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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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zu lassen, damit er in Ruhe über eine Antwort nachdenken konnte, und zog die Rosenholzkassette mit Lucas Korrespondenz zu mir heran. Vittorino hatte mir den Schlüssel gegeben. Lorenzo Vallas Briefe waren verschwunden. Hatte Luca sie verbrannt, wie ich ihn beschworen hatte?
    Da war sein Testament: ein von Marco Vespucci beglaubigtes und von Luca gesiegeltes Pergament, datiert auf den 12. Januar 1439. Vor elf Tagen!
    Wieso hatte Luca sein Testament geändert?
    Ich war versucht, das Siegel zu zerbrechen und seinen Letzten Willen zu lesen, doch ich tat es nicht. Ich musste ihn unversehrt Cosimo als Testamentsvollstrecker übergeben. Also nahm ich ihn an mich und verschloss die Kassette wieder.
    Keiner der Briefe, die Luca nach Alexios' Schilderung gestern Abend gelesen hatte, lag auf dem Schreibtisch. Hatte der Mörder sie mitgenommen? Winzige Papyrusfasern bedeckten den Tisch. Offenbar hatte Luca hier die Fragmente des Evangeliums aus Tayebs Amulettkapsel übersetzt. Das silberne Schmuckstück lag auf einem Stapel loser Pergamentblätter mit griechischer Schrift. Lucas Notizen?
    Ich nahm die erste Seite zur Hand und las: Es war ein Schreiben von Niketas, der Luca um ein Treffen bat. Die folgenden Seiten waren der Prolog eines Buches über Paulus.
    Atemlos überflog ich die ersten Zeilen, in denen Niketas seine Thesen darlegte. Ich war bestürzt und fasziniert zugleich. Nur widerwillig legte ich das Manuskript beiseite - später wollte ich es in Ruhe lesen.
    Ein Stapel Bücher war während des Kampfes zu Boden gefallen. Ich legte die Werke der Kirchenväter zurück auf den Tisch. Als ich Eusebius' Kirchengeschichte zur Hand nahm, fiel ein Notizzettel heraus.

    War dies ein Logion des neuen Evangeliums? In der Genisa der versunkenen Synagoge hatte ich keine Zeit gehabt, die blasse Schrift auf allen Papyrusfetzen zu entziffern, bevor ich sie in Tayebs Amulett steckte. Wo waren die Papyri, die ich Luca mit dem Schiff nach Pisa geschickt hatte? Hatte der Assassino sie gefunden und ... »Alessandra?«
    Ich blickte zu Tayeb hinüber.
    »Ich werde bei dir bleiben, bis wir beide gemeinsam nach Timbuktu reisen.«
    Ich dankte ihm von ganzem Herzen.
    Als Tayeb sich abwandte, um das offene Fenster zu untersuchen, ging ich hinüber zum Kamin, nahm den Schürhaken von der Wand und stocherte in der erkalteten Asche. Ein Stück angesengtes Pergament lag neben der Feuerstelle. Hatte Luca einen Brief verbrannt?
    Mit spitzen Fingern zog ich das Pergament aus der Asche, blies die verkohlten Fetzen fort und überflog die letzten noch lesbaren Zeilen: ›... nehmen Tayeb und ich das nächste Schiff nach Hause. Versprochen! Pass auf dich auf, Luca!‹
    Luca hatte meine Nachricht erst gestern Abend ins Feuer geworfen, doch sie war nicht vollständig verbrannt. Wenn er meinen Brief mit dem Hinweis auf das neu entdeckte Evangelium vernichten wollte, warum hatte er das versengte Pergament dann nicht mit dem Schürhaken ins Feuer geschoben? Weil er dabei gestört worden war ...
    »Alessandra! Komm her und sieh dir das an!« Tayeb war durch das offene Fenster auf den verschneiten Sims geklettert. »Hier sind Spuren.«
    Ich erhob mich und eilte zu ihm. Tayeb hockte im Schnee und wies auf eine Reihe von Fußabdrücken. »Lucas Mörder trug Ledersandalen an den bloßen Füßen. Und sieh mal dort: Der Saum seines langen Gewandes hat dieses wellenförmige Muster im weichen Schnee hinterlassen. Und was ist das?« Tayeb richtete sich auf und balancierte zwei, drei, vier Schritte auf dem schmalen Sims über dem Abgrund. Nun kniete er nieder, hob etwas auf und betrachtete es.
    Ich lehnte mich weit aus dem Fenster. »Was hast du da?«
    »Einen ungebleichten Wollfaden. Vielleicht aus dem abgerissenen Saum eines Mönchshabits.«
    »Du glaubst, dass der Assassino ein Mönch war?«
    »Ein Frater mit Ledersandalen und einem weißen Habit«, bestätigte Tayeb, während er den Sims entlangkroch.
    Welche Fratres trugen weiße Habites?, fragte ich mich. Die Dominikaner von San Marco und Santa Maria Novella. Die Olivetaner von San Miniato. Und die Kamaldulenser - Kardinal Traversari, ein Freund meines Vaters, der als päpstlicher Legat nach Konstantinopolis gereist war, gehörte diesem Orden an.
    »Sieh mal, Alessandra! Hier ist er hochgeklettert: von der Straße auf das Dach des Pferdestalls ...« Tayeb wies nach unten. »... und dann hier herauf auf den Sims, der bis zum Fenster von Lucas Arbeitszimmer und weiter bis zu deinem Schlafzimmer führt. Es war nicht

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