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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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benutzte er dies Wort, das die vertrauliche oder Familienform von »Bruder« war. Damon seufzte und blickte in die Ferne.
    »Du warst Kadett?«
    »Ein sehr kläglicher«, gestand Damon, »aber kein Comyn -Sohn kann dem entrinnen, wenn er zwei gesunde Beine hat und sehen kann. Coryn war wie alle Altons der geborene Soldat und Offizier. Mit mir war es etwas ganz anderes.« Er lachte. »Es gibt im Kadettenkorps einen stehenden Witz über den Kadetten mit den zwei rechten Füßen und den zehn Daumen. Das war ich.«
    »Immer zum Strafdienst eingeteilt, wie?«
    Damon nickte. »In zehn Tagen wurde ich elf Mal bestraft. Ich bin Rechtshänder, siehst du. Meine Pflegemutter – sie war Hebamme bei meiner Mutter – pflegte zu sagen, ich sei verkehrt herum und mit dem Hintern nach vorn geboren worden, und seit diesem Augenblick habe ich alles auf diese Art getan.«
    Andrew, der als Linkshänder in eine rechtshändige Gesellschaft hineingeboren war und nur auf Darkover die Dinge vom Eßbesteck bis zum Gartenwerkzeug so gestaltet gefunden hatte, daß er sie ohne Schwierigkeit benutzen konnte, versicherte: »Das kann ich sehr gut verstehen.«
    »Ich bin auch ein bißchen kurzsichtig, was es nicht besser machte, obwohl es mir von Vorteil war, als ich lesen lernte. Keiner meiner Brüder ist wissenschaftlich begabt, und sie bringen wenig mehr zu Stande, als einen Anschlagzettel auszubuchstabieren oder ihren Namen unter ein Dokument zu krakeln. Aber ich fühlte mich beim Unterricht so wohl wie ein Schneekaninchen im Winter. Deshalb ging ich, als ich aus dem Kadettenkorps entlassen wurde, nach Nevarsin und lernte dort ein oder zwei Jahre lang Lesen, Schreiben, Kartenzeichnen und dergleichen. Zu diesem Zeitpunkt entschied Lorenz, aus mir werde nie ein Mann werden. Als man mich in Arilinn annahm, bestätigte ihn das nur in seiner Meinung. Halb Mönch, halb Eunuch, pflegte er zu sagen.« Damon verstummte. Auf seinem Gesicht spiegelte sich seine Abneigung wider. Schließlich meinte er: »Aber trotzdem war er auch wieder nicht zufrieden, als man mich vor ein paar Jahren aus dem Turm wegschickte. Coryns wegen – Coryn war damals schon tot, der arme Kerl, bei einem Sturz von den Klippen verunglückt –, also, Coryns wegen nahm Dom Esteban mich in die Garde auf. Ein richtiger Soldat war ich jedoch nie, ich war ein oder zwei Jahre lang Lazarettoffizier und Kadettenmeister.« Er zuckte die Schultern. »Und das ist mein Leben, und ich habe genug darüber gesprochen. Hörst du, die Frauen kommen. Wir können ihnen die Wohnungen zeigen, bevor ich hinuntergehe und versuche, höflich zu Lorenz zu sein.«
    Andrew sah zu seiner Erleichterung, daß die durch die Erinnerungen heraufbeschworene Traurigkeit von Damon abfiel, als Ellemir und Callista eintraten.
    »Komm, Ellemir, sieh dir die Räume an, die ich für uns gewählt habe.«
    Er führte sie durch eine Tür an der Rückseite, und Andrew konnte mehr spüren als hören, daß er sie küßte. Callista folgte ihnen mit den Augen und lächelte. »Ich freue mich, sie so glücklich zu sehen.«
    »Bist du denn auch glücklich, mein Liebes?«
    Sie sagte: »Ich liebe dich, Andrew. Ich finde das nicht so leicht, daß ich darüber jubeln könnte. Vielleicht bin ich von Natur ein bißchen schwerfälliger im Gemüt. Komm, zeig mir die Zimmer, die wir bewohnen werden.«
    Sie war mit fast allem einverstanden, doch wies sie auf ein halbes Dutzend Sitzgelegenheiten, die, wie sie meinte, so alt seien, daß man sich nicht mehr ungefährdet darauf niederlassen könne, und beauftragte einen Diener, sie wegzubringen. Sie rief die Mädchen und gab ihnen Anweisungen, was an Leinen für Schlafzimmer und Bad aus den Schrankzimmern des Haushalts herbeigeschafft werden solle, und schickte eine der Dienerinnen, ihre Kleider zu holen und sie in dem ungeheuer großen Schrank ihres Ankleidezimmers zu verstauen. Andrew hörte schweigend zu, und schließlich rief er aus: »Du verstehst es, ein Heim einzurichten, Callista!«
    Ihr Lachen entzückte ihn. »Das ist Vorspiegelung falscher Tatsachen. Ich habe Ellemir zugehört, das ist alles, weil ich vor ihren Dienstboten nicht unwissend scheinen will. Ich weiß sehr wenig von diesen Dingen. Ich habe nähen gelernt, weil mir nie erlaubt wurde, mit müßigen Händen dazusitzen, aber wenn ich Ellemir in der Küche beobachte, wird mir klar, daß ich vom Haushalt weniger verstehe als ein zehnjähriges Mädchen.«
    »Mir geht es genauso«, gestand Andrew. »Alles, was ich in der

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