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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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des Daches ausgestreckt. Seine Finger schlossen sich um den Rahmen – und hätten um ein Haar sofort wieder losgelassen. In dem Blei steckten noch Glassplitter, die sich in seine Hände bohrten. Blut lief über seine Handgelenke, und er schnappte vor Schmerz nach Luft. Grant biss die Zähne zusammen. Es war, als zöge er sich an einer schartigen Messerklinge hoch. Doch es gab jetzt kein Zurück mehr. Außerdem wurde der Lärm hinter der Tür immer lauter. Grant wuchtete sich hinauf, stemmte sich über die Kante und blieb blutverschmiert und durchnässt auf dem Dach liegen.
    Aber ihm blieb keine Zeit, sich auszuruhen. Er schaute über die Kante in den Saal unter sich, wo Marina am Fuß der Leiter stand, sehr klein und mit ängstlichem Gesicht.
    «Komm rauf», rief er laut, um den Regen zu übertönen. Hinter ihr hatte sich inzwischen eine schwarze Mündung durch den Spalt zwischen der verbogenen Tür und dem Rahmen geschoben. Die Waffe wurde abgefeuert, aber der Winkel war zu klein, sodass die Kugel in eine der Schauvitrinen einschlug. Etwas Antikes von unschätzbarem Wert zerbarst zu Staub und Scherben.
    Marina kletterte hastig die schwankende Leiter hinauf, das Tontäfelchen in den Gürtel gesteckt. Grant zog inzwischen seinen eigenen Gürtel aus der Hose und legte ihn über den Rahmen, um die scharfen Kanten des Glases abzudecken. Dann beugte er sich so weit vor, wie er es wagte.
    Wieder erbebte das Haus, und diesmal sah Grant die gelben Flammen der Explosion durch die Ritzen der verbogenen Tür dringen, die gleich darauf nachgab. Marina sprang; die Leiter wankte, dann kippte sie um und schlug krachend auf einem steinernen Sarkophag in der Mitte des Raumes auf. Grant packte Marina an den Handgelenken. Seine Hände waren zerschnitten und blutig. Beim Zupacken durchfuhr ihn ein stechender Schmerz, und ihm blieb beinahe das Herz stehen, als er für einen Moment das entsetzliche Gefühl hatte, dass sie ihm durch die Finger glitt. Dann grub Marina ihre Nägel in seinen Unterarm, und er verstärkte seinen Griff, sodass sie nicht weiter abrutschte, sondern sich langsam hochziehen konnte. Endlich wälzte sie sich über die Kante auf das Dach, gerade als unten der erste ihrer Verfolger durch die gesprengte Tür in den Saal stürmte. Der Mann sah sich suchend um und fragte sich wohl, wohin sie verschwunden waren, als Grant ihm von oben zweimal in den Kopf schoss.
    «Das sollte unsere Chancen verbessern.» Grant lud den Webley nach. Gemeinsam rannten er und Marina zum hinteren Rand des Daches und sahen sich um. Das Gelände hinter dem Haus war weniger künstlich gestaltet als der Vorgarten: eine offene Rasenfläche, die sich bis zum Rand des umgebenden Pinienwaldes erstreckte. Dort kauerten im Schutz der Bäume drei durchnässte Gestalten.
    «Diesmal gehst du zuerst.» Grant hatte ein Rohr entdeckt, das von einer Regenrinne hinunterführte, und stieß in seiner Eile Marina beinahe über die Kante. Sobald sie den Boden erreicht hatte, folgte er ihr. Er rutschte an dem dicken Metallrohr hinunter, wobei er versuchte, das Brennen in seinen Händen zu ignorieren. Wenn jemand sie durch das Fenster sah, würden sie leichte Ziele abgeben, doch das war ein Risiko, das er eingehen musste. Sie rannten über das Gras, wobei ihre Füße in den aufgeweichten Boden einsanken, und blieben erst im Schutz der Bäume erschöpft stehen.
    «Freut mich, dass Sie es geschafft haben.» Muir kauerte hinter einem Baumstamm, die Pistole im Anschlag, um etwaiges Feuer vom Haus her zu erwidern. «Himmel. Sie sehen furchtbar aus.»
    «Haben Sie die Tafel gefunden?», fragte Jackson, der hinter einem Felsbrocken Deckung gesucht hatte.
    Marina zog das feuchte Tontäfelchen aus ihrem Gürtel und reichte es Reed. Die Hände des Professors, weiß und schrumpelig vor Nässe, zitterten, als er danach griff.
    «Konnten Sie über Funk Ihr Hauptquartier erreichen?»
    Jackson nickte. «Die haben noch nie was von Ihrer Landebahn gehört, aber sie schicken eine Dakota in die Gegend. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass es auf diesem Berg von Roten wimmelt. Meine Leute bezweifeln, dass wir da durchkommen. Und die nächste schlechte Nachricht ist, dass sie heute Nachmittag einen Luftangriff gegen die Kommies fliegen. Der Kamerad im Hauptquartier hat gesagt, er will versuchen, die Bomber zurückzurufen …» Jackson zuckte die Schultern. «Aber ich habe Ihnen das hier mitgebracht», sagte er und reichte Grant die Maschinenpistole. «Allerdings

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