Der verbotene Kuss (German Edition)
der Küche und sehe nach dem Kaffee. Ruf mich, wenn du fertig bist.«
Irene Richards nickte, während sie ihre Zähne bürstete. Lara wollte gerade die Tür schließen, als sie noch einmal die Stimme ihrer Mutter hörte. »Ich kann mir die Zahnbürste übrigens alleine in den Mund stecken. Aber trotzdem, danke.«
Ich weiß, dachte Lara und fühlte sich schlecht, dass sie ihre Mutter eben so zum Schweigen gebracht hatte. Aber sie musste auf jeden Fall verhindern, dass sie irgendetwas von den Ereignissen der vergangenen Nacht mitbekam. Deshalb war es auch dringend nötig, sich noch schnell eine gute Geschichte einfallen zu lassen, um die Anwesenheit des Glasers zu erklären.
Doch das war leichter gesagt als getan. Als Lara am Toaster stand, ohne eine plausible Erklärung gefunden zu haben, wurde sie immer unruhiger. Wenn sie die Story vom Sommersturm wiederholte, würde sich ihre Mutter wundern, dass der Sturm nur in Meyerhoffs Arbeitszimmer gewütet und den Rest des Gartens und überhaupt die ganze Gegend verschont hatte. Aber auch die Geschichte mit dem Fußball spielenden Nachbarsjungen konnte nicht funktionieren. Das Grundstück der Meyerhoffs war so groß, dass es nicht einmal Ronaldo gelingen würde, von der Straße oder vom Nachbargrundstück einen Fußball in das Fenster des Arbeitszimmers zu treten, ohne dass der im riesigen Pool, in den Rosen oder auf dem gigantischen Rasen landete. Wenn sie sagte, sie selbst habe aus Versehen das Fenster beschädigt, würde sich ihre Mutter wundern, was Lara denn in dem Zimmer gemacht hätte, da es keinen Grund gab, den Raum zu betreten, wenn man nicht Franz Meyerhoff hieß.
Lara seufzte. Und wenn sie ihrer Mutter die Wahrheit erzählte, würde die sich Sorgen machen. Lara müsste ihr erklären, warum sie den Meyerhoffs niemals etwas von dem Einbruch sagen konnte, Irene Richards würde von der Angst ihrer Tochter, den Anforderungen ihres Chefs nicht zu genügen, erfahren und sich noch mehr Sorgen machen. Es war eine richtig verzwickte Angelegenheit.
Der Lift an der Hinterseite des Hauses summte leise und kündete an, dass Irene Richards auf dem Weg in die Küche war. Lara stellte das Brot auf den Tisch und setzte ihr ruhiges und bestimmtes Lächeln auf, das sie sich damals im Krankenhaus angewöhnt hatte. Und als ihre Mutter in Richtung Küche rollte und erstaunt Lärm im Arbeitszimmer von Franz Meyerhoff vernahm, fiel Lara plötzlich die passende Erklärung ein. Nachvollziehbar und absolut plausibel. Sie sah ihrer Mutter fest in die Augen und log: »Das ist der Glaser, den die Meyerhoffs bestellt hatten. Sie wollten ein Fenster ausbessern lassen und hatten völlig vergessen, dass er heute kommen sollte. Zum Glück sind wir noch da. Kaffee?«
Irene Richards nickte erfreut. Lara beugte sich mit der Kaffeekanne über den Tisch, um einzugießen und hoffte, dass ihre Nase eben nicht um ein paar Zentimeter gewachsen war.
Überraschung am Morgen bringt Kummer und Sorgen
Das Leben in der Stadt war längst erwacht, als Lara der Werbeagentur von Franz Meyerhoff entgegenfuhr. Auf den Straßen krochen Autokarawanen wie Schlangen über den Asphalt, versperrten Lieferfahrzeuge für Supermärkte die Fahrbahn. Radfahrer hatten Mühe, den Abgasen und den Manövern der Laster zu entgehen, und ein paar vereinzelte Fußgänger warteten vergeblich darauf, die Straße kreuzen zu können, denn die blecherne Schlange riss nicht ab. In den äußeren Vierteln hingegen war es wesentlich ruhiger. Eine frühe Amsel zwitscherte glücklich über die Morgenidylle von einem Dachfirst den Tag herbei, eine Katze schlich über das Kopfsteinpflaster auf der Suche nach einem geeigneten Frühstück und verschwand schließlich in der Dunkelheit hinter einem verfallenen Kellerfenster. Die Blätter der Bäume am Marktplatz wiegten sich im warmen Sommerwind und schienen mit dem plätschernden Brunnen einen Plausch abzuhalten. Es war sehr friedlich an diesem Sommermorgen fernab der großen Straßen, im Sommer schien besonders am Stadtrand das Leben gemächlich abzulaufen.
Obwohl Lara heute relativ spät im Büro erschien, war sie wie so oft die erste, die die Agentur betrat. Abends machten viele Mitarbeiter, wenn gerade ein wichtiger Auftrag vorlag, Überstunden, aber morgens schien es den meisten zu Hause doch besser zu gefallen. Besonders montags. Die Werbe-Agentur war zwar klein, aber sie lief bestens. Sie bekam Aufträge von Firmen aus ganz Deutschland, vereinzelt sogar aus der ganzen Welt. Momentan
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