Der vergessene Tempel
fühlte sich an, als ob ein tonnenschwerer Felsbrocken auf seiner Brust lastete.
«Napalm.» Jackson hielt sich ein rotgetupftes Taschentuch vor den Mund. «Wir räuchern damit die Roten aus.»
«Na, wenn wir nicht schnell von hier verschwinden, werden wir selbst zum Schmorbraten.» Die gegenüberliegende Seite der Lichtung stand jetzt vollständig in Flammen, und das Feuer hatte bereits begonnen, sich an den Rändern entlang auszubreiten.
«Haben Sie Belzig da drin gesehen?»
«Ich hatte keine Zeit, genau hinzuschauen.» Grant warf einen raschen Blick zurück. Eine schwarze Gestalt rannte schreiend auf die Lichtung hinaus. Der Kopf war kahl versengt, und Flammen loderten vom Rücken des Mannes auf wie Dämonen, die sich an ihn klammerten. Drei Kugeln aus Jacksons Colt machten seiner Qual ein Ende. Dann rannten sie weiter.
Wieder verdüsterten schwarze Wolken den Himmel, aber diesmal kündeten sie von Feuer, nicht von Wasser. Rauchfahnen schlängelten sich zwischen den Bäumen hindurch und verfolgten sie. Reed musste an die Hydra denken, einen schleimigen Klumpen aus sehnigen Hälsen und Köpfen mit gierigen Mäulern. Der Brand hatte zwar inzwischen etwas an Heftigkeit verloren, aber jedes Mal, wenn der Professor einen Blick über die Schulter warf, war das Feuer noch da, ein trüb orangefarbenes Glühen hinter den Bäumen.
Sie kamen an einen Felsvorsprung hoch oben an der Bergwand, von wo aus sie freie Sicht über die engen Täler und auf die Berggipfel jenseits davon hatten. Die Täler waren dunkel und dicht bewaldet, nur da und dort schimmerte weiß ein schnell dahinströmender Fluss.
Muir drängte sich an Reed vorbei und trat an die Kante des Vorsprungs. «Und, wo ist jetzt diese verdammte Landebahn?»
Grant wies auf den niedrigen Hügelsattel zwischen zwei Tälern, fast genau unter ihnen. Die Berge ragten dicht zu beiden Seiten auf, und der Kamm schien kaum breit genug für einen Eselspfad.
«Da bringen wir niemals ein Flugzeug runter.»
«Ich habe so was schon öfter gemacht.»
In diesem Moment ertönte das metallische Klacken eines Bolzens, scharf wie ein Gewehrschuss. Sie fuhren herum. Auf den ersten Blick war klar, dass jede Gegenwehr zwecklos wäre – ein Dutzend Männer hatten sie in einem unregelmäßigen Hufeisen umstellt, alle bewaffnet. In den Bäumen und Büschen dahinter waren weitere Gestalten zu sehen.
Einer der Männer trat vor. Er war schmächtig und wirkte viel zu klein für das Gewehr, das er trug. Sein Gesichtsausdruck war ernst und konzentriert. Als er sich umdrehte, um etwas zu seinen Untergebenen zu sagen, wurde auf seinem Ärmel ein aufgenähter roter Stern sichtbar. Er sah genauso aus wie das Abzeichen, das Grant bei dem Toten in Sourcelles’ Haus gesehen hatte. Der Mann wandte sich wieder zu ihnen um, und jetzt lag ein seltsames Lächeln auf seinem Gesicht.
«Sam Grant», sagte er auf Englisch mit starkem Akzent. «So trifft man sich wieder.»
Grant steckte den Webley ins Halfter und grinste unbehaglich zurück. «Hallo, Panos.»
VIERUNDZWANZIG
«Wer zum Teufel ist das?», wollte Jackson wissen. «Kennen Sie ihn?»
«Panos Roussakis – wir sind uns im Krieg begegnet. Er hat auf Kreta gegen die Deutschen gekämpft.»
Jackson zeigte auf das Gewehr. «Und gegen wen kämpft er jetzt?»
«Für Griechenland.» Als Roussakis das sagte, wurde seine Haltung aufrechter, und er packte das Gewehr fester.
«Seine politische Einstellung würde Ihnen nicht gefallen», warnte Grant. «Stellen Sie besser nicht zu viele Fragen.»
«Und die?» Der Guerilla wies mit seinem Gewehrlauf auf Grants Gefährten. Sein Lächeln war verschwunden. «Wer …?»
Er brach ab und starrte Marina an wie ein Gespenst. «Du? Was machst du denn hier?»
Er sah beunruhigt aus, und sein hageres Gesicht nahm einen verwirrten Ausdruck an. Allmählich begann Grant sich Sorgen zu machen. Roussakis musterte Jackson, dann schaute er zum Himmel auf, wo zwischen schwarzen und grauen Wolkenmassen jetzt wieder fleckenweise Blau durchschien. Der Bomber war verschwunden, aber der Brandgeruch lag noch immer schwer in der Luft. «Warum hast du diese Leute hergebracht?»
«Der Bomber hatte nichts mit uns zu tun. Es ist eine lange Geschichte – und wir haben keine Zeit zu verlieren. Ein Flugzeug holt uns von der Landebahn ab. Wenn ihr uns bis dorthin durchlasst, seid ihr uns los.»
Roussakis erteilte einem seiner Gefolgsleute einen barschen Befehl. Die Guerillas zogen den Ring enger. «Ihr kommt mit uns.»
Sie
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