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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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das Buch auf den äußersten Rand des Bettes. Die Kerze stellte er auf den Boden zwischen uns. »Jetzt muss ich zur Vesper. Aber danach gehe ich in die Bibliothek und suche das Buch von Seneca.«
    »Danke, Frater, das ist sehr freundlich von Euch.«
    Er nickte mir zu und verschwand.
    Ich setzte mich auf das Bett und suchte Trost in der Bibel, blätterte durch die Weisheitssprüche, bis ich schließlich den 22. Psalm las: ›Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen? Fern von meiner Rettung sind die Worte meiner Klage. Mein Gott, ich rufe bei Tage, und Du antwortest nicht, und bei Nacht, und finde keine Ruhe. Sei nicht fern von mir, denn die Not ist nahe, und niemand ist da, der mir hilft ...‹
    Zornig über mich selbst, über meine Verzweiflung und meine Ohnmacht schlug ich die Bibel zu und schleuderte sie mit aller Kraft gegen die Wand meiner Zelle, als könnte ich die Mauern des Kerkers zum Einsturz bringen.

    Ich erwachte, als der Schlüssel im Schloss rasselte und die Tür geöffnet wurde.
    Vor Erschöpfung, Ungewissheit und Angst hatte ich mich in einen unruhigen Schlaf geflüchtet. Noch ganz benommen blinzelte ich in den Lichtschein der Fackeln, der durch die Türöffnung in meine dunkle Zelle fiel.
    Ein Dominikaner blieb in der offenen Tür stehen und blickte zu mir herüber. Sein Gesicht lag im Schatten, wie damals, als er zu mir kam ...
    Der Mönch bückte sich, um die Bibel aufzuheben, die noch immer neben der Tür lag. Dann richtete er sich wieder auf und presste das Buch mit beiden Händen gegen seine Brust.
    Welch imposante und gebieterische Gestalt!
    Großer Gott, das konnte doch nicht sein! War ich von Sinnen?
    Dieser Mönch war ...
    Ich setzte mich im Bett auf und starrte ihn ungläubig an. »Luca!«, fragte ich. »Bist du es, Papa?«

Kapitel 24

    Mit Tränen in den Augen starrte ich ins Kaminfeuer, lauschte auf das Knacken und Knistern des Holzes und betrachtete die Flammen und die emporwirbelnden Funken. Die Ungewissheit, die Ohnmacht und das endlose Warten waren unerträglich!
    Warten - worauf? Auf die furchtbare Nachricht, sie sei nach fünf Tagen endlich gefunden worden. Tot.
    Wie ein greller Blitz durchzuckte der Schmerz meinen Kopf. Stöhnend fasste ich mir an die Stirn. So verharrte ich einen Augenblick, dann erhob ich mich schwankend von meinem Sessel vor dem Kamin und schlich hinüber in ihr Schlafzimmer. Auf dem Nachttisch stand die Phiole mit meiner Medizin.
    Ich setzte mich auf das Bett, entkorkte das Fläschchen und trank es leer. Dann stellte ich es zurück, legte mich auf das Bett, schloss die Augen und wartete, bis die schmerzlindernde und beruhigende Wirkung des Medikaments einsetzte. Nach einer Weile drehte ich mich auf die Seite, zog ihr Kopfkissen zu mir heran und atmete tief ihren Duft ein.
    Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so einsam gefühlt. Nicht nach Lucas Ermordung, nicht nach Natanaels Tod. Sooft Alessandra und ich über meinen Tod sprachen, hatte ich mir vorgestellt, dass ich eines Tages in ihren Armen sterben würde. Es hatte mich getröstet, dass sie bis zu meinem letzten Atemzug bei mir bleiben würde. Und nun ...
    Sie zu verlieren war wie der Beginn eines qualvollen inneren Sterbens, bevor ich mein Leben vollendet hatte und für immer ging. Ich presste mein Gesicht ins Kissen und weinte mit zuckenden Schultern.
    »Niketas!« Basilios legte mir die Hand auf die Schulter.
    Ich drehte mich zu ihm um und trocknete meine Tränen. Sein Eintreten hatte ich nicht bemerkt.
    Basilios setzte sich auf den Rand des Bettes. »Beruhige dich! Du weißt doch, was geschieht, wenn du dich derart aufregst.« Sein Blick fiel auf die entkorkte Phiole auf dem Nachttisch. »Hattest du wieder einen Anfall?«
    »Nein, nur furchtbare Kopfschmerzen.« Ich fuhr mir über die Stirn. »Hast du mit Cosimo gesprochen?«
    »Die Suche in den Straßen von Florenz ist immer noch erfolglos. Die Fischer haben den Arno mit Stangen und Netzen abgesucht, zwei Meilen flussaufwärts, zwei Meilen flussabwärts. Keine Leiche. Kein Fetzen ihres Seidenkleides, keiner ihrer Schuhe. Nichts. Cosimo hat seine Gefolgsleute ausgeschickt, um das Ufer des Arno bis nach Pisa abzusuchen. Aber bisher haben sie noch nichts gefunden.«
    Ich nickte traurig.
    »Cosimo wird nicht ruhen, bis er sie gefunden hat. Er will nicht daran glauben, dass sie tot ist - ebenso wenig wie Tito, der nach Rom aufgebrochen ist, um sie dort zu suchen.« Basilios schwieg eine Weile. »Sag mal, Niketas, traust du Demetrios zu, sie

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