Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
Er war so ernst. Als habe er eine schwere Entscheidung getroffen. Er fragte mich, ob ich ihn begleiten wolle. Er brauche einen Sekretär, dem er ... sein Leben ... anvertrauen könne.« Alexios schluchzte auf. Tito umarmte ihn tröstend, und Alexios barg sein Gesicht an der Schulter seines Freundes und weinte mit zuckenden Schultern. Die beiden standen sich sehr nah - näher als die Kirche erlaubte.
»Als ich heute Morgen in den Palazzo zurückkehrte, habe ich ihn gefunden«, erzählte Vittorino weiter. »Alexios hatte mir von der Reise nach Basel erzählt, und ich wollte vor dem Aufbruch noch mit Luca reden. Während seiner wochenlangen Abwesenheit sollte ich das Unternehmen führen. Ich fand Luca in seinem Arbeitszimmer. Er war tot!« Vittorino wischte sich eine Träne ab. »Ein Fenster stand offen. Es hatte einen Kampf gegeben. Luca hat sich gewehrt, doch er wurde niedergestochen.
Ich habe sofort nach dem Podestà geschickt, dem obersten Magistrat der Stadtverwaltung, damit er den Mord untersuchen lässt. Kurz darauf traf Cosimo hier ein. Er hat lange die Hand seines Freundes gehalten und für sein Seelenheil gebetet. Vor zwei Stunden ist er in den Palazzo della Signoria zurückgekehrt, um Lucas Bestattung vorzubereiten. Es soll ein würdiges Staatsbegräbnis werden. Er wusste ja nicht, dass Ihr heute zurückkehren würdet.«
Ich nickte stumm.
»Eine Stunde nachdem Cosimo gegangen war, erschien der Metropolit von Athen«, ergriff Alexios das Wort. »Was wollte er?«
»Seine Seligkeit hat sich erkundigt, ob Luca endlich zurückgekommen wäre: Seit Wochen wartet er auf ihn. In den letzten Tagen war er mehrmals hier, um nach ihm zu fragen.
Als ich ihm sagte, dass Luca in der letzten Nacht ermordet worden war, brach er zusammen. Er sank auf die Knie und musste sich an mir festhalten, um nicht zu stürzen. Er war bleich wie der Tod und hat gezittert, dass mir angst und bange wurde. Großer Gott, ich fürchtete schon, er würde ohnmächtig werden! Als er sich wieder gefangen hatte, bat er mich, einen Augenblick mit Luca allein sein zu dürfen. Er kniete vor dem Katafalk und weinte.« Alexios war sichtlich erschüttert.
»Vittorino, bitte sorgt dafür, dass das Portal des Palazzos geschlossen bleibt. Floriano soll sich bewaffnen: Kettenpanzer, Helm, Schwert, Armbrust. Ich werde keine Besuche empfangen. Niemanden! Nehmt keine Lieferungen von Wein, Fleisch, Obst oder Gemüse an. Lasst niemanden in den Palast, der nicht auf Waffen durchsucht wurde. Das gilt auch für Cosimos Diener von seinem Landgut im Mugello. Sie werden heute Nachmittag zwei Pferde und ein Maultier mit unserem Gepäck und antiken Codices hierherbringen.«
»Ist die Gefahr noch nicht vorüber?«
Ich schüttelte den Kopf. »In Alexandria bin ich selbst nur mit knapper Not dem Anschlag eines römischen Assassinos entkommen.«
»Gott steh Euch bei!«, stöhnte Vittorino entsetzt. »Wer hat ihn geschickt?«
»Ich weiß es nicht«, gestand ich. »Doch wer auch immer den Befehl gegeben hat, Luca zu ermorden: Er wird nicht ruhen, bis auch ich tot bin.«
Eine halbe Stunde später folgte mir Tayeb die Treppe hinauf in den zweiten Stock des Palazzos, wo sich Lucas Arbeitszimmer befand.
Der Lesesessel vor dem erloschenen Kamin war umgestürzt. Etliche Folianten waren von seinem Schreibtisch auf den Boden gefallen - vermutlich während des Kampfes mit dem Mörder. In der Mitte des Raumes entdeckte ich eine Blutlache auf den Terrakottafliesen. Durch das weit offene Fenster waberten Nebelschwaden in den Raum.
Mich schauderte.
Tayeb schloss leise die Tür hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. »Wer mir loyal zur Seite stehen will, riskiert sein Leben!, hast du sie eben in der Kapelle gewarnt. Wer mich verlassen will, weil er seine Frau und seine Kinder schützen will, soll jetzt gehen. Glaubst du, dass einer von ihnen fähig wäre, dich zu verraten?«
»Nein.«
Er nickte ernst und ging zum offenen Fenster. »Tayeb?«
Er drehte sich um. »Ja?«
»Ich habe kein Recht, dich zu bitten. Ich weiß, wie gern du nach Hause zurückkehren willst ...« O Gott, lass mich die richtigen Worte finden! »Tayeb, ich brauche dich! Als Freund. Als Vertrauten. Als meine rechte Hand bei der Führung von Lucas ... von meinem Unternehmen. Ich weiß, ich habe kein Recht dazu, aber ich flehe dich an, die Reise nach Timbuktu um ein Jahr zu verschieben. Bitte verlass mich nicht!«
Schweigend wandte er sich ab.
Ich ließ mich am Schreibtisch nieder, um ihm Zeit
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