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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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neuen Evangeliums die Amphoren öffnet und die Koranverse aus deinem Silberamulett findet.«
    Tayeb grinste.
    Ich reichte ihm seine Kerze und erhob mich. Er folgte mir, als ich durch die aufgebrochene Tür zur Lehmziegelwand schritt und in die Kammer kroch. Wie ich es erwartet hatte: Die Tonkrüge waren verschwunden.
    Ich steckte meine Kerze in den Sand und hockte mich vor die geborstene Wand der Genisa. Die herabstürzenden Steine hatten mehrere Amphoren zertrümmert. Die herumliegenden Tonscherben waren ebenfalls mitgenommen worden.
    Nichts, nicht einmal ein brüchiger Fetzen unbeschriebenen Papyrus, erinnerte noch daran, dass in dieser Kammer elf Jahrhunderte lang antike Schriften verborgen gewesen waren.
    Die Gefolgsleute des Patriarchen hatten einige herabgefallene Quader zur Seite geräumt, um zu sehen, ob sich darunter noch Papyrusfragmente befanden. Tayeb half mir, die Steine auf die andere Seite der Genisa zu schaffen. Dann knieten wir uns vor die geborstene Mauer, die das Deckengewölbe trug - noch!
    Mein Blick wanderte an dem Haufen verrutschter und verkeilter Quadersteine empor bis zum Gewölbe. Wie lange konnte die geborstene Wand dem Druck noch standhalten? Wie viele Steine durften wir entfernen, bevor die Genisa unter dem Gewicht des Flugsandes endgültig einstürzte?
    Ich verbarg meine Angst hinter einem zuversichtlichen Lächeln: »Wenn wir diesen und jenen Stein entfernen ...« Ich zeigte Tayeb die Quader. »... dann wird die Genisa nicht einstürzen. So kommen wir an die geborstenen Tonkrüge heran.«
    »Falls überhaupt noch Amphoren unter den Steinen begraben liegen«, wandte er ein. »Und falls die schweren Quader deren Scherben nicht zermahlen und die enthaltenen Papyri zerstäubt haben.«
    Statt einer Antwort hob ich einen der schweren Steine aus der eingestürzten Wand und ließ ihn neben mir in den Sand fallen. Dann entfernten Tayeb und ich noch einen ... und einen weiteren. Tayebs Blick irrte zur Decke.
    Mutiger geworden, wuchtete ich einen vierten Quader aus der geborstenen Mauer. Dann einen fünften, einen sechsten ...
    »War da nicht ein Geräusch?«, flüsterte Tayeb beunruhigt. »Ein Knirschen?«
    »Ich habe es auch gehört.«
    Er sprang auf und schlich mit seiner Kerze zum Eingang der Genisa, um in den Gang zu spähen. In der Zwischenzeit suchte ich die Wände ab - und tatsächlich: Aus einem schmalen Riss rieselte feiner Sand in die Kammer.
    »Verschwinde, Tayeb! Die Decke kann jederzeit einstürzen, wenn weitere Quader entfernt werden. Ich werde allein weitergraben.«
    »Alessandra, sei vernünftig!«, protestierte er. »Du riskierst dein Le...«
    »Das weiß ich!«, unterbrach ich ihn. »Und nun mach, dass du wegkommst!«
    Tayeb verfluchte meinen Eigensinn, aber dann kroch er durch die Öffnung in der Lehmziegelwand und zog noch einige Ziegelsteine aus der locker aufgeschichteten Mauer, um den Fluchtweg für mich zu verbreitern.
    Ich betrachtete die geborstene Wand.
    Drei Steine - dann hatte ich es geschafft, die Scherben der Amphore mit den Resten des Evangeliums freizulegen. Mein Blick huschte hinauf zum Gewölbe, dann zum Sand, der durch einen Mauerriss in die Kammer rann. Nur noch drei Steine!
    Ich fasste mir ein Herz und zerrte einen der Steine aus dem Haufen. Zwei verkeilte Quader in der Reihe darüber ruckten. Die Wand senkte sich, rutschte einige Fingerbreit weg. Ein weiterer Stein wurde weggeschoben und polterte in den Sand.
    Tayeb zog scharf die Luft ein.
    Dann ein Knirschen. Über mir!
    Sand rieselte herab.
    Ich rutschte zur Seite und blickte nach oben.
    Mein Herz raste. Ich hatte Angst - dieselbe Furcht, die ich gespürt hatte, als ich vor Jahren unter der unvollendeten Kuppel von Santa Maria del Fiore stand und staunend zum Himmel emporblickte: Würde Filippo Brunelleschis Konstruktion halten? Oder würde die Kuppel einstürzen und die zweitgrößte Kathedrale der Christenheit in Trümmer legen?
    Eines Abends - ich war zehn Jahre alt gewesen - hatte ich mich über die schmalen Treppen in einem der vier Stützpfeiler hinaufgeschlichen, um mir die Kuppelwölbung aus der Nähe anzusehen. Das große Holzmodell des fertigen Doms, das jahrelang auf der Piazza gestanden hatte, kannte ich schon - von außen. Betreten hatte ich es nie: Seit Jahren wurde es als Abtritt benutzt. Dann hatte ich dort oben auf dem Rand der nach innen geneigten Kuppel gelehnt und in die Kathedrale hinabgestarrt. Ein unvergesslicher Nervenkitzel! Ein Fehltritt, und ich wäre in die Tiefe gestürzt

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