Der verbotene Kuss
ich. Ein Tunichtgut, der es nicht verdient hat, eine anständige Frau zu heiraten. Ich bin ein Mann, dem keine vernünftige Frau traut.“ Er ergriff Felicity bei der Taille und zog sie eng an sich. „Warum sollte ich Sie dann anders behandeln als die Tausende von Frauen, die ich missbraucht habe?“
„Wirklich! Sie verdammter . . .“
Er ließ ihr nicht die Zeit, den Satz zu vollenden. Stürmisch drückte er den Mund auf ihren.
Das schockierte sie derart, dass sie einen Moment lang wie erstarrt war. Es war Ewigkeiten her, seit ein Mann ihr einen Kuss geraubt hatte. Damals war das einer von Papas Gönnern gewesen.
Das war ein schreckliches Erlebnis gewesen. Jetzt war es das nicht.
Der Kuss war bezwingend, wohingegen der andere wüst gewesen war. Er war bezaubernd, im Gegensatz zu dem anderen, den sie als abstoßend empfunden hatte. Sie war nicht empört, obwohl der Viscount sie überwältigt hatte und sich nicht um Sitte und Anstand kümmerte. Im Gegenteil! Sein Kuss erweckte in ihr Gefühle, die sie ganz bestimmt noch nie für einen anderen Mann aufgebracht hatte. Und zu ihrem Entsetzen war sie enttäuscht, als Lord St. Clair sie losließ und einen Schritt rückwärts ging.
Die Hitze brannte ihr in den Wangen, und das ärgerte sie. Sie errötete nie, da so gut wie nichts sie in Verlegenheit brachte. Unfassbar, dass der verdammte Viscount sie zum Erröten gebracht hatte!
„Ich merke, dass ich Ihnen die Sprache verschlagen habe.“ Sein Blick schweifte über Felicity und verweilte auf ihren brennenden Lippen. „Das hätte ich nicht für möglich gehalten. “
Sie ignorierte die Kränkung. „Ist das die Art, wie Sie alle Ihre Feinde einschüchtern?“
„Nur die hübschen.“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Sie machen keinen sonderlich eingeschüchterten Eindruck auf mich. Ich kann nicht mehr sehr überzeugend sein.“
„Bei mir ist sehr viel mehr nötig als ein grober Kuss, um mich einzuschüchtern.“
„Ach, wirklich?“ Ein teuflisches Lächeln erschien um Lord St. Clairs Lippen, während er Felicity erneut an der Taille festhielt. Als sie sich ihm entziehen wollte, umfasste er ihr Kinn und hielt ihren Kopf fest. „Die Herausforderung nehme ich gerne an.“
Felicity versteifte sich und war bereit, sich jetzt zu wehren. Er überraschte sie jedoch. Seine Lippen streiften ihre nur sehr flüchtig, mit einer Leichtigkeit, die ihr eine Gänsehaut erzeugte. Betörend und verführerisch spielte er mit ihren Lippen, und der Kuss war so verlockend wie eine Süßigkeit für ein hungriges Kind.
Bis jetzt hat Felicity nicht gewusst, wie sehr sie nach so etwas hungerte. Sie hungerte nach etwas Unbekanntem, Erregendem. Dann küsste Lord St. Clair sie fester, und ihre Welt geriet aus den Fugen. Seine Finger glitten leicht über ihre Wange und hinterließen eine brennende, prickelnde Spur.
Mit dem Daumen drückte er ihr das Kinn herunter und zwang sie, den Mund zu öffnen. Die plötzliche Intimität, seine Zunge zu spüren, ließ Felicity sich versteifen, doch er strich ihr beruhigend über den Nacken und die bloße Schulter. Als sie sich entspannte, küsste er sie noch intensiver und erkundete ihren Mund auf eine so berückende Weise, dass sie befürchtete, den Verstand zu verlieren.
Mit einer so entwaffnenden Zärtlichkeit hatte sie nicht gerechnet. Männer seines Schlages behandelten Frauen nicht so rücksichtsvoll, oder doch?
Einem Impuls gehorchend, schob sie zaghaft ihre Zunge in Lord St. Clairs Mund. Aufstöhnend presste er sie fest an sich und küsste sie sehr viel besitzergreifender. Seine elende Selbstbeherrschung war dahin. Das spürte Felicity.
Ihr schwirrte der Kopf, und sie empfand köstliche Reize, die sie von Kopf bis Fuß durchrieselten. Eigenartigerweise ängstigte sie sich nicht und hatte auch nicht den Wunsch, Seiner Lordschaft Einhalt zu gebieten. Dem kalten, berechnenden Viscount hätte sie nie erlaubt, ihr in dieser Weise zu nahe zu treten, doch dem warmherzigen Menschen, dessen warme Hände über ihre Rippen, ihre Taille, ihre Hüfte glitten, konnte sie nichts versagen. Mit der Zunge erkundete er ihren Mund, als sei sie sein Eigentum, und begierig lieferte sie sich ihm aus.
Plötzlich drangen Geräusche in ihr Bewusstsein, die ihre wohlige Benommenheit zerstörten und sie daran erinnerten, warum es sich nicht gehörte, sich so zu benehmen. Zumindest nicht auf dem Altan. Sie löste sich vom Viscount und murmelte: „Lord St. Clair . . .“
„Nennen Sie mich Ian“, forderte er, und
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