Der vergessene Mond Bd II - Zeit des Erwachens (German Edition)
der Gilde mit dem Tode bestraft wurde. Grimmig dachte Hassem zurück an das triumphierende Lächeln in Mordaks Gesicht, als er sich ihm in den Weg gestellt hatte. Er hatte Hassem nicht nur unbemerkt beschattet und verfolgt, sondern ihn auch in dem Augenblick gestellt, als sein Verrat an der Gilde nicht mehr zu verleugnen gewesen war. Den folgenden Kampf hatten beide Seiten blutig und ohne Gnade geführt. Etwa hundert Meter vor den Toren, abgeschirmt von Dunkelheit und einigen größeren Bäumen hatten sie ihre Klingen gekreuzt und ihrem seit Jahren angeschwollenen Hass freien Lauf gelassen. Mordak war ein guter Kämpfer gewesen, der seine beiden Parierdolche schnell und tödlich geführt hatte, doch am Ende war es Hassem gewesen, der zuerst den Todesstoß anbringen konnte. Seine Scimitar durchschnitten Mordaks Kehle in demselben Moment, wie sich einer von dessen Dolchen in Hassems Bein bohrte.
Der kleine pulsierende Schmerz in seinem linken Bein brachte ihn einmal mehr in die Gegenwart zurück. Die Wunde war inzwischen verheilt, doch das Gift des Dolches bereitete ihm auch jetzt noch Schmerzen. Fluchend spuckte Hassem vor sich auf den Boden, er hätte damals ahnen müssen, dass sein Hassgegner seineDolche mit Gift bedeckt hatte. Stattdessen hatte er zufrieden auf die Leiche Mordaks gesehen, bis sein linkes Bein plötzlich kraftlos eingeknickt war und ihn zu Boden gerissen hatte. Die Auswirkung der Vergiftung war katastrophal für Hassem gewesen, eine Rückkehr nach Magystra war unmöglich und so war ihm keine Wahl geblieben, als in Richtung des großen Nordwaldes zu humpeln, um dort mögliche Verfolger abhängen zu können. In einem Schlag war aus dem Verfolger ein Gejagter geworden und jede Hoffnung darauf, die Spur seines Bruders wieder finden zu können, hatte sich zerschlagen.
Das Gift hatte er erfolgreich bekämpfen können, eine Paste aus Fünfblatt und Schwarzbeeren hatte die fiebernde Wunde gereinigt und sein Leben gerettet, selten zuvor war er so froh gewesen, bei Marteks Lehrstunden über Kräuterkunde immer gut aufgepasst zu haben.
Doch damit hatten seine Probleme erst begonnen, sein Traum vom schwarzen Turm war wiedergekehrt und als er nass geschwitzt aus dem Albtraum erwacht war, hatte sich ihm etwas Unglaubliches gezeigt. Ein schwarzer Mond leuchtete dunkel am Himmel, so als wäre er schon immer da gewesen. Als wäre all das nicht schlimm genug, hatte kurz darauf ein Schrei die Nacht durchschnitten, der sein Blut gefrieren ließ. Eine Bestie war im Wald auf Jagd, und er war seine Beute.
„ Wo war es falsch gelaufen? “ Nachdenklich überlegte Hassem, an welchem Punkt sein neues Leben in Magystra eine so schlimme Wende genommen hatte. Er besaß alles, Macht, Gold und Frauen, war aufstrebendes Mitglied einer mächtigen Gilde, doch dann hatte er Herm wieder getroffen und von da an war alles falsch gelaufen. Sein Verrat an der Gilde, die Verletzung, und nun sein nahender Tod in Form eines gewaltigen Horntigers.„ Es ist alles Herms Schuld, bei allen Monden, ich werde ihn töten, wenn ich das hier überlebe. “
Ein zweites Rascheln, diesmal von seiner rechten Seite, ließ Hassem erneut aufschrecken. Das leise tiefe Knurren, das kurz darauf folgte ließ keine Zweifel, die Bestie war bereits bei ihm. Seine Deckung aufgebend richtete er sich auf und ging mit einigen schnellen Schritten in die kleine Lichtung, an deren Rand er sich versteckt hatte. Wenn er schon sterben sollte, so würde er kämpfend untergehen, Auge in Auge mit seinem Gegner.
Dann trat der Horntiger auf die Lichtung und Hassem stockte der Atem. Es war der größte, den er je gesehen hatte, selbst eine erfahrene Jagdgruppe würde es sich gut überlegen, eine solche Bestie offen anzugreifen. Beinahe fünf Meter lang und so hoch wie ein Pferd bewegte sich die riesige Katze mit der Sicherheit eines Jägers, der um seine Überlegenheit wusste. Muskelbepackt und mit der Masse von wenigstens drei Pferden würde niemand dem Angriff des Tigers widerstehen können, dessen weißes Fell von schwarzen Streifen gesäumt wurde. Beinahe ehrfürchtig betrachtete Hassem den Bringer des Todes, der sich ruhig vor ihm aufbaute. Drei lange schwarze Hörner ragten aus der Stirn der Bestie, deren lange Krallen nur noch von der Länge ihrer Fangzähne in den Schatten gestellt wurden.
Schließlich senkte Hassem seine Waffen, jeder Versuch eines Kampfes gegen den Giganten war sinnlos und auf irgendeine seltsame Weise scheute er sich, dieses so perfekte Tier,
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