Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
Vom Netzwerk:
Entfernung Position, um ihnen Feuerschutz zu geben.
    Grant warf Marina einen Blick zu und streckte den Daumen hoch. «Bereit?»
    Sie nickte. Der Wind spielte mit dem Band, mit dem sie ihr Haar zurückgebunden hatte, und ihre Augen leuchteten vor Aufregung. Grant hielt drei Finger hoch. Zwei … eins …
    Plötzlich sprang die Tür nach innen auf, einen Sekundenbruchteil bevor Grants Stiefel dagegengeprallt wäre. Eine zerraufte Gestalt in langer Unterwäsche und mit einer Wollmütze stand im Eingang und rieb sich die Augen. «Schto eta?»
    Der Mann wusste nicht, wie ihm geschah. Der Stiefel traf ihn mit der gesamten Wucht, mit der Grant die Tür hatte eintreten wollen, in den Unterleib. Der Russe krümmte sich mit einem Schmerzensschrei zusammen und taumelte zurück. Grant, durch den fehlenden Widerstand aus dem Gleichgewicht gebracht, machte unwillkürlich ein paar Schritte durch die offene Tür, stieß mit ihm zusammen, und beide Männer stürzten haltlos zu Boden. Grant sprang sofort wieder auf – und wäre beinahe gegen Marina geprallt, die ihm gefolgt war.
    «Himmel.»
    Grant schaute sich um. Sie standen in einem kleinen Raum mit einem Tisch an einem Ende, einem eisernen Ofen in der Mitte und drei doppelstöckigen Pritschen entlang den Wänden. In vier der Betten lagen junge Rekruten, die ihn teils verwirrt, teils entsetzt anstarrten, während sie ihre Decken zurückschlugen. Grant richtete die M3 auf sie. «Keine Bewegung.»
    Der Mann zu seinen Füßen stöhnte und schleppte sich über den Betonboden zur nächsten Pritsche. Grant hörte hinter sich ein Geräusch und warf einen raschen Blick über die Schulter. Jackson und Muir standen in der Tür.
    «Haben Sie sie alle?»
    «Sieht so aus. Ich …»
    Da ertönte ein Klacken. Grant blickte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, und bemerkte erst jetzt, dass der Raum an der Rückwand noch eine Tür hatte. Mit einem leisen Fluch rannte er darauf zu, feuerte drei Schüsse durch das dünne Sperrholz und trat die Tür dann ein. Dahinter befand sich ein kleines Bad mit einem Waschbecken aus Edelstahl in einer Ecke und einer Toilette ohne Deckel in der anderen. Durch das offene Fenster dazwischen wehte eine frische Brise herein. Grant schaute hinaus und sah gerade noch eine halbnackte Gestalt auf den Leuchtturm zurennen. Er zielte mit seiner Maschinenpistole durch den Fensterrahmen und schoss, doch der Flüchtige war bereits außer Sicht. Die Kugeln schlugen nur Bröckchen aus dem weißgetünchten Beton am Fuß des Leuchtturms.
    «Verdammt.»
    Grant rannte zurück durch den Raum mit den Pritschen, vorbei an Muir und Jackson und hinaus ins bleiche Tageslicht. Doch er sah nur noch, dass die Tür des Leuchtturms zugeschlagen wurde, und hörte den Riegel drinnen einrasten. Er hob die Maschinenpistole, ließ sie jedoch fast im selben Moment wieder sinken. Die Tür war ein Paradestück sowjetischer Handwerksarbeit, eine massive Stahlplatte, die dazu gebaut war, den Stürmen des Schwarzen Meeres zu trotzen.
    Muir war Grant nachgelaufen. «Was zum Teufel geht hier vor?»
    «Einer von denen hat sich gerade im Turm verschanzt.»
    Muir fluchte, dann zuckte er die Schultern. «Na, was soll’s, um den brauchen wir uns wohl keine Sorgen zu machen. Was kann er da drin schon ausrichten?»
    «Eine ganze Menge.» Jackson stand in der Tür und zeigte auf die Drahtkonstruktion an der Spitze des Leuchtturms. «Das da ist eine verdammte Funkantenne.»
    Grant lief um den Turm herum. Er war als Leuchtturm konstruiert, nicht als Festung, und so gab es an der Rückseite eine behelfsmäßige Leiter aus einer Reihe Eisenkrampen in der Mauer, die bis hinauf zur Aussichtsplattform um das Leuchtfeuer führte. Grant hängte sich die Maschinenpistole über die Schulter und begann hinaufzuklettern. Der Leuchtturm war ziemlich heruntergekommen: An Stellen, die kürzlich ausgebessert worden waren, sah man den nackten Beton, und an den Fenstern klebte noch weißes Kreppband, das sich allmählich löste.
    Als er höher stieg, wurde der Wind stärker. Grant hatte jetzt Ausblick über die gesamte Insel und das umgebende Meer. Ohne innezuhalten, suchte er mit dem Blick den Horizont ab. Er sah ein paar Frachter und Öltanker, aber nichts Bedrohliches. Noch nicht.
    Endlich erreichte er die Plattform und duckte sich unter dem Geländer hindurch. Wo auch immer der Russe stecken mochte, er war jedenfalls nicht hier heraufgekommen. Die Glaskuppel war leer bis auf das Leuchtfeuer mit der Blende, die

Weitere Kostenlose Bücher