Der verbotene Turm - 11
bereit gewesen war, die Verantwortung f ü r eine schmutzige Episode auf sich zu nehmen. Uneheliche Abstammung war kein Makel. Wenn eine Frau einen Comyn-Sohn gebar, war es f ü r sie und das Kind eine Ehre, aber die h ä sslichste Beschimpfung, die es in der Casta-Sprache gab, hieß ü bersetzt von sechs V ä tern gezeugt .
Und selbst das h ä tte vermieden werden k ö nnen, wie Damon wusste. Eine ü berwachung des M ä dchens w ä hrend der Schwangerschaft h ä tte feststellen k ö nnen, wessen Samen das Kind gezeugt hatte. Mit einem Gef ü hl, das der Verzweiflung sehr nahe kam, dachte Damon, dass an der Weise, wie Telepathen auf Darkover eingesetzt wurden, etwas ganz verkehrt war.
Aber jetzt war es f ü r alle diese Maßnahmen zu sp ä t. F ü r das, was Dezi getan hatte, gab es nur eine Strafe. Damon wusste es, Dom Esteban wusste es, und Dezi, das sah Damon deutlich, wusste es auch. Sp ä ter in dieser Nacht brachten sie ihn, an H ä nden und F ü ßen gefesselt und halb tot vor Angst, zu Damon. Sie hatten ihn im Stall gefunden, wo er sein Pferd sattelte. Er hatte hinaus in den Blizzard gewollt. Drei von Estebans Gardisten waren n ö tig gewesen, um ihn zu ü berw ä ltigen.
Nach Damons Meinung h ä tte man ihn fortreiten lassen sollen. Im Sturm h ä tte er den gleichen Tod gefunden, den er Andrew zugedacht hatte, einen unverst ü mmelten Tod, und das w ä re Gerechtigkeit gewesen. Aber Damon war durch den gleichen Eid gebunden, den Dezi gebrochen hatte.
Andrew sagte sich, dass auch er lieber im Blizzard umgekommen als dem glosenden Zorn entgegengetreten w ä re, den er in Damon sp ü rte. Er konnte sich des Mitleids mit Dezi nicht erwehren, als der Junge hereingebracht wurde, d ü nn und ver ä ngstigt und j ü nger aussehend, als er war. Er wirkte nicht viel ä lter als zehn, so dass die Stricke, die ihn banden, eine monstr ö se Ungerechtigkeit und Folter zu sein schienen.
Warum ü berließ Damon den Jungen nicht einfach ihm, fragte sich Andrew. Er w ü rde ihn t ü chtig verpr ü geln, und f ü r einen Burschen seines Alters sollte das genug sein. Das sagte er Damon, aber der altere Mann machte sich nicht einmal die M ü he, ihm zu antworten. Es gab auch nichts mehr dar ü ber zu reden.
Andrew w ü rde andernfalls nie mehr sicher sein. Von einem Messer im R ü cken bis zu einem m ö rderischen Gedanken konnte ihn alles treffen. Dezi war ein Alton, und ein m ö rderischer Gedanke vermochte zu t ö ten. Er h ä tte schon beinahe Erfolg damit gehabt. Dezi war kein Kind. Dem Gesetz der Dom ä nen nach konnte er sich duellieren, einen Sohn anerkennen und f ü r ein Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden.
Jetzt sah Andrew mit Bangen auf den zitternden Dezi und auf Damon. Wie alle M ä nner, die schnell in kurzlebigen Zorn geraten, hatte Andrew keine Erfahrung mit dem zur ü ckgehaltenen Groll oder der Wut, die sich nach innen kehrt und den z ü rnenden Mann ebenso auffrisst wie sein Opfer. Das war es; was er jetzt in Damon sp ü rte, und er konnte eine tr ü brote Glut wie von einem Schmelzofen rings um ihn wahrnehmen. Das Gesicht des Comyn-Lords war bleich, seine Augen blickten ausdruckslos.
Dezi, ich wage kaum zu hoffen, dass du es mir und dir leicht machen wirst, aber ich will dir die M ö glichkeit bieten, obwohl das mehr ist, als du verdienst. Willst du freiwillig daran mitarbeiten, unsere Schwingungen aufeinander abzustimmen, und mich deine Matrix ohne Widerstand nehmen lassen?
Dezi antwortete nicht. Aus seinen Augen flammte bitterer, trotziger Hass. Damon bedauerte die Verschwendung. Dezi war so begabt. Es grauste Damon vor der Intimit ä t, die einzugehen er gezwungen war, der Intimit ä t zwischen Folterer und Gefoltertem. Ich will ihn nicht t ö ten, aber wahrscheinlich werde ich ihn t ö ten m ü ssen. Gn ä diger Avarra, ich will ihm nicht einmal wehtun!
Doch auch wenn er erschauerte, er musste es tun. Mit krampfhaftem Griff schlossen sich seine Finger ü ber der Matrix, die in ihrer Isolation aus Leder und Seide an seinem Hals hing.
Dort, ü ber dem Puls, ü ber dem gl ü henden Zentrum des Hauptnervenkanals. Seit Damon mit f ü nfzehn den Stein erhalten hatte und die Lichter darin unter der Ber ü hrung seines Geistes erwacht waren, hatte er ihn nie außer Reichweite gelassen. Kein anderes menschliches Wesen, ausgenommen seine Bewahrerin Leonie und w ä hrend einer kurzen Zeit in den Turmjahren die junge Unter-Bewahrerin Hilary Castamir, hatte ihn jemals angefasst. Der Gedanke allein, seine
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