe. Gelegentlich hatte sie grelle Blitze gesehen, die sich in Bruchteilen von Sekunden auf die Erde schlängelten. Lara sah auf, denn plötzlich schlugen dicke Tropfen an das Fenster und ein gewaltiger Donnerschlag ließ das Haus erbeben. Jetzt ging das Unwetter richtig los.
Sie schloss das Kellergelass wieder zu, machte das Licht aus und wollte gerade nach oben gehen, als sie unter dem Plattern des Regens ein Geräusch am Kellerfenster hörte. Sie blieb stehen und lauschte. Es klang, als würde jemand das Fenster im Kellergang aufbrechen.
Vorsichtig schlich sie sich im Dunkeln in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, und sah zum Fenster. Es klapperte im Wind, auch das Blechgestell bewegte sich scheppernd. Draußen war es mittlerweile so finster, dass sie nicht feststellen konnte, was dort vor sich ging. Gerade als sie sich damit beruhigte,
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