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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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schon zwei Stunden vor Anne auf, obwohl auch diese nicht gerade eine Langschläferin war, und zumindest die Stube konnten sie den Winter über leidlich warm halten. Was dann noch an Behaglichkeit fehlte, machten sie mit dickgefütterten Steppjacken und Schultertüchern wett. Die Finger arbeiteten sie sich warm.
    So gingen die Wochen ins Land, und Anne versuchte, den Groll auf ihre Schwester hinunterzuschlucken. G- machte sie keinen Vorwurf. Er konnte nichts dafür, dass seine Frau ihn zwang. Anne wusste, die Duchess hatte ihn in der Hand, weil sie das Geld in die Ehe eingebracht hatte, während er einst nur ein verarmter Adeliger gewesen war. Erst mit der Heirat von Geld und Titel war G- zu einem der mächtigsten Männer seiner Zeit aufgestiegen.
    Ihr blieb also nur, die Zeitungen aus London zu lesen, um zwischen den Zeilen zu ergründen, wie es ihm ging. Auf den Gesellschaftsseiten tauchte er inzwischen kaum mehr auf. Er brachte im Parlament Gesetzesentwürfe ein und machte sich stark für den Bau eines neuen Waisenhauses. Als sie das las, lachte sie bitter auf. Um die Waisen irgendwelcher Huren trug er Sorge, doch was aus seinem eigenen Bastard wurde, kümmerte ihn offenbar keinen Deut.
    Niemand schien Interesse an der Zukunft ihres Kindes zu haben. Von Bee kamen Briefe, vorsichtig zunächst und später wieder forscher, in denen sie versprach, sich um alles zu kümmern. Anne konnte sich nur allzu lebhaft vorstellen, wie das aussehen würde. Vermutlich würde eine junge Familie, die sich schon immer ein Kind gewünscht hatte, ein sauberes, hübsches Baby übergeben bekommen – am besten noch garniert mit einer saftigen Zahlung, damit die Eltern dem Kind auf ewig verheimlichten, dass es eigentlich der Spross einer Adelsfamilie war.
    Die Vorstellung, ihr Kind herzugeben, war Anne unerträglich. Sie wusste, dass es von ihr verlangt wurde, doch das machte es nicht besser. Sie wollte nicht loslassen.
    Und während sie sich Tag für Tag über die Batisttischdecken und Servietten beugte und mit winzigen Stichen Monogramme einarbeitete, reifte in ihr ein Plan.
     
    Das Kind würde im Mai kommen. Danach, so hatte Beatrix es Anne versprochen, durfte sie noch drei Monate in Pembroke bleiben. Mit dem Kind.
    Anschließend sollte sie nach London zurückkehren und dort wieder in die Gesellschaft eintreten. Sir Cornelius hatte seine Rückkehr nach England für den Frühherbst angekündigt, und er schrieb, er freue sich schon sehr, Anne wiederzusehen. Ihm und jedem anderen, der nach ihr fragte, erzählte Beatrix, Anne sei schwer erkrankt, befinde sich aber langsam auf dem Wege der Besserung.
    Es gab für Anne kaum eine grausamere Strafe, als ihr Kind hergeben zu müssen. Schlimmer war nur, dass sie es erst lieben lernen sollte, um es dann herzugeben. War es dann nicht besser, es ihr sofort nach der Geburt zu entreißen, damit sie es niemals wirklich sah?
    Sie wusste, es würde für dieses Kind und sie kein gemeinsames Leben geben. Dennoch: Sie wollte dieses Kind nicht aus den Augen verlieren. Ginge es nach all den anderen, die über ihr Leben bestimmten, würde sie sich abwenden und nie zurückblicken. Dann wäre dieses Jahr in Pembroke nur eine Episode ihres Lebens, an die sie später nur selten zurückdenken würde.
    Aber sie wollte nicht nur ihre Spuren in diesem Dorf hinterlassen, sondern auch genau wissen, wie ihre eigenen Fußstapfen aussahen.
    Franny war für sie die wichtigste Verbündete.
    Als ihre Stunde gekommen war, stand die Dienerin ihr bei. Sie sagten niemandem, dass das Kind da war. Anne nannte die Kleine Antonia, wiegte sie im Arm und konnte sich nicht sattsehen an ihren Sturmaugen und dem blonden Flaum. Sie war eindeutig G-s Kind, das konnte keiner leugnen.
    Glücklich drückte sie Antonia an sich. Küsste das Köpfchen und sog tief ihren Babyduft ein. Dann ließ sie sich von Franny Papier und Füllfederhalter bringen.
    Sie musste ihrer Schwester erzählen, was passiert war.

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    Kapitel 17
    K ein Mensch mochte Krankenhäuser. Jeder kannte Geschichten von Krankheit, Trennung und Tod, und jeder behielt sie lieber für sich.
    Amelie hatte, solange sie sich erinnern konnte, kein Krankenhaus betreten. Sie hatte nicht einmal Freunde besucht – eine Entschuldigung fand sich immer, und sie schickte stattdessen reizende Pakete mit Büchern, Saft und Pralinenschachteln. Ihre Großmutter erfreute sich robuster Gesundheit und hielt nichts von solchen «Sterbeanstalten». Und so hatte sie das hier

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