Der verbotene Turm - 11
wenn du es nicht selbst m ö chtest. Er fasste mit beiden H ä nden ihre Schultern. Verstehst du, Callista? Ich werde mich ihnen widersetzen! Hast du den Mut, es ebenfalls zu tun? Bist du stark genug, an meiner Seite zu stehen, oder wirst du wie ein nasser Lumpen zusammenbrechen und damit der Sache unserer Ankl ä ger dienen?
Seine Stimme klang unerbittlich, und seine H ä nde auf ihren Schultern taten ihr weh. Wir k ö nnen uns mutig zu dem bekennen, was wir getan haben, und uns ihnen widersetzen. Aber wenn du es nicht tust, wirst du Andrew verlieren, und mich auch, das mache dir klar. Willst du zur ü ck nach Arilinn, Callista? Er hob eine Hand zu ihrem Gesicht und fuhr mit leichtem Finger die roten Male auf ihrer Wange nach. Du hast immer noch die Wahl, du bist immer noch Jungfrau. Diese T ü r bleibt offen, bis du sie selbst schließt.
Ihre Hand wanderte zu der Matrix an ihrer Kehle. Ich habe meinen Eid aus freiem Willen zur ü ckgegeben; ich habe nie daran gedacht, ihn zu brechen.
Es w ä re leicht gewesen, ein f ü r alle Mal eine klare Entscheidung zu treffen , sagte Damon. Was du jetzt tun musst, ist schwerer. Aber du bist eine Frau und stehst unter Vormundschaft. Ist es dein Wille, dass ich im Rat f ü r dich antworte, Callista?
Sie sch ü ttelte seine Hand ab. Ich bin Comynara, und ich war Callista von Arilinn. Ich brauche keinen Mann, der f ü r mich antwortet! Sie drehte sich um und ging auf das Zimmer zu, das sie mit Andrew teilte. Ich werde bereit sein!
Damon begab sich in sein eigenes Zimmer. Er hatte absichtlich ihren Widerspruch hervorgerufen, aber er musste damit rechnen, dass er sich ebenso gut gegen ihn richten konnte.
Er selbst war ganz auf Herausforderung eingestimmt. Er w ü rde seinen Ankl ä gern nicht wie ein vor Gericht gezerrter Dieb gegen ü bertreten! Damon legte seine besten Kleider an, Jacke und Breeches aus Leder in den Farben seiner Dom ä ne. Am G ü rtel trug er einen juwelenbesetzten Dolch. Er suchte in seinen Sachen nach einem Halsschmuck mit Feuersteinen, und dabei fiel ihm in einer Schublade ein in ein Tuch gewickeltes P ä ckchen in die H ä nde.
Es war der Vorrat an Kireseth-Bl ü ten, den er, ohne zu wissen, warum, aus Callistas Destillierraum mitgenommen hatte.
Ihn hatte ein Impuls getrieben, den er immer noch nicht verstand. Es mochte eine Vorausschau von der Dauer eines Blitzes gewesen sein oder etwas noch Undeutlicheres. Weder Callista noch sonst jemandem hatte er erkl ä ren k ö nnen, warum er es getan hatte.
Aber jetzt, als er die Kireseth-Bl ü ten in der Hand hielt, wusste er es. Er konnte nicht entscheiden, ob es der leise Duft nach den ö len war, der aus dem Tuch aufstieg – allgemein bekannt war, dass er Hellsichtigkeit stimulierte –, oder ob sein Verstand, nun er alle Informationen besaß, ohne bewusste Anstrengung pl ö tzlich zu einer Synthese gelangt war. Jedenfalls wusste er mit einem Mal, was Varzil ihm mitzuteilen versucht hatte und um was es sich bei dem Jahresende-Ritual gehandelt haben musste.
Anders als Callista wusste er genau, warum der Gebrauch des Kireseth verboten war, solange er nicht zu der als Kirian bekannten fl ü chtigen Essenz destilliert und aufgespalten war. Dom Estebans Erz ä hlung hatte die Erinnerung wachgerufen. Kireseth, die blaue Sternblume, die Cassilda in der Legende Hastur darbot, und die die Goldene Glocke genannt wurde, wenn die Pollen die Bl ü tenbl ä tter bedeckten, war unter anderem ein starkes Aphrodisiakum. Es beseitigte Hemmungen und Kontrollen, und jetzt f ü gten sich alle Glieder der Kette zusammen.
Die Gem ä lde in der Kapelle. Dom Estebans Erz ä hlung, ü ber die sich Ferrika entr ü stet hatte. Denn Ferrika hatte ihren Eid bei den Freien Amazonen abgelegt, die nicht heirateten und die Ehe als eine Form der Sklaverei betrachteten. Die einzigartige Illusion, die Andrew und Callista zur Zeit der Winterbl ü te geteilt hatten – nur wusste Damon jetzt, dass es keine Illusion gewesen war, obwohl Callista unmittelbar danach ganz saubere Kan ä le gehabt hatte. Und Varzils Rat .
Der Schl ü ssel war das Tabu. Kireseth war nicht verboten, weil sich damit Unsauberkeit und L ü sternheit verbanden, wie er immer geglaubt hatte, sondern wegen seiner Heiligkeit.
Hinter ihm sagte Ellemir nerv ö s: Es ist Zeit. Was hast du da, Liebster?
Die Erinnerung an das Tabu, das seit seiner Kindheit schwer auf ihm gelegen hatte, ließ ihn sich schuldig f ü hlen. Schnell warf er die Bl ü ten, noch in das Tuch eingewickelt, in
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