Der verbotene Turm - 11
recht, wenn er ihn in diesem Zustand sah. Doch dann wurde ihm klar, dass das immer noch terranisches Denken war. Er konnte sich nicht vor Damons Schmerz zur ü ckziehen, weil es sein eigener Schmerz war, und eine Bedrohung Damons war eine Bedrohung seiner selbst. Er musste Damons Schw ä che und Furcht akzeptieren, wie er alles andere an ihm akzeptierte, seine Liebe und seine F ü rsorge.
Ja, Liebe. Andrew dr ü ckte den schluchzenden Damon an sich, und Damons Entsetzen schlug ü ber ihm zusammen wie eine Springflut. Jetzt erkannte er, dass er Damon liebte wie sich selbst, wie er Callista und Ellemir liebte – er war ebenso Teil von ihnen. Von allem Anfang an hatte Damon das gewusst und richtig gefunden, aber er, Andrew, hatte sich immer zur ü ckgehalten, hatte sich gesagt, ja, Damon sei sein Freund, aber die Freundschaft habe ihre Grenzen, und gewisse Dinge seien eben ungeh ö rig.
Er hatte es ü bel genommen, als Damon und Ellemir sich in seinen Versuch einmischten, seine Ehe zu vollziehen. Er hatte versucht, sich mit Callista zu isolieren, weil sein Gef ü hl ihm sagte, seine Liebe zu ihr k ö nne und wolle er nicht teilen. Er hatte sich ü ber Damons enge Verbundenheit mit Callista ge ä rgert, und nie, das erkannte er jetzt, hatte er richtig verstanden, aus welchem Grund Ellemir sich ihm angeboten hatte. Er hatte sich gesch ä mt und vor Verlegenheit gewunden, als Damon ihn mit Ellemir fand, obwohl er sein Einverst ä ndnis vorausgesetzt hatte. Er hatte seine Beziehung zu Ellemir als etwas betrachtet, das mit Damon ebenso wenig zu tun hatte wie mit Callista. Und als Damon seine Euphorie, seine ü berfließende Liebe f ü r sie alle teilen, Andrews eigenen unausgesprochen Wunsch ausdr ü cken wollte – Ich w ü nschte, ich k ö nnte euch alle gleichzeitig lieben –, da hatte er ihn mit unvorstellbarer Grausamkeit zur ü ckgestoßen und die zerbrechliche Verbindung zerrissen.
Er hatte sich sogar dar ü ber Gedanken gemacht, ob sie beide die falsche Frau geheiratet h ä tten. Aber er, Andrew, war derjenige, der Unrecht hatte, das wusste er jetzt.
Sie waren nicht zwei Paare, die die Partner tauschten. Sie geh ö rten alle vier zusammen, und das Band zwischen Damon und ihm war ebenso stark wie zwischen dem einen oder anderen von ihnen und den Frauen.
In diesem Augenblick drang Andrew in Tiefen der Selbsterkenntnis vor, in die er sich noch nie gewagt hatte. Vielleicht war das Band zwischen Damon und ihm sogar st ä rker. Denn jeder konnte im anderen sein Spiegelbild sehen, eine Art Best ä tigung der eigenen Mannheit finden. Er verstand jetzt, was Damon gemeint hatte, als er sagte, er liebe Andrews M ä nnlichkeit ebenso wie die Weiblichkeit der Frauen. Und es war nicht das, was Andrew gef ü rchtet hatte.
Jetzt kam es ihm unglaublich vor, dass er in Damons Ber ü hrung jemals eine Bedrohung seiner M ä nnlichkeit gesehen hatte. Sie best ä tigte vielmehr etwas, das sie teilten, es war eine Art, sich gegenseitig zu versichern, was sie waren. Er h ä tte sich dar ü ber freuen sollen als ein Mittel, den Kreis zu schließen, sich bewusst zu machen, was sie alle sich gegenseitig bedeuteten. Aber er hatte ihn zur ü ckgestoßen, und jetzt konnte Damon in seiner Qual, die er nicht mit den Frauen zu teilen vermochte, sich ihm nicht einmal zuwenden, um Kraft zu finden. Und wohin sollte er sich wenden, wenn nicht an seinen geschworenen Bruder?
Bredu , fl ü sterte Andrew noch einmal und dr ü ckte Damon an sich. Vom Anfang an hatte er sich als Damons Besch ü tzer gef ü hlt, nur hatte er nie gewusst, wie er dies Gef ü hl ausdr ü cken sollte. Seine eigenen Augen waren blind vor Tr ä nen. Die Ungeheuerlichkeit dessen, was er tat, ä ngstigte ihn, aber er wollte nicht mehr zur ü ck.
Bredin. Auf der Erde gab es nichts dieser Beziehung ä hnliches.
Einmal hatte er, nach einer Analogie suchend, Damon gegen ü ber den Ritus der Blutsbr ü derschaft erw ä hnt. Damon hatte sich vor Abscheu gesch ü ttelt und gesagt: Die bei uns am strengsten zwischen Br ü dern verbotene Tat ist es, des anderen Blut zu vergießen. Manchmal tauschen Bredin ihre Messer aus als Gel ü bde, dass sie niemals gegeneinander k ä mpfen werden, weil das Messer, das der eine Bruder tr ä gt, dem anderen Bruder geh ö rt. Trotzdem hatte er sich bem ü ht zu verstehen, was Andrew mit einer Blutsbruderschaft meinte, und er hatte einger ä umt, ja die emotionale Bedeutung sei die gleiche. Andrew, der in seinen eigenen Symbolen dachte, weil er sich
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