Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
Reisetruhe. Die restlichen Goldmünzen steckte ich ein.
»Kann ich noch irgendetwas für Euch tun, um Euch bei Eurer geheimnisvollen Mission zu helfen?«
»Nein, Antonio, vielen Dank! Ich muss gehen. Signor Tayeb erwartet mich.«
»Dann lasst mich Euch wenigstens an den Bewaffneten vorbei zum Tor geleiten!« Antonio bot mir seinen Arm, aber ich zog den Schleier wieder vor mein Gesicht und folgte ihm mit gesenktem Kopf über die Galerie zur Treppe, die in den Innenhof hinabführte.
Unauffällig sah ich mich um: Wo war der Reiter, der bei meiner Ankunft durch das Tor galoppiert war? Die beiden Bewaffneten lehnten immer noch am Brunnen, beobachteten das weit offene Portal und unterhielten sich leise. Während wir an ihnen vorbeigingen, warfen sie uns neugierige Blicke zu.
Am Portal des Funduks blieben wir stehen, um uns zu verabschieden. »Lebt wohl, Antonio! Gute Reise!«
»Viel Glück, Alessandra! Wir sehen uns in Venedig.«
Wenig später hatte ich die Gassen des Souks der Gewürze durchquert und fand das Haus des Arztes, wo Tayeb mich ungeduldig erwartete. Er war nicht mehr so blass. Der Hakim hatte die Wunde an seiner Seite genäht und verbunden und ihm Opium gegen die Schmerzen gegeben.
Auf dem Markt in der Nähe des Hafens kauften wir Datteln, Fladenbrot, Kofta-Bällchen aus Hammelfleisch und frittierte Falafel aus Bohnen und Kichererbsen, die mit Koriander und Knoblauch gewürzt waren. Nachdem wir im Souk ein schlichtes Holzkästchen und neue Kleidung erstanden hatten, füllten wir sechs Wasserschläuche an einem Brunnen nahe dem Stadttor.
Dann verließen wir Alexandria und stapften schwer beladen mit unseren Vorräten nach Südosten - in Richtung der versunkenen Synagoge. Wir hofften, dass unsere Verfolger uns nicht in der Wüste, sondern im Hafen suchten: auf dem Schiff, das an diesem Morgen nach Pisa ablegte.
Während Tayeb und ich in die Wüste flohen, dachte ich an Luca. Würde Antonios Diener ihn rechtzeitig vor einem Mordanschlag warnen können? Mit günstigem Wind würde er am 9. Januar Pisa erreichen. Und wenn Giacomo keine Zeit verlor, konnte er am 11. Januar in Florenz sein. Mein Gott, das waren noch zwei Wochen!
Gedankenversunken stapfte ich neben Tayeb durch den tiefen Sand, fünf, sechs, sieben anstrengende Meilen weit, und versuchte mir meine Erschöpfung nicht anmerken zu lassen. In den vergangenen Nächten hatten wir nur wenige Stunden geschlafen, in der letzten überhaupt nicht. Die Taschen mit den Lebensmitteln und die Wasserschläuche wogen schwer, und ich war zum Umfallen müde. Was hätte ich für eine kurze Rast gegeben! Aber Tayeb schritt unbeirrt voran und blieb nur hin und wieder stehen, wenn er einen dürren Zweig oder trockenes Gras für das abendliche Lagerfeuer aufhob und in seiner Tasche verstaute.
Während wir nebeneinandergingen, sprachen wir über unsere Pläne, gemeinsam die Sahara zu durchqueren - wir wollten beide nicht an Lucas Schicksal denken. Und so redeten wir über unsere für den kommenden Herbst geplante Reise durch die Wüste nach Agadez, wo Tayeb als Gelehrter gelebt hatte, als Luca ihn auf dem Platz vor der Großen Moschee kennenlernte. Dann würden Tayeb und ich nach Westen aufbrechen - nach Timbuktu.
Timbuktu, mit fast einhunderttausend Einwohnern imposanter als Rom, Florenz, Paris oder Byzanz, war nicht nur ein wichtiger Knotenpunkt des Sahara-Handels der Tuareg, sondern vor allem ein Zentrum islamischer Gelehrsamkeit. Mitten in der Stadt ragten die Minarette der großartigen Djingeré-Ber-Moschee in den Himmel. Nicht weit entfernt lag die berühmte Sankoré-Moschee, die größte Universität der Welt, bedeutender als die altehrwürdigen Hochschulen von Bologna, Paris, Oxford und Salamanca. Tayeb hatte an der Sankoré studiert, bevor er als Gelehrter in seine Heimat Agadez zurückgekehrt war.
Tausende Studenten lebten in der Wüstenstadt, besuchten die hundert Koranschulen und hörten in den Hörsälen Vorlesungen über Rhetorik, Recht und Medizin. Was waren Bologna und Paris dagegen? Winzige Spatzennester.
Die Gelehrten von Timbuktu bewahrten den kostbarsten Schatz der Menschheit: hunderttausende Manuskripte über Astronomie, Medizin, Physik, Mathematik, Philosophie, Theologie und Mystizismus sowie Kommentare von Gelehrten aus Córdoba, Kairo und Bagdad - Werke von unschätzbarem Wert, die für das christliche Abendland wegen seiner religiösen Intoleranz und seiner verdammenswerten Ignoranz gegenüber der arabischen Schrift verloren waren. Falls
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