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Der verbotene Turm - 11

Der verbotene Turm - 11

Titel: Der verbotene Turm - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Ellemir kam sie beinahe wirklich wie ein Kind vor – erlaubte Callista ihrer Zwillingsschwester, sie auszuziehen und die Farbe zu entfernen, mit der sie die roten Male auf ihren Wangen verborgen hatte, ihr das lange Haar auszub ü rsten und sie in ein Nachtgewand zu stecken. Die Ber ü hrung bewirkte, dass ihre Gedanken ganz offen voreinander dalagen. Auch Ellemirs Abschirmung war unter dem Einfluss des Kireseth gefallen. Alle die Erinnerungen stiegen in ihr auf, die Callista nicht hatte teilen k ö nnen, als sie am Abend vor ihrer Hochzeit den z ö gernden Versuch gemacht hatten, sich gegenseitig ihre Erlebnisse anzuvertrauen.
Ellemir f ü hlte und erlebte mit Callista die Konditionierung, die sie mit eiserner Disziplin auch eine zuf ä llige Ber ü hrung einer
    menschlichen Hand vermeiden ließ. ü berw ä ltigt von Entsetzen blick
    te sie auf die kleinen verheilten Narben an Callistas H ä nden und Handgelenken und wurde von der k ö rperlichen und seelischen Qual jener ersten furchtbaren Jahre im Turm ü berflutet. Und Damon war Teil davon gewesen! Einen Augenblick lang teilte sie Callistas verborgenen Groll, den Zorn, dem sie niemals Worte oder ein Ventil gegeben hatte und der eine Spannung erzeugte, die sich nur durch die fokussierte Energie in den Matrix-Schirmen und Relais entladen konnte.
    Mit Callista durchlitt sie von neuem das langsame, unvermeidliche Absterben normaler k ö rperlicher Reaktionen, die Bet ä ubung physischer Reflexe, die Verh ä rtung von Geist und K ö rper zu einem undurchdringlichen Schutzschirm. Nach dem dritten Jahr in Arilinn hatte Callista sich nicht mehr einsam gef ü hlt, hatte nicht mehr nach menschlichem Kontakt oder emotionaler Nahrung gehungert.
    Sie war eine Bewahrerin.
Es war ein Wunder, sagte sich Ellemir, dass ihr noch menschliches Mitleid, ü berhaupt noch ein echtes Gef ü hl geblieben war. In ein paar wenigen Jahren w ä re es zu sp ä t gewesen; selbst Kireseth h ä tte den harten Panzer, den Abdruck so großer Spannung im Geist nicht mehr aufl ö sen k ö nnen.
Doch nun hatte der Kireseth Callistas Konditionierung abgebaut und sie als zitterndes Kind zur ü ckgelassen. Ihr Geist war frei, und ihr K ö rper lag nicht mehr in den Banden anerzogener Reflexe, aber damit war auch alles an verstandesm ä ßiger Einsicht und Reife verschwunden, auf die sich Callista bisher gest ü tzt hatte, und sie war zu einem ver ä ngstigten kleinen M ä dchen geworden. Mit tiefem Mitleid erkannte Ellemir, dass Callista j ü nger war als sie selbst zu der Zeit, in der sie ihren ersten Liebhaber hatte.
Nach der Befreiung h ä tten Callista ein oder zwei Jahre geg ö nnt sein m ü ssen, in denen sie erwachsen werden und sich erst gef ü hlsm ä ßig und dann k ö rperlich der Liebe bewusst h ä tte werden k ö nnen. Aber so viel Zeit hatte sie nicht. Sie hatte nur die heutige Nacht, um eine Kluft von Jahren zu ü berbr ü cken.
Ellemir nahm das zitternde M ä dchen in ihre Arme und w ü nschte sich, sie k ö nne Callista etwas von ihrer eigenen Bereitwilligkeit abgeben. An Mut fehlte es Callista nicht – niemand, der diese Art von Ausbildung ü berstanden hatte, konnte feige sein. Sie w ü rde sich hart machen, w ü rde den Vollzug der Ehe ü ber sich ergehen lassen, damit sie morgen vor dem Rat beschw ö ren konnte, es sei geschehen. Aber Ellemir f ü rchtete, es w ü rde f ü r sie eine Qual, eine Mutprobe sein, nicht die Seligkeit, die es h ä tte sein sollen.
Es war grausam, entschied Ellemir. Sie forderten von einem Kind, es solle seiner Vergewaltigung zustimmen – denn das w ü rde es im Grunde sein.
Callista war nicht die Erste. So viele Comyn-Frauen wurden fast noch als Kinder mit M ä nnern verheiratet, die sie kaum kannten und nicht liebten. Callista hatte Mut, also w ü rde sie nicht rebellieren. Und sie liebte Andrew wirklich. Und trotzdem, dachte Ellemir, welch eine grauenvolle Hochzeitsnacht f ü r das arme Kind!
Zeit war das Einzige, was Callista brauchte, und das Einzige, was Ellemir ihr nicht geben konnte.
Sie sp ü rte Callistas z ö gernde gedankliche Ber ü hrung, die nach Trost suchte, und pl ö tzlich ging ihr auf, dass es doch eine M ö glichkeit gab, ihre eigene Erfahrung mit ihrer Zwillingsschwester zu teilen. Sie waren beide Telepathen. Ellemir hatte immer an ihrem eigenen Laran gezweifelt, aber unter dem Kireseth entdeckte auch sie ein neues Potenzial, ein Wachsen.
Zuversichtlich ergriff sie Callistas H ä nde und ließ ihre Gedanken zur ü ckwandern in

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