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Der Verehrer

Der Verehrer

Titel: Der Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Olivia gäbe es keine Probleme – es ist jedenfalls ein Segen, daß du heute hier bist.«
    »Wenigstens komme ich mir jetzt nicht mehr ganz so lästig vor.« Er nahm ihr das leere Glas aus der Hand, stellte es zur Seite. »Komm, geh jetzt ins Bett. Du siehst ganz schön mitgenommen aus. Oder möchtest du erst noch etwas essen? Es ist ja noch nicht spät.«
    Aber der bloße Gedanke an Essen verursachte ihr schon wieder Übelkeit.
    »Nein. Ich lege mich hin. Und du?«
    »Ich sehe noch etwas fern. Wenn etwas ist, rufst du, ja?«
    »Ja. Gute Nacht.« Sie nahm Linda mit hinauf in ihr Zimmer, verschloß sorgfältig von innen die Tür. Mit einem Ruck zog sie die Vorhänge vor dem Fenster zu, plötzlich von dem Gedanken bedrängt, Robert könne in einen der Bäume im Garten klettern und versuchen, zu ihr herein zu spähen. Sie war fest davon überzeugt, daß Robert das Auge in ihrer Dusche plaziert hatte und daß er sie damit nicht nur hatte erschrecken wollen. Das Auge war eine Botschaft: Ich beobachte dich. Ich weiß immer, wo du bist. Ich bin nahe genug, dich zu sehen .
    Die ganze Nacht lag sie wach, dachte an Robert, lauschte auf jedes Geräusch im Haus. Linda hatte sich neben ihr auf dem Kopfkissen zusammengerollt. Wenn sie das Gesicht wandte, konnte Leona das weiche Fell an ihrer Wange spüren. Es tröstete sie ein wenig, vermochte jedoch kaum
das Grauen zu lindern, das sich in ihr ausgebreitet hatte. Die ganze Zeit über hatte Robert ungehindert im Haus ein und aus gehen können. Wie oft mochte er nachts in ihrer immer weit offenen Zimmertür gestanden und auf ihre Atemzüge gelauscht haben?
    Morgen würde sie die Schlösser auswechseln lassen.
    Sie hatte das sichere Gefühl, daß dies den Alptraum nicht beenden konnte.
    5
    Eine Woche später brachte Leona Linda zu ihren Eltern nach Lauberg. Trotz der neuen Türschlösser wurde sie die Angst um die kleine Katze, die jeden Tag allein im Haus war, nicht los. Paul sagte zwar, er sehe nicht, wie jetzt noch irgend jemand eindringen könnte, aber Paul vermochte sich ohnehin nicht recht mit ihrer Theorie vom obsessiven Exlover und seinen Untaten anzufreunden. Natürlich wußte er keine Erklärung dafür, wie das Auge in die Dusche gekommen sein sollte, aber er war zu sehr Rationalist, um sich letzten Endes irrationales Verhalten dieser Art bei anderen Menschen vorstellen zu können. Ein abgewiesener Liebhaber mochte toben, fluchen und Drohungen ausstoßen, aber er ging nicht hin und tat so eigenartige Dinge, wie Tieraugen in Duschen zu plazieren. Oder doch?
    Manchmal schwante es Paul, daß es solche Dinge gab, daß sie täglich stattfanden, daß erschreckend viele kranke und perverse Menschen frei herumliefen. Aber nicht in diesem Fall. Er weigerte sich zu glauben, daß sein Leben in irgendeiner Weise von »solchen Dingen« berührt werden könnte.
    Leona hatte Linda zunächst samt Katzenklo und Futterschüssel
mit in den Verlag genommen, was hochgezogene Augenbrauen und indigniertes Stirnrunzeln bei ihrem Chef hervorgerufen hatte. Sie hatte erklärt, Linda sei einsam seit dem Tod ihrer Schwester, aber der Chef hatte nicht allzuviel Verständnis dafür gezeigt. Linda fing an, Papierkörbe in den Büros auszuleeren und den Inhalt pfeilschnell vor sich her über die Korridore zu kicken, sie scharrte den Kies aus ihrem Katzenklo und verteilte ihn im Zimmer, und sie maunzte jämmerlich am Fenster, weil sie hinauswollte. Leona sah ein, daß es so nicht ging, und rief Elisabeth an, um sie zu fragen, ob sie ihr Linda für einige Wochen bringen könne.
    »Natürlich«, sagte Elisabeth, »aber warum?«
    »Sie dreht durch, weil sie so viel allein ist. Bei euch ist wenigstens immer jemand daheim.«
    Sie fuhr am Samstag los, wollte daheim übernachten und am Sonntag abend zurückkommen. Sie hatte Paul gefragt, ob er sie begleiten und mit Olivia reden wolle, aber er hatte abgelehnt.
    »Zu früh. Ich bin mir über vieles noch nicht im klaren.«
    Der Frühsommer war plötzlich ausgebrochen, es war heiß draußen, an allen Bäumen sprangen die Knospen auf. Je weiter sich Leona von der Stadt entfernte und aufs Land hinauskam, um so schöner wurde es. Sie merkte, wie ihr freier und leichter zumute wurde. Manchmal blickte sie durch den Rückspiegel nach hinten, argwöhnisch, ob Robert ihr vielleicht folgte.
    Blödsinn, dachte sie gleichzeitig, er liegt ja wohl nicht den ganzen Tag vor meinem Haus auf der Lauer, und außerdem hat er gar kein Auto!
    Der helle, blühende Tag ließ ihre Furcht

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