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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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stark vereinfachte Zeichnung. Ein paar Federstriche bildeten die groben Umrisse ab, und gestrichelte Linien deuteten die Stützmauern an, die Grant von der Spitze des Leuchtturms aus gesehen hatte. In der Mitte der Insel, am höchsten Punkt, markierte ein Rechteck, das durch weitere Linien unterteilt war, den Tempel. Grant sah sich um. Von ihrem Standort aus konnten sie die gesamte Insel überblicken: eine beinahe zu perfekte Entsprechung zu den Linien auf der Karte.
    «Das ist hier», sagte Reed und sprach damit die Schlussfolgerung aus, zu der auch die beiden anderen gekommen waren. «Genau hier, wo wir stehen.»
    «Aber hier kann die Erdschicht über dem Fels nicht dicker als einen halben Meter sein.» Marina wies auf den Weg, über den sie vom Landungssteg heraufgekommen waren. Der Boden bestand dort aus nacktem Felsen von derselben Farbe wie die Klippen. Die Erdwälle zu beiden Seiten waren kaum höher als dreißig Zentimeter.
    «Dann werden wir wohl nicht allzu tief graben müssen.»
    Sie holten die mitgebrachten Werkzeuge aus dem Flugzeug. Marina ritzte eine Linie in den Boden, die den Höhenkamm grob in zwei Hälften unterteilte, und sie begannen zu schaufeln. Es dauerte nicht lange. Bereits beim dritten Spatenstich stieß Grant auf massiven Fels, und in weniger als einer Viertelstunde hatten sie einen Graben von etwa dreißig Zentimetern Breite und drei Metern Länge ausgehoben, eine rötliche Furche in der Grasnarbe.
    «Selbst wenn die Grundmauern des Tempels hier irgendwo sein sollten – für vergrabene Schätze wäre da nicht viel Platz», stellte Grant fest und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Bleierne Wolken bedeckten den Himmel; die Meeresbrise war abgeflaut.
    «Es muss eine Höhle, einen Tunnel oder so etwas im Felsen geben. Wie auf Lemnos.» Marina saß im Schneidersitz am Rand des Grabens und ließ die ausgehobene Erde durch die Finger rieseln.
    «Jacksons Zauberkasten meint das aber nicht.» Jackson und Muir hatten inzwischen den Fuß des Abhangs erreicht und standen ein paar hundert Meter von den dreien entfernt an der Felskante, nur mehr Silhouetten vor dem Hintergrund des wogenden Meeres.
    «Glauben Sie, dass man mit dem Ding wirklich dieses mysteriöse Element aufspüren kann?», fragte Reed.
    Grant lachte. «Irgendwas kann man damit jedenfalls aufspüren. Ich habe im Kongo ähnliche Geräte gesehen. Sie werden beim Schürfen eingesetzt.»
    Reed war beeindruckt. «Können sie denn auch Gold anzeigen?»
    «Die Männer, die sie dort benutzt haben, waren nicht auf Gold aus.» Grant stand auf und rammte seinen Spaten in den Boden. «Wissen Sie, was ein Geiger-Müller-Zähler ist?»
    Reed schüttelte den Kopf.
    «Das ist ein Gerät, das Strahlung anzeigt. Die Männer, die damit arbeiteten, schürften nach –»
    «Sehen Sie sich das mal an.»
    Marina saß plötzlich kerzengerade. Ihre Arme waren bis zu den Ellbogen mit Erde verschmiert, und sie hielt etwas in der Hand. Für Grant sah es aus wie ein großer flacher Kieselstein. Sie spuckte darauf, rieb es an ihrem Hosenbein ab und reichte es wortlos Reed.
    Er betrachtete es mit zusammengekniffenen Augen und kratzte mit dem Fingernagel etwas Erde ab. Dann weiteten sich seine Augen. «Bemerkenswert.»
    Grant nahm es ihm aus der Hand. Es war kein Kieselstein, sondern ein schwarzglasiertes Stück Ton, das zu einer runden Scheibe geformt war, etwa so groß wie ein Bierdeckel. Um den Rand wand sich eine rote Schlange, und in der Mitte waren die Buchstaben «AX» in die Glasur eingeritzt.
    Grant runzelte verwirrt die Stirn. «Wer ist Ax?»
    «Ach», korrigierte ihn Reed mit einem kehligen «ch»-Laut, der seltsam schottisch klang. «Es ist die Abkürzung
    für Achilles .»
    Marina nahm Grant den Fund wieder ab. «Das ist eine Weihplatte. Die alten Griechen weihten sie mit einem Gebet und ließen sie im Tempel zurück. So, wie wir in der Kirche eine Kerze anzünden. Das bedeutet, der Tempel muss –»
    Sie verstummte, denn sie hatte bemerkt, dass Grant und Reed ihr nicht mehr zuhörten. Die beiden starrten über ihre Schulter und lauschten dem tiefen, mechanischen Summen, das der Wind herantrug.
    Grant griff hastig nach seinem Tornister, nahm den Feldstecher heraus und suchte damit den bleigrauen Himmel ab. «Jaks, zwei Maschinen. Sie kommen von Westen.» Er stieß mit dem Fuß ein paar Erdbrocken in den ausgehobenen Graben, ein hilfloser Versuch, ihre Spuren zu verwischen. «Schnell, in die Hütte.»
    «Was ist mit den anderen?»
    Grant schaute

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