Der verbotene Turm - 11
verletzen.
Damon sagte hinter ihm: Andrew, komm und sprich mit mir. Du darfst nicht auf diese Weise allein fortlaufen und versuchen, das alles auszuschließen.
O Gott! , st ö hnte Andrew und holte schluchzend Atem. Ich muss gehen. Ich kann nicht mehr reden. Ich kann es nicht mehr ertragen. Lass mich allein, verdammt noch mal! Kannst du mich nicht f ü r eine kleine Weile allein lassen?
Er f ü hlte Damons Gegenwart wie einen scharfen k ö rperlichen Schmerz, einen Druck, einen Zwang. Er wusste, er tat Damon weh, doch er weigerte sich, es anzuerkennen, sich umzudrehen, ihn anzusehen . Schließlich sagte Damon sehr sanft: Gut, Ann’dra. Ich weiß, es ist zu viel f ü r dich gewesen. Eine kleine Weile also. Aber nicht zu lange. Und Andrew erkannte, ohne sich umzudrehen, dass Damon gegangen war. Nein, dachte er, vor Entsetzen schaudernd, Damon war ü berhaupt nicht da gewesen, er befand sich immer noch in dem kleinen Destillierraum mit dem Steinfußboden. Er stand in Wind und Schneegest ö ber auf dem Hof, und die ihn umschließenden Mauern d ä mpften seinen Zorn nur wenig. Callista. Er suchte nach dem Trost des geistigen Kontaktes mit ihr, aber sie war nicht da, es war nichts da als ein schwaches, unruhiges Pulsieren, und er wagte es nicht, sie aus ihrem Bet ä ubungsschlaf zu wecken. Was kann ich tun? Was kann ich tun? Zu seinem Entsetzen begann er zu weinen, allein in der Schneewildnis. Er hatte sich noch nie in seinem Leben so einsam gef ü hlt, nicht einmal, als das Flugzeug abgest ü rzt war und er sich allein auf einem fremden Planeten fand, unter einer fremden Sonne, in weglosen, auf keiner Karte verzeichneten Bergen .
Alles, was ich je an Wissen besessen habe, ist verschwunden, ist nutzlos, sinnlos oder Schlimmeres. Meine Freunde sind Fremde, und meine Frau ist mir am fremdesten von allen. Meine Welt ist untergegangen . Ith kann nie mehr zur ü ck; sie halten mich f ü r tot. Er dachte: Ich hoffe, ich bekomme Lungenentz ü ndung und sterbe. Dann wurde ihm bewusst, wie kindisch das war und dass er sich tats ä chlich in Gefahr befand. Widerwillig, nicht vom Selbsterhaltungstrieb, sondern den ü berresten eines vagen Pflichtbewusstseins gelenkt, drehte er sich um und ging hinein. Das Haus kam ihm merkw ü rdig und fremdartig vor, nicht wie ein Ort, an dem ein Terraner zu leben vermochte. Hatte er in ihm jemals ein ihn willkommen heißendes Heim gesehen? Wie verirrt sah er sich in der Großen Halle um und war froh, dass sie leer war. Dom Esteban w ü rde seinen Mittagsschlaf halten. Die M ä dchen schwatzten mit leisen Stimmen. M ü de ließ er sich auf eine Bank sinken, st ü tzte den Kopf in die H ä nde und blieb dort sitzen, nicht schlafend, aber in sich zur ü ckgezogen. Er hoffte, wenn er sich sehr still verhielt, w ü rde alles irgendwie verschwinden und sich als nicht wirklich erweisen.
Lange Zeit sp ä ter dr ü ckte jemand ein Glas in seine Hand. Er schluckte dankbar und bekam noch eins und noch eins. Seine Sinne verwirrten sich. Erh ö rte sich selbst plappern. Alles, was ihn bewegte, sch ü ttete er vor einem mitf ü hlenden Ohr aus. Es gab noch mehr zu trinken. Als er das Bewusstsein verlor, war es ihm nur recht. In seinem Geist klang eine Stimme auf, bohrte sich durch seine Barrieren, drang tief in sein Unterbewusstsein ein, besiegte seinen Widerstand.
Niemand will dich hier. Niemand braucht dich hier. Warum gehst du nicht jetzt weg, solange du es noch kannst, bevor irgendetwas F ü rchterliches geschieht. Geh weg, geh dorthin, woher du gekommen bist, zur ü ck in deine eigene Welt. Du wirst dort gl ü cklicher sein. Geh jetzt. Geh jetzt weg. Niemand wird es merken oder sich daf ü r interessieren.
Andrew wusste, es war ein logischer Fehler in seinen ü berlegun
gen. Damon hatte ihm einen guten Grund genannt, warum er nicht gehen sollte. Doch dann erinnerte er sich, dass er auf Damon b ö se war.
Die Stimme fuhr sanft zuredend fort:
Du meinst, Damon sei dein Freund. Vertraue ihm nicht. Er wird dich ausnutzen, wenn er Hilfe braucht, und dich dann fallen lassen. Es war irgendetwas Bekanntes an der Stimme, aber es war ü berhaupt keine Stimme. Es war irgendwie innerhalb seines Gehirns! In Panik versuchte Andrew, sie auszuschließen, aber sie war so beruhigend.
Geh jetzt weg. Geh weg. Niemand will dich hier. Du hast versagt. Du tust Callista nur weh. Geh weg, geh zu deinen eigenen Leuten.
Seine Stiefel glitten im Schnee aus, aber er lief weiter, hob und senkte die F ü ße mit sturer
Weitere Kostenlose Bücher