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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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sie. Er hasste Fragen dieser Art. Wenn er Ehefrauenfragen hören wollte, konnte er auch zu Hause bleiben, hatte er ihr ganz zu Beginn erklärt. Doch diesmal lächelte er schwach, schüttelte den Kopf. «Lass uns zu Bett gehen.»
    Sie protestierte nicht, obwohl es selbst für ihre Verhältnisse noch früh war. Er nahm ihre Hand und ging voran. Er ließ keinen Zweifel daran, was er von ihr wollte, und seine stumme Verzweiflung weckte in ihr eine Gier, die sie so noch nie erlebt hatte und danach nie wieder erleben sollte.
    Er vergrub sich in ihr, barg den Kopf an ihrem Hals und stöhnte erstickt auf. Dann verharrte er, und sie spürte, dass er irgendwie anders war. Er küsste ihre Schläfe, den Mund. «Es tut mir leid», flüsterte er. «Es ist bestimmt nichts passiert.»
    Da begriff sie, dass er diesmal nicht aufgepasst hatte. Sie schluckte ihre Angst hinunter, denn was wäre das Schlimmste, was passieren konnte? Ein Kind, nun ja, das wäre nur schlimm, weil dann offensichtlich würde, was sie seit sechs Monaten taten, wann immer sie es einrichten konnten, meist in Hotelzimmern in London, während seine Frau auf dem Landsitz die Kinder hütete und ihre Schwester glaubte, sie sei schon auf dem Weg zurück zu den Eltern, während die Eltern dachten, sie bleibe noch eine Nacht länger bei Beatrix.
    Nur wenige Nächte waren ihnen beschieden, und sie wollte diese eine nicht verderben, indem sie ihrer Angst zu viel Raum gab.
    «Wird schon gutgehen», wisperte sie, und danach lachten beide und kuschelten sich aneinander. Sie trug nur das Nachthemd, er blieb nackt. Sie lagen dicht beisammen, die Füße miteinander verhakt, sie streckte eine Hand über den Kopf, und er nahm sie. Sein Daumen streichelte ihre Handinnenfläche, und sofort war sie wieder voller Lust, doch die Müdigkeit war größer. Seine andere Hand ruhte auf ihrem Bauch, und als sie die Augen schloss, war es ganz leicht, sich in den Schlaf gleiten zu lassen.
    Was ihn so bedrückte seit jenem Tag, sprach er nicht aus. In jener Nacht nicht und auch nicht in den wenigen, die ihnen noch blieben.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 7
    E igentlich fing der Tag so vielversprechend an. Sie fand bei der Arbeit in der Bibliothek ein paar sehr interessante Quellen, und die Notizen, die sie sich in der letzten Woche beständig gemacht hatte, bestätigten eine lange gehegte Vermutung. Amelie war überrascht, wie sich in ihrem Buch plötzlich alles fügte. Michael hatte ihr prophezeit, dass man irgendwann diesen Punkt erreiche. Danach sei alles ganz einfach. Man müsse nur dranbleiben.
    Und ausgerechnet heute erreichte sie diesen Punkt.
    Cedric stellte ihr wortlos ein Tellerchen mit Ingwerkeksen hin, die sie dankbar aß.
    «Seit wann wissen Sie es eigentlich?», fragte sie ihn, als er in der Nähe Bücher in die Regale sortierte.
    Er lachte. Kratzte sich verlegen am Hinterkopf und strich den grauen Haarkranz glatt. «Eigentlich vom ersten Tag an», sagte er schließlich. «Es gibt da so ein Funkeln in den Augen werdender Mütter.»
    «Und das haben Sie gesehen.»
    «Na ja, war nicht leicht zu erkennen. Sie waren vor allem traurig und wütend. Jetzt sind Sie nur noch ratlos», fügte er hinzu.
    «Sie sollten Ihr Geld lieber als Berater in allen Lebenslagen verdienen.»
    Wieder zuckte er mit den Schultern. «Man sieht viel. Man beobachtet. Und manches wird erst später klar. Hatte wohl schon ein paar Jahre Zeit, hinzuschauen.» Er schwieg, als müsse er über das Gesagte nachdenken. «Gab auch Zeiten, da hab ich gar nicht hingeschaut. War auch nicht gut.»
    «Ich wünschte, ich könnte auch endlich klar sehen.»
    «Das kommt schon irgendwann», tröstete er sie.
    Ob Mathilda es auch schon gewusst hat?, überlegte Amelie. Der Apotheker hatte sie ja quasi schon mit der Nase draufgestoßen.
    Als sie zur Mittagszeit rausgingen und zu Mathilda spazierten, nahm Amelie ihre Reisetasche mit. Sie hoffte, dort für eine Nacht ein Doppelzimmer mieten zu können, um dann am nächsten Morgen mit Michael abzureisen.
    Doch als sie gerade auf halbem Weg zu dem kleinen Restaurant waren, klingelte ihr Handy.
    Es war Michael.
    «Es tut mir leid», sagte er als Erstes.
    «Du kannst nicht kommen.» Natürlich wusste sie sofort, was los war. Dumm war sie nicht.
    «Es ist ein Notfall.»
    Sie schwieg.
    «Bitte, Amelie. Ich wär so gerne gekommen. Wir müssen viel reden, aber jetzt gerade …»
    «Hat der Notfall mit ihr zu tun?», unterbrach sie ihn. Der Mann, den sie liebte, wollte von heute auf

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