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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Vlad in gedämpfterem Ton hinzu. »Seitdem malt er farbige Kringel auf seine Hand, ohne ein Wort zu sagen.«
    »Und die anderen Männer?«
    »Kiseljevo ist relativ verschont geblieben. Denn hier lässt man Frauen und Kinder nicht allein im Dorf. Viele konnten sich verstecken, viele sind dageblieben. Sprechen Sie nicht vom Wald, Kommissar.«
    »Es steht im Zusammenhang mit meiner Ermittlung, Vlad.«
    »Plog«, sagte Vladislav und hob den Finger, was dem Laut eine neue Bedeutung gab: Hat nichts miteinander zu tun.
    Danica, die ihre blonden Strähnen aufgesteckt hatte, brachte ihnen das Dessert und stellte ungefragt zwei kleine Gläser vor sie hin.
    »Vorsicht«, riet Vlad. »Das ist Rakija.«
    »Was heißt das?«
    »Ein Obstgeist.«
    »Ich meine die Inschrift auf dem Stein.«
    Vladislav schob das Blatt lächelnd von sich, wie alle Kenner von Kisilova wusste er die Inschrift auswendig.
    »Nur ein ungebildeter Francuz kann bei dem schrecklichen Namen Peter Plogojowitz nicht zusammenzucken. Die Geschichte ist so berühmt in Europa, dass man sie schon nicht mehr erzählt. Fragen Sie Danglard, er kennt sie bestimmt.«
    »Ich habe ihm davon berichtet. Er kennt sie.«
    »Das wundert mich nicht bei ihm. Was sagt er dazu?«
    »Blödsinn.«
    »Adrianus enttäuscht mich nie.«
    »Vlad, was steht auf dieser Stele geschrieben?«
    »Der du an diesen Stein kommst« , rezitierte Vlad, »geh deines Weges, dreh dich nicht um und pflücke nichts ringsumher. Hier liegt begraben der Verdammte Petar Bla gojević, gestorben 1725 im Alter von 62 Jahren. M öge seine fluchbeladene Seele Frieden finden.«
    »Warum stehen zwei Namen da?«
    »Es ist derselbe. Plogojowitz ist die österreichische Version von Blagojević. Zu der Zeit, als er hier lebte, stand das Gebiet unt er habsburgischer Herrschaft.«
    »Weshalb wurde er verdammt?«
    »Weil 1725 der Bauer Peter Plogojowitz in Kisilova, seinem Heimatdorf, starb.«
    »Beginnen Sie nicht mit seinem Tod. Sagen Sie mir, was er im Leben getan hat.«
    »Aber sein Leben ist erst nach seinem Tod grausig geworden. Drei Tage nach seiner Beerdigung ist Plogojowitz in der Nacht bei seiner Frau erschienen und hat ein Paar Schuhe von ihr verlangt, damit er reisen könne.«
    »Schuhe?«
    »Ja. Er hatte sie vergessen. Wollen Sie’s immer noch wissen, oder begreifen Sie, dass es Blödsinn ist?«
    »Erzählen Sie weiter, Vlad. Ich erinnere mich dunkel, diese Geschichte von einem Toten, der seine Schuhe haben wollte, schon mal gehört zu haben.«
    »In den zehn Wochen, die auf seinen Besuch folgten, gab es unter den Bewohnern des Dorfes neun plötzliche Todesfälle, alles nahe Verwandte von Plogojowitz. Sie verloren ihr Blut und starben vor Erschöpfung. In ihrer Agonie sagten sie aus, sie hätten Plogojowitz gesehen, wie er sich über sie beugte oder sich sogar auf sie drauflegte. Panik ergriff die Bewohner, sie waren überzeugt, dass Plogojowitz ein Vampir geworden war, der kam, um ihnen ihr Leben auszusaugen. Und auf einmal sprach ganz Europa nur noch von ihm. Wegen Plogojowitz, wegen Kisilova, wo du heute Abend Rakija trinkst, taucht das Wort vampir zum ersten Mal außerhalb dieser Gegend auf.«
    »Tatsächlich?«
    »Plog. Denn nach über zwei Monaten waren die Dörfler entschlossen, sein Grab zu öffnen, um ihn zu vernichten, aber die Kirche verbietet das ausdrücklich. Die Gemüter erregten sich, die Reichsverwaltung schickte ihre zivilen und geistlichen Amtsträger, um die Empörung zu beschwichtigen. Selbige sahen der Exhumierung machtlos zu. Aber sie beobachteten alles und beschrieben es. Der Körper des Peter Plogojowitz zeigte nicht die geringsten Spuren von Verwesung. Er war vollkommen intakt und hatte eine ganz frische Haut.«
    »Wie jene Frau in London. Eine gewisse Elizabeth, deren Mann ihren Sarg nach sieben Jahren öffnete, um seine Gedichte herauszunehmen. Sie sah aus wie neugeboren.«
    »War sie eine Vampirin?«
    »Wenn ich richtig verstanden habe, ja.«
    »Dann ist das normal. Die alte Haut von Plogojowitz und seine alten Fingernägel lagen abgeschält im Erdreich. Blut trat ihm aus dem Mund und aus allen Körperöffnungen, aus der Nase, den Augen und den Ohren. All diese Tatsachen wurden von den österreichischen Beamten gewissenhaft festgehalten. Peter hatte sein Leichentuch gegessen, und sein Glied war erigiert, ein Detail, das in den Berichten generell unterschlagen wurde. Die entsetzten Bauern spitzten einen Pfahl an und durchbohrten ihm das Herz.«
    »Ließ er ein Röcheln

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